Auf Diebeszug nach saftigen Braten am Gumpigen Donnerstag

In Hard wird eine Tradition immer noch gelebt: Das Bratenstehlen. Am Gumpigen Donnerstag wurde viel getanzt, gescherzt – und eine große Diebesbeute ergattert.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Instagram angezeigt.
E in Bus steuert voll gefüllt mit Faschingsfans das nächste Ziel in Hard an. Als der Buslenker gekonnt um eine enge Kurve zirkelt, klatschen alle und singen „Ein Hoch auf unseren Busfahrer“. Seit 8 Uhr am Morgen wird im Fahrzeug bereits fröhlich gefeiert, gesungen, gescherzt und gelacht.

Inzwischen ist es 10 Uhr und der Bus hält vor dem Restaurant „Käth’r“. Dort wird die größte Beute für diesen Tag erwartet: Sieben Braten warten in der Restaurantküche auf die Diebesfinger. Etwa 50 Personen steigen aus dem Bus und strömen in das Lokal. Der Gastraum ist schnell gefüllt, der Musikzug „Schalmeienzug Lauterach“ spielt ein Lied, die Faschingsnarren „Wealloruschar“, „Schlösslefeagar“ und „Mufänga“ tanzen und singen.

Der lockende Geruch nach Braten
Da riecht’s ja schon nach Braten, da bekomm’ ich Hunger“, ruft eine Männerstimme aus der Menge. „Gumpiga Donnerstag isch hüt, drum nehmama da Brota mit. A Schnäpsle nehmand ma o – hi-ha-ho“, rufen die Faschingsfans im Chor. Es wird Schnaps eingeschenkt und herumgereicht. Während das alles passiert, haben sich einzelne Narren schon in die Küche geschlichen und den Braten eingepackt, um dann mit einer warmhaltenden Box wieder zum Bus zu spazieren.

Später am Mittag werden am Vorplatz des Rathauses dann etwa 400 Harder diesen Braten verspeisen. Unter anderem beißt ein Harder Ehepaar genüsslich in das Brötchen. „Die Tradition ist für uns ein Pflichttermin. Den Verein muss man unterstützen“, so Franz und Elsa Nömer. Ein Braten schmecke bei einem Fest immer besser, als zu Hause, lachen die zwei 76-Jährigen. Für die elfjährige Lotta ist eines klar: Sie ist gemeinsam mit ihrer Schwester Lene (8) und ihrem Vater Philipp Nagel am Rathausplatz, weil es dort den besseren Braten als zu Hause gebe. Wie er schmeckt? „Wunderbar!“ Die Schlange an hungrigen Hardern am Essensstand wird trotz Regen am Mittag immer länger.

„Die Leute warten jedes Jahr auf den Fixpunkt im Fasching“, erzählt Andreas Bologna, der seit 14 Jahren bei der Faschingsgruppe „Wealloruschar“ dabei ist. Das war jedoch nicht immer so. Vor 19 Jahren haben die „Hardar Wealloruschar“ diesen alten Brauch in der Gemeinde wiederbelebt, nachdem er für eine Zeit eingeschlafen war. In diesen 19 Jahren haben die Narren laut Obfrau Petra Gebhard ungefähr 500 Braten geklaut.


Brauchtum weiterleben
In einem ist sich die gesamte Bratenklau-Truppe besonders einig: Sie klauen Braten wegen der Tradition. „Es ist ein schönes Brauchtum und Brauchtümer soll man pflegen“, sagt etwa auch Michael Gebhard (53), Mitglied der „Wealloruschar“.

Sowohl Brauchtum als auch die Freude liegen dem Obmann der „Schalmeienzug Lauterach“ Maximilian Karg am Herzen. Denn auf die Bratenjagd gehen in Hard nicht nur die Harder Faschingsgruppen. Unterstützt werden sie auch von anderen Faschingsbegeisterten. Dieses Jahr sorgten die Lauteracher mit Musik für Stimmung bei der Aktion. „Das Bratenstehlen ist jedes Jahr wieder lässig. Es ist schön, wie die Leute sich freuen, wenn wir spielen“, erzählt Karg. In Lauterach selbst wird hingegen kein Braten geklaut. Das hindert den 23-Jährigen aber nicht, bei dem Spaß dabei zu sein – nämlich in einer anderen Gemeinde. „Der Fasching gehört allen und da sollen alle dabei sein“, erklärt der Faschingsfan. Das sehen die Organisatoren des Bratenstehlens selbst genauso. „Es soll nicht nur unser Tag sein, sondern es sollen auch andere dabei sein“, so Bologna, warum die „Wealloruschar“ jährlich andere Gruppen zum Bratenklau einladen.



Gespendet statt gestohlen
Derart traditionell wie früher ist das Bratenstehlen hier aber nicht mehr. Der Brauch wurde an die Nachfrage angepasst: Die Braten werden nicht mehr heimlich in einem unbeobachteten Moment aus dem Backrohr stibitzt. Stattdessen melden sich die Köche im Vorhinein an, dass sie einen Braten spenden wollen. „Sonst weißt du ja nicht, wer einen Braten macht“, lacht Andreas Bologna. Im Schnitt sind es jährlich meist 30 Braten – gestern bei 15 Stationen. Nur so können später alle Gäste mit Braten versorgt werden.



Viele der Gruppe sind schon mehrere Jahre dabei. Doch sogar die Faschingsneulinge werden von der Stimmung gleich mitgerissen. Tanja Füssinger hat zuvor in Tirol und Wien gelebt und hat am Donnerstag zum ersten Mal Braten gestohlen. Der erste Eindruck der 37-Jährigen ist positiv: „Es ist lustig und nett, wie viele Leute einem die Türe aufmachen.“

Wirte freuen sich über Besuch
Auch die Bratenköche freuen sich über den Besuch. „Man macht gerne einen Braten, weil der Fasching eine Tradition ist und so die Vereinskassa etwas gefüllt werden kann“, sagt Sissy Hinteregger, Wirtin des Restaurants Schützengilde. Bei ihr wurde der Schweinsbraten um 11 Uhr gestohlen, bereits um 6 Uhr hat sie begonnen, diesen vorzubereiten. Roman Maier freut sich auch über den Besuch in seinem Garten. Früher machte den Braten noch seine Ehefrau. Als sie vor zwei Jahren verstarb, war für ihn klar, dass er die Tradition fortführen möchte. Seitdem bereitet er selbst den Braten zu. Denn „es gehört dazu“.

Narrenfreiheit
Dazu gehört in vielen Gemeinden auch das Absetzen des Bürgermeisters. So wurde auch gestern von den Narren das Rathaus in Hard eingenommen. „Ab heute habe ich vier Tage frei“, scherzt Bürgermeister Martin Staudinger, der selbst das erste mal mit dem Bratenklau-Bus unterwegs war. Denn bis zum Aschermittwoch herrscht nun Narrenfreiheit in vielen Gemeinden und Städten, wo gestern der Bürgermeister abgesetzt wurde. Bis dahin steht das Feiern im Vordergrund.



