Stella Nova: Neue Sterne am Himmel

Es ist stets ein Ereignis, wenn ein neuer Stern am Himmel erscheint. Wir beobachten dabei, wie ein schwacher Stern um ein Vielfaches heller wird, sodass er mit freiem Auge zu sehen ist.
V orhersagen von Himmelsereignissen gelingen mit unglaublicher Präzision. Sekundengenau wird beispielsweise der Beginn von Sonnenfinsternissen bestimmt. Auch Sternschnuppenströme lassen sich gut prognostizieren. Etwas vager wird es, wenn, wie vor gut zwei Wochen ein 2600 Kilogramm schwerer Batterieblock der Internationalen Raumstation seinem Schicksal überlassen wird. Vorhersagen ließen eine Leuchtspur u.a. über Vorarlberg erwarten. Tatsächlich fand das Ereignis im Pazifik statt. In den nächsten Monaten wird im Sternbild Nördliche Krone (Corona Borealis) ein neuer Stern erwartet, der etwa so hell wie der Polarstern sein soll.
Der dänische Astronom Tycho Brahe führte vor der Erfindung des Fernrohrs exakte Beobachtungen der Gestirne durch. 1572 sah er im Sternbild Kassiopeia einen neuen Stern aufleuchten, der so hell wie die Venus war. Der Begriff Nova oder Stella Nova geht auf Brahe zurück. Der Begriff verfälscht den physikalischen Sachverhalt, der damals unbekannt war. Bei einer Nova kommt es auf der Oberfläche eines Weißen Zwergsterns zu einer nuklearen Zündung. Material eines gewöhnlichen Begleitsterns fällt auf die Oberfläche des Zwerges, die Temperatur steigt, und der Stern dehnt sich explosionsartig aus. Dabei nimmt seine Helligkeit um mehrere Größenklassen zu. Eine Nova ist daher kein neu entstandener Stern sondern ein bestehender Doppelstern, der innerhalb weniger Tage enorm an Helligkeit gewinnt.
Wachsam bleiben
Das Sternbild Corona Borealis bildet einen Bogen aus sieben Sternen mittlerer Helligkeit und erinnert in seiner Gestalt an eine Krone. Man sollte sich die Form und die Sternenanzahl einprägen. Denn der amerikanische Astrophysiker Bradley Schaefer hat für den Zeitraum Februar bis August 2024 das Erscheinen einer Nova vorhergesagt. Der Doppelstern T-CrB ist normalerweise nur mit Teleskopen sichtbar. Nach dem Nova-Ausbruch soll er die Helligkeit des Polarsterns erreichen. Jetzt geht das Sternbild circa um 20 Uhr im NO auf und steht gegen Mitternacht 40 Grad über dem Horizont. Anfang Juni steht die Krone um 24 Uhr 70 Grad hoch im Süden. Sollte der erwartete Ausbruch erst im September/Oktober stattfinden, ist der frühe Abend die optimale Beobachtungszeit.
Wiederkehrende Nova
Man kennt unterschiedliche Arten von Novae. T Corona Borealis ist eine rekurrierende Nova, die in regelmäßigen Abständen einen Ausbruch verzeichnet. Im Abstand von 80 Jahren wurde die wiederkehrende Nova 1866 und 1946 beobachtet. Würde die 80-Jahr-Periode halten, wäre 2026 der nächste Ausbruch fällig. Die Helligkeitsverläufe waren 1866 und 1946 identisch. Es wurden „Warnsignale“ – wie z.B. ein Abfallen der Helligkeit um eine Größenklasse – für einen bevorstehenden Ausbruch festgestellt. Aus diesem Helligkeitsverlust, der ab Februar 2023 verzeichnet wurde und aus anderen Warnsignalen wird der aktuelle Nova-Ausbruch von T CrB zwischen Februar und August 2024 prognostiziert. Der Autor dieser Zeilen getraut sich nicht, die Verlässlichkeit der Prognose zu beurteilen, aber einen Blick auf das Sternbild werde ich in den nächsten Monaten immer wieder werfen.
Ursachen im Dunkeln
Astronomen in aller Welt werden T CrB in den nächsten Monaten vom Radiobereich bis im Gammabereich genau beobachten. Auch das berühmte James-Webb-Teleskop wird das Ereignis im infraroten Licht verfolgen. Denn die Ursachen für die Besonderheiten dieser Nova liegen noch völlig im Dunkeln und können jetzt erforscht werden.
von Robert Seeberger