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Mit einer gemeinsamen Torte fing alles an

21.07.2024 • 15:00 Uhr
Mit einer gemeinsamen Torte fing alles an
Die damaligen Parteichefs Markus Wallner und Johannes Rauch bestaunen die Torte zur konstituierenden Sitzung. Hartinger

Am 6. November 2019 ist der Landtag zur konstituierenden Sitzung der 31. Legislaturperiode in Bregenz zusammengekommen. Seitdem hat sich viel getan. Ein Rückblick.

Mit einer Torte mit großem Landeswappen und zwei Marzipan-Figuren wurde am 6. November 2019 der Auftakt zur 31. Legislaturperiode des Vorarlberger Landtags gefeiert. Die Parteichefs Markus Wallner (ÖVP) und Johannes Rauch (Grüne) hatten sich vor dieser konstituierenden Sitzung auf eine Koalition und ein 95 Seiten starkes Arbeitsprogramm geeinigt. Knapp fünf Jahre später nähert sich die nächste Landtagswahl mit großen Schritten, und es hat sich einiges getan.

Änderung in der Regierung

So sitzt etwa Rauch nicht mehr auf der Vorarlberger Regierungsbank, sondern seit 2021 als Gesundheits- und Sozialminister in Wien. Statt ihm wurde Daniel Zadra zum Landesrat gewählt. Auch das schwarz-grüne Arbeitsprogramm ist umgesetzt worden. Zu welchem Grad wird natürlich von Regierungsparteien und Opposition unterschiedlich beurteilt. Während sich ÖVP und Grüne ihren Fokus auf die umgesetzten Punkte legen, heben die Vertreter von FPÖ, SPÖ und Neos mögliche Versäumnisse hervor.

Angelobung Daniel Zadra (l.) Markus Wallner
Im März 2022 wurde Daniel Zadra als Landesrat angelobt. Grüne

Unstimmigkeiten

Bei drei großen Infrastrukturprojekten, die teils auch innerhalb der Koalition umstritten sind, hat sich in den vergangenen fünf Jahren jedenfalls etwas getan. So laufen in Feldkirch die Vorarbeiten für den Stadttunnel. Beim Hochwasserschutzprojekt „Rhesi“ haben sich Österreich und die Schweiz auf die Umsetzung geeinigt. Bei der Bodensee-Schnellstraße S 18 wurde eine Variantenentscheidung getroffen. Allerdings ist eine mögliche Umsetzung immer noch in weiter Ferne, was sich auch an den Unstimmigkeiten zwischen ÖVP und Grünen zeigt.

Maurice Shourot
Landtagspräsident Harald Sonderegger zog eine positive Bilanz über die vergangenen fünf Jahre. Maurice Shourot

Doch auch auf anderer Ebene hat sich etwas getan. So wurden seit der konstituierenden Sitzung im November 2019 insgesamt 353 Gesetze und Gesetzesänderungen beschlossen, berichtete Landtagspräsident Harald Sonderegger (ÖVP). Beispielsweise wurde die Kinderbetreuung mit dem 2023 in Kraft getretenen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz auf neue Beine gestellt. Auch auf dessen Basis wird das Angebot im Betreuungsbereich deutlich ausgebaut.

Markus Wallner, Marco Tittler und Hans-Peter Lorenz
Auch das leistbare Wohnen war in der Legislaturperiode ein Dauerbrenner. Hartinger

Im Bereich des Wohnens wurden das Raumplanungs- und Grundverkehrsgesetz adaptiert, nachdem diese bereits in der vorherigen Legislaturperiode umfassend novelliert worden waren. Nun wurde für Gemeinden die Möglichkeit geschaffen, eine Leerstandsabgabe einzuführen. Ebenso wurden Regelungen getroffen, um die Ausbreitung von Investorenmodellen zu verhindern. Wie sich diese Anpassungen auswirken, wird sich allerdings erst noch zeigen.

Leistbares Wohnen

Beim Wohnbau hat die schwarz-grüne Koalition das selbst gesteckte Ziel zur Errichtung neuer gemeinnütziger Wohnungen verfehlt. Wobei hier auch die äußeren Umstände – wie etwa ein zeitweise überhitzter Bau-Markt – eine Rolle gespielt haben. Kritik seitens der Opposition gab es für das Verfehlen des Ziels dennoch. Die Landesregierung habe es verpasst, auf die Flaute im Bausektor zu reagieren und den gemeinnützigen Wohnbau wieder anzukurbeln. Allerdings wurde noch kurz vor Ende der Legislaturperiode ein neues Wohnpaket geschnürt.

Mit einer gemeinsamen Torte fing alles an
Im Landtag herrscht Einigkeit, dass die Wasserkraft weiter ausgebaut werden soll. Hartinger

Neben diesen Themenfeldern hat sich in den vergangenen fünf Jahren natürlich noch mehr getan wie etwa im Bereich der Energie, in der Bildung oder mit der neuen Tourismusstrategie. Wie es nach der Wahl weitergehen wird, hängt auch davon ab, wie der Urnengang und die folgenden Koalitionsverhandlungen ausgehen werden.

Parteiinterne Vorgänge sorgten für Aufregung

Nicht nur um die Sache ging es in den vergangenen fünf Jahren in der heimischen Politik. Auch interne Vorgänge in den Parteien – allen voran der ÖVP und SPÖ – haben für Aufregung und Diskussionen gesorgt. So musste sich etwa Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) einem Misstrauensvotum stellen.

