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Seelenreise eines Hochsensiblen

20.06.2023 • 23:00 Uhr
Der 30-jährige deutsch-rumänische Bariton Konstantin Krimmel und sein Begleiter Daniel Heide. <span class="copyright">Schubertiade</span>
Der 30-jährige deutsch-rumänische Bariton Konstantin Krimmel und sein Begleiter Daniel Heide. Schubertiade

Auch in Schwarzenberg war die Begeisterung um Konstantin Krimmel, der als einer der interessantesten und charismatischsten Sänger seiner Generation gilt, groß.

Erst vor drei Jahren hat der deutsch-rumänische Bariton Konstantin Krimmel bei der Schubertiade in Hohenems debütiert, hat die Corona-Jahre als Ensemblemitglied der Bayerischen Staatsoper und mit einigen CD-Aufnahmen hervorragend gemeistert.

Sein Ruf als einer der interessantesten und charismatischsten Sänger der jungen Generation trägt ihn weiter, in Schwarzenberg mit seinem kundigen und aufmerksamen Publikum gibt es nach der „Schönen Müllerin“ Standing Ovations für ihn und den wunderbar gestaltenden Liedpianisten Daniel Heide.

Auch lange Schlangen von begeisterten Hörerinnen und Hörern, die eine der CDs erworben haben und diese von den Künstlern signieren lassen wollen: Konstantin Krimmel und Daniel Heide haben auch diesen Liederzyklus im Markus-Sittikus-Saal in Hohenems aufgenommen und durften die CD bereits vor Erscheinen verkaufen.

Lebendig

Der Bariton mit dem schönen Fundament und der leichten Höhe, der exzellenten Textverständlichkeit und der klugen Gestaltung macht Schuberts und Wilhelm Müllers jungen Mann lebendig, er erzählt die „alte Geschichte“ von Aufbruch, Walz, Verliebtsein, Hoffnung, Enttäuschung, Verzweiflung und Selbstmord als die Seelenreise eines Hochsensiblen, der mehr mit dem Bach und der Natur verbunden ist als mit den Menschen.

Im Booklet der CD macht sich der Sänger Gedanken über die Suizidrate von Männern und über das männliche Rollenbild, das nicht nur bei Schubert transportiert wird, sondern immer noch in weiten Kreisen der Gesellschaft gilt. Im Singen nimmt er uns mit, lässt uns teilhaben und mitleiden an den Entwicklungen, empathisch und doch beobachtend.

Wie so oft sind es die Feinheiten, die die Interpretation so besonders machen – die feine Dynamik in „Der Neugierige“, der glückliche Überschwang in „Ungeduld“, die Helligkeit der Vokale als Spiegel der „Blauen Morgensterne“, die Wärme und die Schattierungen in „Pause“. Abgründe tun sich auf in den „Jägerliedern“, eine verzweifelte Vision klingt in „Trockne Blumen“ an. Bei allem Pathos bleibt seine Erzählung schlicht, klar, liebevoll distanziert, kommt immer mehr zur Ruhe.

Oberste Riege

Auch Daniel Heide gehört längst zur obersten Riege der Liedpianisten. Er ist in dieser Woche noch an der Seite des Tenors Patrick Grahl und natürlich von André Schuen zu erleben. Die zahlreichen Strophenlieder gestaltet er fein differenziert und facettenreich, brausend vorwärtsdrängend, als zartes Gespinst, unerbittlich, zornig als Spiegel der Stimme und des lyrischen Ichs.

Da tönt in „Die liebe Farbe“ eine Totenglocke, verwandeln sich „Trockne Blumen“ aus einem Trauermarsch in Triumphgesang. Der Dialog von „Der Müller und der Bach“ wird vom sanften Sarabanden-Rhythmus getragen, in „Des Baches Wiegenlied“ fasst der Pianist die Stationen des Zyklus auf berührende, immer feiner zurückgenommene Weise zusammen. Jubel, Strahlen und als Zugabe „An den Mond“ in warmem Pianissimo und fein gesponnenem Silberflimmer.

Von Katharina von Glasenapp