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Teichtmeister droht Maßnahmenvollzug

13.07.2023 • 12:56 Uhr
Der frühere Burgschauspieler Florian Teichtmeister steht Anfang September vor Gericht. Es ist der zweite Anlauf für einen Prozessstart
Der frühere Burgschauspieler Florian Teichtmeister steht Anfang September vor Gericht. Es ist der zweite Anlauf für einen Prozessstart. (c) APA/FLORIAN WIESER (FLORIAN WIESER)

Schauspieler Florian Teichtmeister droht bei einem Schuldspruch eine Unterbringung im Maßnahmenvollzug.

Medialer Andrang dürfte dem Wiener Straflandesgericht am 5. September gewiss sein. Dann soll der Prozess gegen den Schauspieler Florian Teichtmeister beginnen. Er soll sich zwischen 2008 und 2021 Zehntausende Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen beschafft und auf Datenträgern gespeichert und bearbeitet haben. Teichtmeister hatte sich im Frühjahr schuldig bekannt, der Vorfall hatte die Politik zu verschärften Strafen für Besitz und Weitergabe solcher Darstellungen veranlasst.

Eigentlich hätte der frühere Burgschauspieler bereits am 8. Februar vor Gericht stehen sollen. Eine “akute Erkrankung” hatte den Prozessauftakt platzen lassen. Die Funkstille, die darauf folgte, war vom zuständigen Richter in Auftrag gegebenen Erhebungen geschuldet. Fünf Monate später ist nicht nur der Verhandlungstermin neu, sondern auch der Umstand, dass ein Schöffensenat über das Schicksal von Teichtmeister entscheidet. Bei einer Strafandrohung von bis zu drei Jahren ist das eigentlich nicht vorgesehen. Doch nun droht ihm eine anschließende Unterbringung im Maßnahmenvollzug.

Gutachten: Schwerwiegende psychische Störung

Dabei werden Personen, von denen auch nach Verbüßung ihrer Haftstrafe eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht, in forensisch-therapeutischen Zentren untergebracht. Das Besondere daran: Die Unterbringung ist zeitlich nicht begrenzt, die Betroffenen werden in regelmäßigen Abständen psychiatrisch evaluiert, Gutachterinnen und Gutachter entscheiden darüber, wann jemand wieder entlassen werden kann. Dieser Bereich gilt seit Jahrzehnten als Justiz-Baustelle, weil neben Unterbringungsplätzen auch entsprechende Gutachter fehlen.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat für Teichtmeister in ihrer Anklageschrift die Unterbringung bei einem Schuldspruch beantragt. Grund dafür ist ein psychiatrisches Gutachten, das auf Basis einer datenforensischen Prüfung des gefundenen Datenmaterials erstellt wurde. Darin wird dem 43-Jährigen eine schwerwiegende, nachhaltige psychische Störung attestiert. Damit liegen laut Gerichtssprecherin Christina Salzborn “die Voraussetzungen für eine Unterbringung” vor. Auch darüber werden die Schöffen – im Falle eines Schuldspruches – entscheiden.

Strafrechtsexperte verwundert über Maßnahmen-Antrag

Dass der Maßnahmenvollzug – eine menschenrechtlich besonders heikle Form des Freiheitsentzuges – überhaupt auf dem Tisch liegt, sorgt bei Alois Birklbauer, Professor an der Johannes-Kepler-Universität Linz, für Verwunderung. “Die schwerwiegende Störung mag durchaus vorliegen, aber für eine Unterbringung muss es die Befürchtung geben, dass der Angeklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Straftat mit schweren Folgen begeht.” Diese Gefahr müsse gleich hoch sein wie bei einer Haft wegen Tatbegehungsgefahr. “Da bei Teichtmeister aktuell aber keine Haft im Raum steht, kann die Gefahr nicht als sonderlich groß eingeschätzt werden”, sagt Birklbauer. Erst im März hatte man den Maßnahmenvollzug reformiert und wollte sich auf schwere Delikte mit unmittelbaren Opfern konzentrieren. “Bei diesem Delikt gab es aber offenbar nur mittelbare Opfer.”

Sollte es zum Schuldspruch mit Unterbringung kommen, dürfte das Urteil wohl durch alle Instanzen gehen, glaubt der Strafrechtsexperte. “Das ist noch nicht ausjudiziert.” Die Schöffen hätten auch noch eine andere Möglichkeit. “Man könnte den Maßnahmenvollzug bedingt aussprechen. Dann würde man mit einer ambulanten Therapie an der Reduktion der Gefährlichkeit arbeiten”, sagt Birklbauer. Dies komme oft bei klassisch psychisch kranken Tätern zu Einsatz.

Höhere Strafe dank “Herstellung” von Material

Unabhängig von der Frage der Unterbringung hat sich auch die Strafdrohung im Fall Teichtmeister seit Februar verändert. Ursprünglich wurde ihm nur der Besitz von verbotenen Missbrauchdarstellungen unterstellt. Nach der Sonderauswertung der gesicherten Daten wurde hingegen klar, dass Teichtmeister 34.696 Dateien bearbeitet und zu Videos und Collagen verarbeitet habe. Rechtlich fällt das in die Kategorie “Herstellung” von Material, damit erhöht sich die ursprüngliche Strafandrohung auf drei Jahre.

Ob am 5. September gleich ein Urteil gefällt wird, sei unklar, sagt Birklbauer. “Wenn es der Verteidigung gelingt, das besagte Gutachten in Zweifel zu ziehen, könnte ein weiteres angefordert werden – und das kann dauern.”