Verspätetes Strafurteil: Ein Haftmonat weniger

Schriftliches Urteil lag erst nach vier Monaten vor und nicht nach spätestens vier Wochen: Berufungsgericht zog deshalb für Nötigung mildernd einen bedingten Haftmonat ab.
Die Strafprozessordnung sieht vor, dass Urteile in der Regel vier Wochen nach der Gerichtsverhandlung vorzuliegen haben. Gegen diese Vorschrift hat eine Strafrichterin des Landesgerichts Feldkirch verstoßen. Ihr zwölfseitiges Urteil wurde erst knapp vier Monate nach der Hauptverhandlung dem Verteidiger zugestellt. Die beträchtliche Überschreitung der Frist sei vom Umfang und der Schwierigkeit der Urteilsausfertigung her sachlich nicht gerechtfertigt, meint das Innsbrucker Oberlandesgericht (OLG).
Es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren nach der Europäischen Menschenrechtskonvention vor, so das Berufungsgericht. Zum Ausgleich dafür sei als besonderer Milderungsgrund die Strafe zu verringern. Der OLG-Senat zog einen bedingten Haftmonat ab.
Wegen Nötigung wurde der vorbestrafte Angeklagte in zweiter Instanz rechtskräftig zu einer bedingten, nicht zu verbüßenden Haftstrafe von zwei Monaten und einer unbedingten, dem Gericht zu bezahlenden Geldstrafe von 1200 Euro (300 Tagessätze zu je 4 Euro) verurteilt. In erster Instanz hatte die kombinierte Strafe so gelautet: drei bedingte Haftmonate und eine Geldstrafe von 1200 Euro.
Der Schuldspruch wurde in der Berufungsverhandlung im Wesentlichen bestätigt. Demnach hat der wütende Angeklagte seinem auf der Couch liegenden Ex-Freund in der gemeinsamen Wohnung im Bezirk Dornbirn ein Küchenmesser vor den Kopf gehalten. Und geschrien, er solle den Namen seines besten Freundes nicht mehr in den Mund nehmen. Sonst werde er ihn abknallen oder vom Balkon werfen.
Der beste Freund des Angeklagten starb 2017 bei einem Motorradunfall. Das Landesgericht wertete den Vorfall als versuchte Nötigung, das Oberlandesgericht als vollendete Nötigung. Das Erstgericht sei fälschlicherweise von einem Strafrahmen von null bis ein Jahren Haft ausgegangen, führte das Zweitgericht an. Wegen der Verwendung einer Waffe liege aber eine Strafdrohung von zwei bis zwölf Monaten vor. Der Irrtum des Landesgerichts sei aber von Vorteil für den Angeklagten gewesen.
Der Angeklagte war wütend, weil sein Ex-Freund gesagt hatte, der Verstorbene würde sich angesichts des Verhaltens des Angeklagten im Grabe umdrehen. Denn der Ex-Freund hatte sich währen der On-off-Beziehung betrogen gefühlt: Er fand in der Wohnung ein gebrauchtes Kondom und warf dem Angeklagten Fremdgehen vor.