Missbrauch durch Arzt: Urteil nun aufgehoben

Haftstrafe in erster Instanz für Arzt, der Patientin missbrauchte. Berufungsgericht ordnete jetzt neue Verhandlung an, weil Gutachten zur Zurechnungsfähigkeit fehlte.
Bei einer Untersuchung im Patientenzimmer der Reha-Einrichtung hat der damalige Neurologie-Primararzt nach Ansicht des Richters im ersten Rechtsgang im Juni 2022 ohne medizinische Notwendigkeit und nur zu seiner Befriedigung eine 30-jährige Bandscheibenpatientin mit seinen Fingern sexuell missbraucht. Demnach hat er zudem ihren nackten Oberschenkel gestreichelt, sie ersucht, sich oben herum freizumachen, und zu ihr gesagt, sie habe eine schöne Vulva.
Arzt missbraucht Autorität
Das trug dem mittlerweile arbeitslosen Arzt im April 2023 am Landesgericht Feldkirch einen Schuldspruch wegen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses ein. Dafür wurde der unbescholtene 52-Jährige zu einer teilbedingten Haftstrafe von neun Monaten verurteilt. Davon belief sich der unbedingte, zu verbüßende Teil auf zwei Monate. Sieben Monate wurden für eine Bewährungszeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der Strafrahmen belief sich auf null bis drei Jahre Gefängnis. Der Mediziner wurde zur Zahlung eines Teilschmerzengelds von 2000 Euro an die Frau verpflichtet.
Urteil aufgehoben
Das Innsbrucker Oberlandesgericht gab am vergangenen Dienstag in der Berufungsverhandlung der wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung des Angeklagten statt, hob das Urteil auf und ordnete eine neue Verhandlung unter einem anderen Richter am Landesgericht Feldkirch an.
Der Berufungssenat bemängelte, dass der Feldkircher Richter kein Gutachten zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten eingeholt hatte. Der Angeklagte meint, er sei wegen der Nebenwirkung eines Medikaments gegen seine Parkinsonkrankheit nicht zurechnungsfähig gewesen, und beantragt einen Freispruch.
Verteidigung plädiert auf Unzurechnungsfähigkeit
Mildernd wertete der Feldkircher Richter im ersten Prozess auch die eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit durch die Impulskontrollstörung als Nebenwirkung eines Medikaments gegen die Parkinsonerkrankung des Arztes.
Verteidiger Alexander Fetz verwies auf das Privatgutachten einer Wiener Neurologin. Demnach habe der an Parkinson erkrankte Arzt wegen seiner damaligen schweren Impulskontrollstörung sein Verhalten nicht steuern können. Deshalb habe er auch am Tag nach dem angeklagten Vorfall in seinem Büro vor einem Vertrauten der Patientin ein schriftliches Geständnis abgelegt.
Arbeitsprozess
Der Arzt bekämpft in einem anhängigen Arbeitsprozess am Landesgericht seine Entlassung.