Zack – schon wieder ist ein Jahr herum

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.
Egal in welcher Zeitrechnung und Kultur wir uns befinden, überall finden sich Abschlüsse und Anfänge. Hinlänglich bekannt ist, dass der in unserem Kulturkreis übliche gregorianische Kalender die Zeitrechnung mit dem Jahr der Geburt Jesu beginnt. Dafür entschieden hatte man sich 525 nach Christus. Da es in der römischen Bezifferung keine 0 gibt, startet man aber gleich mit dem Jahr Eins. Die Null als solches wurde nämlich erst Anfang des 13. Jahrhunderts langsam in die Mathematik unserer Breitengrade eingeführt. Statt mit einer Geburt beginnt man im Buddhismus die Zeitrechnung mit einem Tod. Nämlich jenem von Buddha Siddharta Gautama. Aber nachdem im Buddhismus die Wiedergeburt zentrales philosophisches Thema ist, ist das auch irgendwie eine Geburt. Ich finde das übrigens auch ein wunderschönes Sinnbild für den Beginn eines neuen Jahres. Im Islam wird weder jemand geboren noch stirbt jemand, um einen Beginn zu markieren. Hier wird ausgewandert und eine Religion gegründet. Am 16. Juli 622 nach dem gregorianischen Kalender ist Muhammad von Mekka nach Medina gezogen. Mit dieser Auswanderung startet die islamische Zeitrechnung. Der Jüdische Kalender jedoch befindet sich inzwischen schon im sechsten Jahrtausend.
Aller Dinge Anfang ist das Jahr 3761 vor der Geburt Christi. Das Jahr, in dem Gott die Welt erschaffen hat. Für mich eine ziemlich logische Schlussfolgerung, dass man die Zeit dann beginnt, wenn sowieso alles startet. Ganz unreligiös würden wir uns somit im Jahr 13,8 Milliarden befinden. Ich gebe zu, eine sehr unpraktische Schreibweise, die sich so wohl nicht durchsetzen würde. Alle Zeitrechnungen, so verschieden sie sind, haben eines gemein, sie feiern zum Jahreswechsel eine große Party. Im Islam ist es die Nacht vom 6. auf den 7. Juli, im Buddhismus geht es mit dem Datum des Frühlingsanfangs im Februar einher und im Judentum feiert man das Rosch ha-Schana am 25. September. Egal wo und wie, überall auf der Welt hat man eine Zielgerade und eine Startlinie in die Haut des Chronos geritzt. Ein Zeichen, dass wir diesen Abschluss brauchen.
Vielleicht um uns darüber zu freuen, dass wir wieder ein Jahr auf dieser Welt bewältigt haben, um uns neue Ziele zu setzen oder alte wieder aufzufrischen und um uns ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wir eben nicht unendlich lange auf dieser Welt weilen und wir tunlichst darauf schauen sollten, dass es uns allen gut geht. Auf ein Neues! Ein tolles, gesundes und liebevolles Jahr 2024 möge auf uns zukommen.
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.