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50 Stunden Party zum 50. Geburtstag

10.11.2024 • 07:00 Uhr
50 Stunden Party zum 50. Geburtstag
Heidi Wimmer, eine echte Dornbirner Institution.
Hartinger (5)

Heidi Wimmer begeht ihr rundes Jubiläum in besonderer Form. Die NEUE am Sonntag gratuliert der sympathischen Wirtin des Dornbirner Engels und spricht mit der facettenreichen Rothaarigen über Kult, Kultur, Kunst und Konfliktmanagement.

50 Jahre heidi

Jedes Jahr wird mit einer Stunde gefeiert
Seit Freitag ist die Jubiläumsparty für die beliebte Engel-Wirtin im Gange. Das Programm ist so vielfältig wie Heidi Wimmer selbst: Auftritte von Kreydenweiss, Cello Inferno, Salami Recorder, Vinyl Gold Boys oder Venus Bop, Kino, Tarot, Yoga, Lesungen, Ganslessen, Preisjassen oder eine Zanzenberg-Wanderung stehen auf dem Programm. Die NEUE am Sonntag gratuliert herzlich!

Die Feierlichkeiten sprengen analog zu Ihrer Person jeglichen Rahmen. Wie ist die Idee entstanden, Ihren Geburtstag drei Tage lang zu feiern?

Heidi Wimmer: Entstanden ist das Ganze bei einer zugegeben frivolen Autofahrt mit meinem guten Freund Peter Hörburger. Mein anstehendes Jubiläum kam zur Sprache und „Höbs“ meinte, er könne es nicht ausstehen, wenn Leute Versprechungen machen würden, die sie nicht halten. Während der Reise kam dann die Idee auf, eine 50-Stunden-Party zu feiern. Und falls diese zustande kommen würde, gäbe es einen Auftritt der „Vinyl Gold Boys“, denen er auch angehört. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf.

Wie viele Gäste, Freunde und Bekannte feiern mit Ihnen?

Wimmer: Ich war ob der Vielzahl an Anmeldungen überrascht, kann aber leider nicht genau einschränken, wer alles den Weg ins Oberdorf finden wird. Umso schöner war es, das Ganze über die Monate zu planen. Meine Freunde haben mehr oder weniger das Programm verfasst. Musik, Kunst, Lesungen, Yoga, eine Zanzenberg-Wanderung, gemütliches Beisammensein, Kino oder ein für den Engel traditionsgemäßes Preisjassen – natürlich alles im gesetzlichem Rahmen, verteilt über die Dauer von drei Tagen.

Sie sind Ihrer Tante Brigitte Sulzmann als Engel-Wirtin nachgefolgt. Wie viel Einfluss hat Ihre legendäre Vorgängerin noch auf das doch ausgelassene Treiben im Engel?

Wimmer: Ich glaube, wir haben uns gut arrangiert und einen Weg gefunden, den Engel in die Zukunft zu führen. Natürlich habe ich eigene Vorstellungen, die sich vielleicht von den ihrigen unterscheiden. Aber wie heißt ein chinesisches Sprichwort: „Auf einem Berg können nicht gleichzeitig zwei Tiger existieren.“ Im Oberdorf kriegen wir das hin (schumunzelt).

50 Stunden Party zum 50. Geburtstag

„Auch ein Gespräch über die Faszination für Salatgurken kann höchst interessant werden“

Heidi Wimmer, Engel Dornbirn

Wann haben Sie sich für den Engel entschieden?

Wimmer: Ich bin seit meinem 21. Lebensjahr im Engel tätig. Und ich wollte ihn nicht sterben lassen. Trotzdem war mein Weg in die Gastronomie keineswegs vorgezeichnet, im Gegenteil. Was mich aber immer fasziniert hat, war die Arbeit mit Menschen. Und die persönlichen Realitäten, die jeder von uns konstruiert. Ich liebe es, mit jemandem zu sprechen, der für etwas brennt. Und so kann auch ein Gespräch über die Faszination für Salatgurken höchst interessant werden. Ich glaube, ich habe gelernt, gewisse Dinge aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen.

Und auch die Haarfarbe scheint ein traditionelles Merkmal der Engel-Betreiberinnen zu sein.