Landeshauptmann Markus Wallner
Landeshauptmann Markus Wallner musste sich einem Misstrauensvotum stellen. Paulitsch

Zuvor hatten jedoch interne Querelen innerhalb der heimischen Sozialdemokratie für Verwerfungen gesorgt, die sich auch auf den Landtag ausgewirkt haben. Denn erstmals seit 30 Jahren war ab 1. Dezember 2021 wieder ein fraktionsloser Abgeordneter im Landesparlament vertreten. Ein Streit um den Chefsessel in der Landespartei hatte dazu geführt, dass der bisherige SPÖ-Klubobmann Thomas Hopfner aus der Partei und damit aus der roten Fraktion im Landtag ausschied. Sein Mandat im Landesparlament behielt er jedoch.

Hopfen Thomas
Thomas Hopfner verließ die SPÖ, aber blieb als fraktionsloser Abgeordneter im Landtag. Hartinger

Bei der ÖVP war es kein interner Streit, der sich auf die Arbeit im Landtag ausgewirkt hat. Vielmehr waren es Vorgänge im Wirtschaftsbund der ÖVP, welche auch im Landesparlament zu einem Thema wurden. Zeitweise stand auch im Raum, den Sachverhalt in einem Untersuchungsausschuss zu behandeln. Diesen Schritt wagte jedoch keine Fraktion. Sehr wohl wurde von der Opposition jedoch ein Antrag eingebracht, dem Landeshauptmann und ÖVP-Parteichef das Vertrauen zu entziehen. Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und dem fraktionslosen Abgeordneten Hopfner überstand Wallner das Misstrauensvotum.

Anonyme Anzeige

Interview mit dem ÖVP-Landtagsabgeordneten Christoph Thoma
Eine anonyme Anzeige brachte Christoph Thoma ins Visier der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen wurden aber eingestellt. Rhomberg

Aufregung gab es gegen Ende der Legislaturperiode auch um den ÖVP-Abgeordneten Christoph Thoma. Nach einer anonymen Anzeige hob der Landtag seine Immunität auf, um Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu ermöglichen. Hintergrund waren Unstimmigkeiten mit einer Lehrerin seiner Tochter. Der Konflikt ist mittlerweile ausgeräumt und die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen eingestellt. Thoma kandidiert allerdings nicht mehr für den Landtag, um seine Familie zu schützen.

Von einer unerwarteten Krise in die nächste

Bei ihrer Angelobung im November 2019 hätten sich die Mitglieder der Landesregierung und des Landesparlaments wohl nicht gedacht, dass sie in den kommenden fünf Jahren mit mehreren großen Krisen konfrontiert sein werden. Eine davon führte für die heimischen Politiker sogar zu einer noch nie dagewesenen Situation.

Mit einer gemeinsamen Torte fing alles an
Masken prägten eine Zeit lang das Bild im Landtag. Sitzungen wurden auch während der Pandemie weiter abgehalten. Nur ein Mal wurde im kleinere Kreis getagt. Hartinger

An einem Strang gezogen. Die Rede ist dabei natürlich von der Coronapandemie, welche im Februar 2020 auch Vorarlberg erreicht und in den kommenden Monaten und Jahren für zahlreiche Verwerfungen gesorgt hat. Im Rückblick gesehen, hat das Ländle die schwierige Zeit jedoch durchaus gut überstanden. Dies dürfte wohl auch daran liegen, dass sowohl Regierungs- als auch Oppositionsparteien in der neuartigen Krisensituation weitgehend an einem Strang gezogen haben. So wurde beispielsweise der Haushaltsvoranschlag für das Jahr 2021 einstimmig im Landtag beschlossen. Diese Einigkeit hielt jedoch nicht allzu lange und vor allem gegen Ende der Pandemie und in der folgenden Aufarbeitung bewertete die Opposition die Arbeit der Regierung durchaus kritisch.

TOPSHOT-UKRAINE-RUSSIA-CONFLICT
Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 brachte die nächste unerwartete Krisensituation. AFP/Dimitar DILKOFF

Doch nicht nur Corona hat in den vergangenen fünf Jahren für Verwerfungen gesorgt. Auch der russische Angriff auf die Ukraine hatte negative Auswirkungen auf das Land. Vor allem die steigenden Energiepreise und die Teuerung sorgen seit Ausbruch des Kriegs im Februar 2022 für Diskussionen. So gab es im vergangenen Jahr Verwirrung über den Strompreis des heimischen Energieversorgers Illwerke vkw. Wurde dieser erst erhöht, folgte kurze Zeit später wieder eine Senkung samt Einführung eines Stromrabatts des Landes, der bis zum kommenden Jahr gilt. Die Opposition hatte massiv gegen die Preiserhöhung mobil gemacht. Sowohl FPÖ als auch SPÖ hatten eine eigene Petition dagegen ins Leben gerufen.

Debatte um Anti-Teuerungsmaßnahmen

Auch in Sachen Teuerung gab und gibt es immer noch heiße Diskussionen. Während die Regierungsparteien auf ihre Maßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung hinweisen, wirft die Opposition der Koalition nicht rechtzeitig reagiert oder zu wenig getan zu haben.