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Hallo, ich bin Nina. Wie kann ich Ihnen helfen?

19.02.2024 • 08:32 Uhr
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. <span class="copyright">NEUE</span>
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. NEUE

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Ich bin im Moment in Konflikt mit einem etwas größeren Kaufhaus- und Lieferserviceanbieter. Aus diesem Grund trete ich häufiger mit dessen Kundenservice in Verbindung. Na des hob i braucht! Meine Interaktion hat angefangen mit einem Chatbot. „Nennen Sie Ihr Problem!“ Nachdem die nachkommenden Auswahlmöglichkeiten und die darauffolgenden Lösungsvorschläge für mich nicht relevant waren, wurde ich mit einem echten Menschen via Direktnachrichten verbunden.

„Hallo, ich bin Nina, wie kann ich Ihnen helfen?“ An diese Gesprächsstarts in sämtlichen Callcentern dieser Welt habe ich mich inzwischen gewöhnt. Ich schilderte mein Problem. „Das tut mir leid, dass Sie solche Umstände haben. Ich bin mir sicher, wir werden hier eine Lösung finden.“ Dieses Wortsummseln war schon befremdlich, ich hatte nicht wirklich das Gefühl, dass Nina irgendetwas leidtat. Auf die Erklärung hin, dass die Umstände eben an der Firma, für die sie Sprachrohr war, lagen, flötete sie mir ein „Machen Sie sich keine Sorgen“ entgegen und daraufhin noch ein „blaba“ mit der Bestätigung, dass mein „Umstand“ in 24 Stunden keiner mehr sein wird. Nina fragte mich, ob sie noch etwas für mich tun könnte, was ich dankend ablehnte.

Die Lösung war nach einer Woche noch immer nicht passiert und ich saß, um das Warten in Telefonschleifen zu verhindern, wieder vor dem Computer. „Hallo ich bin Sandra, wie kann ich Ihnen helfen?“ – „Es tut mir leid, dass Sie solche Umstände haben. Ich bin mir sicher, wir werden eine Lösung finden“ – „Machen Sie sich keine Sorgen.“ Eine weitere Woche später machte ich mir zwar keine Sorgen, dafür grummelte es gehörig im Wutareal meines Gehirns. Ich wagte es noch einmal. „Hallo, mein Name ist Tom, wie kann ich Ihnen helfen?“ – „Das tut mir leid, dass Sie solche Umstände haben.“ – „Machen Sie sich keine Sorgen“.

Ich war versucht, mit Großbuchstaben in die Tastatur zu hämmern, dass ich mir hier eher Sorgen um die Kommunikationsfähigkeit der Menschheit mache, wenn es sich so offenbart, wie Worthülsen ein vermeintliches Verständnis zu suggerieren versuchen. Bis hin zu: „Und in der Politik ist es auch nicht mehr anders. So viele reden nicht mehr mit dem Herzen, dem Bauch und dem Verstand, sondern mit leblosen, vorgefertigten Puzzlestücken, und nichts davon ist noch glaubwürdig, weil es klingt, als habe man Barbie und Ken ein Tonband implantiert“.

Getippt habe ich dann aber: Ich mache mir nur Sorgen wegen des Klimawandels. Tom schickte mir einen Smiley und ich wusste: Ah! Doch ein Mensch.

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.