Wimmer: Die rote Haarfarbe ist generell in unserer Familie stark vertreten und beliebt. Und böse Zungen behaupten, dass ich schon als Kind rote Haare hatte. Von Natur aus.

Im Engel trifft der Motorradrocker auf den Nestroy-Preisträger und der Kehlegger Forstfacharbeiter auf den Dornbirner Bankexperten – was macht das Lokal so besonders?

Wimmer: Der Engel war immer schon ein Ort der Vielfalt und der Begegnung. Das Publikum hat sich aber sicher auch über die Jahre verändert. Als Wirtin bekomme ich das gar nicht so mit. Ich kann nur sagen, dass ich die Mischung immer als sehr spannend und bereichernd finde. Denn am Engel-Stammtisch treffen vielleicht auch gerade deswegen die unterschiedlichsten Charaktere und Meinungen aufeinander.

50 Stunden Party zum 50. Geburtstag
Im Interview spricht die beliebte Gastronomin über ihr Jubiläum, das standesgemäß gefeiert wird.

Naturgemäß kommt es aber gerade in solchen Situationen auch zu Reibereien, gerade wenn jemand zu tief ins Glas schaut. Wieso braucht die Engel-Wirtin keine Security, wenn es zu Konflikten kommt?

Wimmer: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. So auch bei uns. Meine Gäste wissen aber, dass der Engel ein Ort der Freiheit ist und bleibt und man sagen darf, was man denkt. Solange der Umgang respektvoll bleibt. Ich glaube, die Leute spüren ziemlich schnell, wie weit sie bei mir gehen können. Natürlich gibt es ab und zu Situationen, aber meistens regelt sich das schnell. Ich habe gelernt, eine klare Linie zu fahren. Das Publikum merkt, dass wir eine bestimmte Atmosphäre im Engel bewahren.

Du bist Pädagogin, angehende Paartherapeutin, Sozialarbeiterin, Gastronomin, Kunst- und Kulturschaffende und auch Autorin. Wann hast du gelernt, dann zahlreichen Facetten zu entfalten?

Wimmer: Relativ spät. Ich muss gestehen, dass ich lange einem vielleicht falschen Ideal nachgelaufen bin. Erst mit 40 Jahren habe ich gelernt, mehr auf mich selbst zu hören. Das kann ich auch nur jeder Frau empfehlen. Es ist nie zu spät, seine Träume zu verfolgen und sich selbst zu verwirklichen. Arbeiten ist für mich eine Form der Selbstverwirklichung. Ich liebe, was ich tue, ob in der Bar, im sozialen Bereich oder in der Psychotherapie.

Diese Linie ist auch deutlich im Engel erkennbar.

Wimmer: Ich glaube, dass der Engel immer schon ein Ort war, der für Überraschungen gesorgt hat. Und auch wenn ein Punk-Rock-Konzert von Batman and the Mighty Antiheroes schon lautstärkemäßig ans Limit geht – im Engel herrscht absolute kulturelle Vielfalt – Pogo trifft auf Poesie oder Jass auf Jazz.

50 Stunden Party zum 50. Geburtstag

„Im Engel herrscht absolute kulturelle Vielfalt – Pogo trifft auf Poesie oder Jass auf Jazz.“

Heidi Wimmer, Engel Dornbirn

Wie geht es Heidi Wimmer und der Männerwelt?

Wimmer: Nach dem Ende meiner Ehe habe ich zu mir selbst gefunden. Und diesbezüglich eine gewisse Gelassenheit entwickelt. Ich habe hier aber nicht das Gefühl, dass ich etwas erzwingen brauche. Und das kann man auch nicht. Ich lasse diesbezüglich die Dinge auf mich zukommen. Und außerdem habe ich genügend „Babys“ in meinem Lokal (schmunzelt).

Was rät die 50-jährige Heidi Wimmer der 25-jährigen?

Wimmer: Ich glaube, ich würde ihr raten, einfach weiterzumachen wie bisher. Wenn ich zurückblicke, bereue ich nichts. Natürlich hat alles seine Zeit. Ich war ziemlich wild bis 25 und wurde dann ruhiger, bevor ich dann erneut durchgestartet bin. Egal was man tut, ich habe hier für mich einen Leitspruch gefunden. Ich vertraue auf mein Bauchgefühl, bin aber nach der Entscheidung mit ganzem Herzen dabei: „Half sure but whole hearted“

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