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Caffé Latte oder Hilfe, ich wurde geschrumpft

16.09.2024 • 12:18 Uhr
Neue Kopfkino Salmhofer Kolumne
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. NEUE

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Weil Frau Salmhofer auf ihren Körper schaut, begebe ich mich ab und an zum Check-up. Immer in der Hoffnung, dass – außer ein paar Kilos mehr – keine groben oder beängs­tigenden Veränderungen zu verzeichnen sind. Und falls doch, dass mein vorausschauendes Denken etwaige Krankheitsaufmucker im Keim erstickt. Also hatte ich wieder einmal einen Termin zur Gesundheitsvorsorge. Nüchtern solle ich beim Doktor eintrudeln, damit man mir ein paar unkontaminierte Körperflüssigkeiten abnehmen könne.

Freitags 9 Uhr war der erste Termin angelegt, dick in meinem Kalender eingetragen und mit fünf Erinnerungen eingepflegt. An besagtem Tag stehe ich auf, schlaftrunken wanke ich in die Küche und mache mir einen Kaffee mit Milch und Zucker. Fein zubereitet in der täglichen Morgenroutine mit Milchschaum, der sich fluffig fein auf der Zunge ausbreitet. Was für ein wunderbarer Tagesstart.

Nachdem ich den Kaffee getrunken hatte, war ich wach. Und innert einer Tausendstelsekunde brach mir kalter Schweiß aus und ein „Shiiiiiiit“ entfleuchte meinen Lippen. Die leere Tasse stand vor mir und schien mich schelmisch anzugrinsen. Mein Kalender am Handy piepste mir die nächste Erinnerung für den Vorsorgetermin entgegen, mit der Notiz – verstärkt mit drei Ausrufezeichen – „nüchtern erscheinen“. So, was mache ich jetzt? Totstellen? Eine nicht besonders erwachsene Reaktion. Also habe ich das Telefon zur Hand genommen und meinen Arzt angerufen. Während es am anderen Ende klingelte, schimpfte ich mit mir selbst wie ein Rohrspatz und wanderte dabei gestikulierend in meiner Wohnung auf und ab. „Wie verpeilt kann man eigentlich sein?“

Ich durfte dennoch zur Untersuchung kommen, sie würden es in der Akte vermerken, lächelte mir eine freundliche Telefonstimme entgegen. Ich sah den Akteneintrag direkt vor mir „Patientin leidet unter akuter Verwirrtheit mit Tendenz zum Chaos. Außerdem trinkt sie Kaffee mit Milch und Zucker. Welche echte Kaffeetrinkerin macht denn sowas?“ Während des „Grundservices“ wurde dann auch noch festgestellt: Ich bin auch geschrumpft!

Im Moment weiß ich gerade nicht, was mich mehr frustriert. Dass ich immer verpeilter bin oder dass mein Körper meint, er müsse der Erde wieder näherkommen. Ich werde mir zur Morgenkaffeeroutine jetzt auch noch Streckübungen überlegen. Und Knoblauchdragees besorgen. Himmelzefix.

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.