Abwärtsspirale: 30 Gemeinden ohne Gasthaus

Gasthaussterben: Dunkelziffer laut Fachgruppenobmann Pansi größer. Auch Zwischenwasser ohne Stammtisch und laut Bürgermeister Bachmann „auch nicht absehbar“.
Die traditionelle Wirtshauskultur in Vorarlberg ist gefährdet, das Gasthaussterben hat größere Dimensionen erreicht. Allein in den letzten sechs Jahren ist die Zahl der klassischen Gasthäuser (siehe Definition) von 191 auf 143 gesunken.
In insgesamt 30 Gemeinden gibt es Stand 27. Juni keine klassischen Gasthäuser mehr. Aufgeteilt in Bezirken sind dies in Bludenz 15, in Bregenz elf und in Feldkirch vier. Der Bezirk Dornbirn blieb noch verschont. In Lustenau sind aber aber nur noch zwei offen. Diese Zahlen gehen aus der von der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer durchgeführten Umfrage bei den Gemeinden hervor. „Die Zahlen sind hoch und nicht erfreulich“, sagt Gastronomie-Fachgruppenobmann Mike P. Pansi. „Da nicht alle Gemeinden zu 100 Prozent mitgemacht haben, ist die Dunkelziffer wohl höher.“
Auch größere Gemeinden. Ohne Gasthäuser sind nicht nur kleine Gemeinden, auch in größeren wie Lauterach, Mäder oder Zwischenwasser mit den Ortschaften Muntlix, Batschuns und Dafins sucht man vergebens nach dem traditionellen Stammtisch. „Es ist wie eine Abwärtsspirale. Auch bei uns haben viele Gasthäuser geschlossen“, berichtet Zwischenwassers Bürgermeister Jürgen Bachmann, der das Gasthaussterben in seiner Gemeinde miterlebt. Es seien zwar noch Einkehrmöglichkeiten, wie unter anderem der „Sterna“ (Sternbräu Bierlokal) in Muntlix oder der Peterhof in Furx vorhanden, aber „ein klassisches Gasthaus gibt es keines mehr“.
Gasthaus derzeit nicht absehbar
Das von der Fläche her große Zwischenwasser würde laut Bachmann sicher ein Gasthaus vertragen, sei aber derzeit nicht absehbar. „Unsere Tür steht diesbezüglich immer offen“, sagt der Bürgermeister, dem aber klar ist, wie schwer es ist, ein Gasthaus wirtschaftlich zu führen. „Dafür braucht es angesichts der hohen anfallenden Kosten sowie der Personalsituation schon ein gutes Geschäftsmodell.“
Die Gründe für die immer häufiger auftretenden Konkurse und Schließungen von Gasthäusern sind für Mike P. Pansi mannigfaltig. „Die letzten Jahre waren mit Corona und der Inflation mit den extrem gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen nicht einfach. Da wir eine Dienstleistungsbranche sind, fallen auch hohe Mitarbeiterkosten an. Auch in Sachen Pachtzins liegt die Gastronomie sicher im oberen Bereich.“ Die immer zahlreicher werdenden Lieferküchen sowie Vereine, die mittlerweile fast alle ihre eigenen Speisen und Getränke anbieten, seien für die Gastronomie auch nicht förderlich.
„Die Gewinnspanne in der Gastronomie ist mittlerweile gering, das muss man klar sagen.“ Dazu kommt noch die Personalsituation. „Die ist weiter angespannt. Während Corona haben viele unserer Fachkräfte die Branche verlassen. Zwar kommen nun einige wieder zurück, aber nicht ausreichend, um die personalintensive Gastronomie abzudecken“, so der Fachgruppenobmann. Natürlich kommen noch die Arbeitszeiten dazu. „Wir arbeiten, wenn andere frei haben. Das wollen nicht mehr viele auf sich nehmen, vor allem die jüngere Generation nicht.“
Keine einfache Situation
In Summe sei die Situation derzeit nicht einfach. „Wir müssen neue Wege finden, um die Abwärtsspirale einzubremsen. Die Gastronomie ist nicht nur in gesellschaftlicher Hinsicht wichtig, sondern auch ein wichtiger Arbeitgeber und ein Anker für den Tourismus“, betont Pansi. „Daher ist es gut, dass wir den Rückhalt der Politik haben.“
Dies manifestierte sich zuletzt in der vom Land und der Wirtschaftskammer gestarteten Initiative „Unsere Dorfwirtschaft – Vorarlberger Wirtshauspakt“. Dabei investieren Land und Kammer zusammen jeweils bis zu 500.000 Euro jährlich für die kommenden drei Jahre in die Erhaltung und Stärkung von Gasthäusern. Das Paket beinhaltet die direkte finanzielle Unterstützung von Gastronomiebetrieben ebenso wie Kommunikations- und Vermarktungsmaßnahmen sowie Bemühungen zum Bürokratieabbau. Für Letzteres wurde in der WKV eine Ombudsstelle eingerichtet. „Damit haben wir die ersten Maßnahmen etabliert. Wir werden aber weiter alle Hebel in Bewegung setzen, dass es wieder aufwärts geht.“
