Prozess: “Nützlicher Idiot” dirigiert Bande von Pseudo-Handwerkern

Scheinfirma lockt mit erstklassigen Notdiensten und hinterlässt 200.000 Euro Schaden durch dilettantische Arbeiten – der Angeklagte, ein “nützlicher Idiot”, vor Gericht.
Am Dienstag hat am Wiener Landesgericht der Prozess gegen einen Mann begonnen, der eine Kolonne von nicht ausgebildeten Handwerkern dirigiert haben soll, die mit nicht fachmännisch durchgeführten, dafür überteuerten Arbeiten etliche Kundinnen und Kunden übers Ohr gehauen haben sollen. Die Staatsanwältin sah im Angeklagten den Geschäftsführer einer Scheinfirma, der Verteidiger betonte dagegen, die Hintermänner der Gruppierung säßen in Marokko: “Er war nur der nützliche Idiot.”
Fest steht, dass der 28-Jährige von Juli 2021 bis zum Sommer 2022 für eine Gesellschaft tätig war, die im Internet Schlüssel- und Installateur-Notdienste anbot und dafür angeblich erstklassige Professionisten in Aussicht stellte. Bei entsprechenden Such-Abfragen im Internet wurde die Firma stets als erste ausgewiesen – weil 40.000 Euro an Werbung an Google bezahlt wurden, wie die Staatsanwältin nun enthüllte. Sie ging mit dem Angeklagten hart ins Gericht. Dessen Handwerker seien angelernte Personen gewesen, “die das in Wahrheit nicht konnten. Die haben vielleicht einmal zugeschaut, wie man eine Tür aufmacht. Das war learning by doing”. In etlichen Fällen hätten sie später zugefallene Türen einfach aufgefräst und ohne Not massiv beschädigt und den betroffenen Kundinnen und Kunden dafür exorbitante Preise verrechnet: “Es wurde ohne Rücksicht auf Verluste vorgegangen, nur um die Kunden abzuzocken.” Sie legte dem Angeklagten einen Schaden von 200.000 Euro zur Last.
Angeklagter als ‘nützlicher Idiot’ oder Drahtzieher?
Der Angeklagte habe den Monteuren Autos, Handys und Werkzeug zur Verfügung gestellt und sie angeleitet, wie die Preise zu gestalten seien, betonte die Anklägerin. Er habe auch den Internet-Auftritt der Firma betreut. Die Staatsanwältin spielte auch auf die Herkunft des Angeklagten und der meisten für ihn tätigen Handwerker an: “Das sind alles Deutsche. Das ist absolut verwerflich, dass da Deutsche kommen. Wir haben unsere eigenen Schlüsseldienste.”
Der ebenfalls aus Deutschland stammende Verteidiger Sascha Flatz hielt dem entgegen, sein Mandant sei als Strohmann benutzt worden. Er hätte aus Marokko Anweisungen aufs Handy erhalten und diese umgesetzt, weil er “bei einem Araber-Clan” Schulden gehabt hätte: “Die musste er abarbeiten.”
Angeklagter als Strohmann
Der 28-Jährige gab in seiner Einvernahme zu, eine Firma gegründet, Autos angemietet und Mobilfunkverträge abgeschlossen zu haben. Er habe das aber nicht aus Eigenem, sondern wie ihm befohlen gemacht. Anweisungen habe er aber nicht erteilt und auch keine Einschulungen vorgenommen. Er habe nie persönlichen Kontakt mit den Handwerkern gehabt.
Die Verhandlung wurde zur Ladung zahlreicher Zeugen vertagt. Wann fortgesetzt wird, ist unklar.
APA