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Was ein Lustenauer an der Grenze zu Nordkorea macht

13.10.2024 • 07:00 Uhr
Florian Blatter in Südkorea
Nur wenige Hundert Meter von der Grenze zur Nordkorea schlug Blatter sein Zelt auf. Privat

Florian Blatter aus Lustenau begab sich nach Südkorea, um etwas zu finden, dass nur er selber erreichen kann.

Ich bin die letzten zwei Wochen knapp 1.200 Kilometer durch Südkorea geradelt“, schreibt Florian Blatter (34), während er sich in der Hafenstadt Busan auf die Überfahrt nach Japan vorbereitet. Seit Mitte August ist er mit seinem selbstgebauten Fahrrad auf einer Reise, deren erster Abschnitt ihn vom Rheintal nach Hamburg führte. „Ich bin froh, dass mein Setup in der Praxis so gut funktioniert, wie ich es mir in der Theorie erhofft habe“, strahlt Blatter. Während sein Gefährt den Test bestand, stellt sich der Recycling-Experte einer viel intimeren Herausforderung.

Glücklich werden

Vor mehr als einem Jahr ging seine elf Jahre andauernde Beziehung zu Ende. In der Folge schwor er dem Alkohol ab und wurde zum eifrigen Radfahrer. „Ich möchte endlich mit der aktuellen Situation glücklich werden. Somit soll die Reise eine Übung sein, allein und unabhängig von anderen Personen glücklich und zufrieden zu werden, um dann wieder bereit für etwas Neues zu sein“, gesteht der Lustenauer.

Florian Blatter in Südkorea
Privat

Schriftzeichen übersetzen

In der Hansestadt angekommen, zerlegte Blatter kurzerhand sein Gefährt in Einzelteile und verstaute es in einem Karton, mit dem er nach Seoul weiterflog. Dort angekommen, wurde dem Lustenauer rasch klar, dass das Fortkommen die geringste Herausforderung auf seiner Reise darstellt: „Nach meiner Erfahrung sprechen in Südkorea nur wenige Menschen Englisch. Als ich es zum ersten Mal geschafft habe, eine Waschmaschine zu bedienen, war ich sehr stolz. Es gibt zwar Apps, mit denen man die Schriftzeichen übersetzen kann, wobei danach immer noch ein Rätsel übrigbleibt. Zum Glück lag ich richtig, als ich ‚Fahrsaison‘ als ‚Start‘ interpretiert habe.“

Florian Blatter in Südkorea
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Kilometerlange Tunnel durchquert

Nach einem kurzen Aufenthalt in der Hauptstadt begab sich der 34-Jährige mit dem neu zusammengesetzten Drahtesel Richtung nordkoreanische Grenze. Verblüfft stellte er fest, dass die Südkoreaner „teilweise richtig fanatische“ Radler sind und auf „fast schon übertrieben guten“ Wegen fahren können. Ganz anders sieht es abseits der offiziellen Radstraßen aus. „Durch meinen Abstecher an die Grenze war ich einen Tag lang auf Bundesstraßen unterwegs, die mich stückweise an die österreichische Autobahn erinnerten. Da habe ich kilometerlange Tunnel durchquert, was mir echt Angst gemacht hat“, gesteht Blatter.

Florian Blatter in Südkorea
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Fliegende Fäkalien-Beuteln

An seinem nördlichen Ziel angekommen, schlug der Lustenauer nur wenige 100 Meter vom Grenzzaun entfernt sein Zelt auf. Dort hatte er direkte Sicht auf die demilitarisierte Zone, die sich als Naturjuwel offenbarte. Zwischen Militärpräsenz und Waffenlärm wurde ihm jedoch rasch klar, dass die Idylle täuscht. Laufend gingen Nachrichten auf seinem Handy ein, die vor Müllballons aus Nordkorea warnten. Glücklicherweise blieb dem Recycling-Experten eine Begegnung mit den fliegenden Fäkalien-Beuteln erspart.

Florian Blatter in Südkorea
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Dafür kreuzen andere Hindernisse Blatters Weg: „Ich war überrascht, wie viele Schlangen es in Korea gibt. Hauptsächlich sah ich Tigernattern. Deren Biss ist zwar giftig, aber nicht tödlich. An einem Tag habe ich sicher 50 Schlangen gesehen. Da musste ich aufpassen, keine zu überfahren. Daher habe ich mich beim Zelten immer wieder vergewissert, dass der Reißverschluss wirklich zu ist.“

Florian Blatter in Südkorea
Privat

Schweißausbruch, Tränen und ein Lachanfall

Wie auf einer Zeitreise fühlt sich der Lustenauer, wenn er die modernen Städte für das rurale Südkorea verlässt. Er fand eine vom Reisanbau geprägte Landschaft vor, deren Bewohner stetig in die Städte abwandern. Mit leerem Magen um die Felder fahrend, suchte Blatter sein Glück in einem Restaurant: „Nach längerem Hin und Her konnte ich klar machen, dass es mir egal ist, was sie mir servieren. Dann wurde mir eine brodelnde Rindfleischsuppe gereicht, die mir viel zu scharf war. Sichtlich überfordert saß ich da, mit Schweißausbruch und Tränen in den Augen und versuchte ungeschickt, das Rindfleisch mit Zangen und Scheren zu schneiden. Ein junger Kellner fand das sehr lustig. Ich habe gemerkt, wie er sich zurückhält, aber als ich dann auch einen Lachanfall hatte, ist er vor Lachen fast geplatzt.“

Blatter radelt durch Südkorea
Privat

An seinem nächsten Ziel, der japanischen Stadt Fukuoka auf der südlichen Insel Kyushu, ist der Lustenauer mittlerweile angelangt. Von dort geht es Richtung Norden, den er bis zu seiner Rückkehr nach Neujahr bereist.

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