Café Feurstein: Nächstes Kapitel im Streit um Denkmalschutz

Das Café Feurstein in Feldkirch steht möglicherweise kurz davor, endgültig unter Denkmalschutz gestellt zu werden. Ein neues Gutachten bestätigt seine besondere Bedeutung – und widerlegt Zweifel der Stadt. Jetzt ist das Gericht am Zug.
Die Unterschutzstellung des traditionsreichen Café Feurstein in der Feldkircher Altstadt schien im Frühjahr 2023 schon fast besiegelt. Nachdem der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde der städtischen Liegenschaftsverwaltung abgewiesen hatte, blieb nur noch der Weg einer außerordentlichen Revision. Doch ein altes Foto brachte die Wende. Auf einer Postkarte aus dem Jahr 1953 war die Einrichtung des Cafés erstmals ohne die roten Kunstlederbezüge zu sehen, die in einem Gutachten des Bundesdenkmalamtes (BDA) als typisch für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet worden waren. Die Stadt Feldkirch erwirkte daraufhin die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Bestellung eines neuen Gerichtssachverständigen.
Dieser untersuchte nicht nur das Café Feurstein, sondern führte auch umfangreiche Archivrecherchen durch. Sein Ergebnis dürfte der Liegenschaftsverwaltung und einigen politischen Vertretern der Stadt nicht gefallen. Denn das neue Gutachten bestätigt noch deutlicher als das erste, dass das Café Feurstein trotz kleinerer Veränderungen ein schützenswertes Denkmal der österreichischen Nachkriegskultur ist.

Einzigartiges Kaffeehaus
Das Feurstein, in den 1930er-Jahren zunächst als Konditorei eröffnet und Ende der 1940er-Jahre zum Kaffeehaus erweitert, gilt seit jeher als beliebter Treffpunkt in Feldkirch. Das Lokal sei „mittlerweile in seinem Bestand singulär“, schreibt der Gutachter in seinem gut 50-seitigen Gutachten, in das die NEUE Einsicht nehmen durfte.
Das Café Feurstein wurde zu einer Zeit eröffnet, als viele gastronomische Einrichtungen in der Stadt für die Bevölkerung nicht zugänglich waren. Im Gegensatz zu anderen Kaffeehäusern, wie etwa dem Café Dünser (heute Zanona), das später stark verändert wurde, ist die Einrichtung des Café Feurstein laut dem Gutachten weitgehend original erhalten. Kleinere Veränderungen wie der Austausch der Stühle und Sitzbezüge durch rotes Kunstleder – wohl nach den ersten Jahren der intensiven Nutzung – „verringern die historische Wertigkeit der Ausstattung in ihrer Gesamtheit nicht“, stellt der Gutachter klar

Architekt plante auch Staatskanzlei in Saarbrücken
Die künstlerische Bedeutung des Kaffeehauses, so der Gutachter, liege vor allem in der sorgfältigen Gestaltung des Interieurs. „Die Formensprache der Sitzmöbel, Tische und Leuchten spiegelt die bürgerliche Wohnkultur der Nachkriegszeit wider und stellt damit ein Stück österreichischer Alltagsgeschichte dar“, heißt es im Gutachten. Als „bemerkenswert“ bezeichnet der Experte die Tatsache, dass 1949 ein Architekt mit der Gestaltung des Kaffeehauses beauftragt wurde – und das trotz der bescheidenen Größe des Projekts, der damaligen wirtschaftlichen Zwänge und der Lage in einer Stadt mit damals 15.000 Einwohnern. Die Inneneinrichtung entwarf der deutsche Architekt Friedrich Ahammer, der später unter anderem die Staatskanzlei in Saarbrücken plante – ein Gebäude, das heute ebenfalls unter Denkmalschutz steht.

Denkmalschützerin erfreut
Für Barbara Keiler, Leiterin der Vorarlberger Abteilung des Bundesdenkmalamtes, ist das Gutachten ein Grund zur Freude. „Es bestätigt unsere Meinung in allen Punkten.“ Der Gutachter habe sehr gründlich recherchiert, manches sei auch für sie neu gewesen. Keiler hofft nun auf eine baldige gerichtliche Entscheidung.
Frage der Ortsgebundenheit
Finanzstadtrat Benedikt König (ÖVP), selbst Jurist, weist einmal mehr darauf hin, dass die Stadt nicht grundsätzlich gegen die Unterschutzstellung des Kaffeehausinventars sei. Es gehe nur um die Frage, ob eine ortsgebundene Unterschutzstellung notwendig sei, also ob das Inventar auch an einem anderen Ort untergebracht werden könnte. Die Antwort auf diese Frage könne er dem neuen Gutachten nicht entnehmen, so König.

Das kommt nicht von ungefähr, denn ein Blick in das Gutachten zeigt, dass diese Frage für das Bundesverwaltungsgericht offenbar gar nicht relevant ist. Der Gutachter hatte im Auftrag der Justiz lediglich darzulegen, ob das Kaffeehausinventar von geschichtlicher, kultureller und künstlerischer Bedeutung ist, welche Veränderungen vorgenommen wurden und wie sich diese auf eine allfällige Bedeutung auswirken, sowie welchen Stellenwert das Café Feurstein in einem regionalen bzw. österreichweiten Vergleich aufweist.
Für Stadtrat König steht jedoch fest: „Das Gericht wird sich damit auseinandersetzen müssen, ob es auf Basis dieses Gutachtens die Frage der Ortsüblichkeit am derzeitigen Standort bejahen oder verneinen kann“.
Der seit 2020 andauernde Rechtsstreit könnte also weitergehen. Ob die Stadt eine mögliche Bestätigung des Denkmalschutzes tatsächlich anfechten wird, ließ König auf Nachfrage offen, verwies aber auf die Bedeutung der Rechtssicherheit.
Chronologie
20. März 1937
Arthur Feurstein, der Vater des späteren Betreibers Klaus Feurstein, eröffnet eine Konditorei in der Schlossergasse 1 in Feldkirch.

1941
Vorübergehende Schließung aufgrund des Zweiten Weltkriegs.
15. Oktober 1949
Eröffnung des erweiterten Konditorei-Cafés.

1960er-Jahre
Verschiedene Renovierungsmaßnahmen, darunter Änderungen am Interieur und teilweiser Austausch des Mobiliars.
1978
Klaus Feurstein, Sohn des Gründers Arthur Feurstein, übernimmt das Café und eröffnet den Stone Club

31. Dezember 2019
Das Café Feurstein und der Stone Club werden geschlossen. Klaus Feurstein geht in Pension.
September 2020
Nachdem das Amt der Stadt Feldkirch Feurstein aufforderte, das Kaffeehaus´ unverzüglich zu räumen, stellt das Bundesdenkmalamt das Inventar wegen Gefahr im Verzug unter Denkmalschutz. Der Rechtsstreit beginnt. Im Amt der Stadt Feldkirch befürchtet man eine Nutzungseinschränkung der im Eigentum der Stadt befindlichen Liegenschaft

3. Dezember 2020
Der langjährige Kaffeehausbetreiber Klaus Feurstein stirbt.
Juni 2022
Das Café Feurstein wird nach einer umfassenden Sanierung wiedereröffnet.
Juni 2022
Das Café Feurstein wird nach einer umfassenden Sanierung wiedereröffnet.