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Die Krux mit der Mode, wo bleibt die Ausgeh-Uniform

28.10.2024 • 10:23 Uhr
Neue Kopfkino Salmhofer Kolumne
Sonntags-Tagebuch von Heidi Salmhofer. NEUE

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Es ist ein nicht von der Hand zu weisendes Phänomen, dass man trotz vollem Kleiderschrank nichts zum Anziehen hat. Und schon gar nichts, das außerhalb des Alltags ein tauglicher Körperbehang wäre. Ich verstehe das nicht. Es ist nämlich nicht so, dass ich mir nicht ab und zu freudig ein nettes Outfit für besondere Ausgehzeiten besorgen würde. Somit sollte sich in meinem Schrank doch Material für modische ­Zusammenstellungen finden lassen.

Ich wühle mich durch die Tonnen von scheinbar nicht vorhandenem Gewand, um Kombinationsmöglichkeiten zu finden, die auch noch zu meinen – ebenso kaum vorhandenen – Schuhen passen. Ich wünsche mir sehnlichst eine Art Scanner herbei, der mir ad hoc zeigt, welche Bluse zu welcher Hose und meiner aktuellen Stimmung passt. Gleichzeitig sollte er mir helfen, weder overdressed noch underdressed zu sein. (Haha! ­Geschäftsidee!) Da dieser ­Scanner aber noch nicht erfunden ist, muss ich meinen modischen Verstand einsetzen. Der ist bei mir leider etwas verkümmert, da ich mich lieber in bequemen Klamotten bewege als in zwickenden und zwackenden.

Das Erstaunliche ist nämlich, dass modisch stabiles Stoffwerk sich in ganz vielen Fällen eher lästig am Körper anfühlt. Mit Stöckelschuhen schmerzen die Füße, Röcke rutschen beim Sitzen bis zum Bauchnabel hoch, und Hemden kratzen mit ihren Kragen bei jeder Bewegung am Kinn. Also verzichte ich auf „Klimbim“ und hoffe sehnsüchtig, dass Jogginghosen und Co. irgendwann opernballtauglich werden. Aber dieses Warten löst mein Problem nicht, für den ­heutigen Abend ein passendes Outfit zusammenzustellen.

Zwar habe ich meine Notfall-Save-Kombis, auf die ich zurückgreife, wenn ich in Eile bin, aber ich möchte nicht schon wieder im selben Outfit in die Öffentlichkeit treten. Das ist doch öd. Also schiebe ich die zwei Lagen Hemden, Pullover, Hosen und Röcke zur Seite, die in Kleidergrößen vorhanden sind, für die ich im Moment (räusper) zu groß bin, aber von denen ich seit fünf Jahren glaube, dass sie mir irgendwann wieder passen werden.Dann beginnt der Walk vor dem Spiegel. Nein! Geht nicht! Nein, das auch nicht! Großer Gott, ist mein Po wirklich so riesig? Das ist süß, aber zu sexy. Das ist süß, aber zu wenig sexy. Oje, ich dachte, diese Hose gehört noch in die „Passt wie angegossen“-Abteilung. Fünf Minuten bevor ich das Haus verlassen muss, greife ich schließlich zur Notfall-Save-Kombi. Können wir nicht eine gesellschaftlich akzeptierte Ausgehuniform für alle auf den Markt bringen? Das würde vieles so viel einfacher machen.

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.