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Warum sich die Bio-Fernwärme in Lustenau verzögert

28.11.2024 • 17:22 Uhr
Warum sich die Bio-Fernwärme in Lustenau verzögert
Kelag Energie & Wärme Bio-Fernwärme bei der Pressekonferenz in Lustenau.

Genehmigungsverfahren für die Flächenwidmung haben sich laut Bürgermeister Kurt Fischer “extrem lang hinausgezogen” – Baubeginn im Frühjahr 2025 und Inbetriebnahme im Herbst.

Bei Großprojekten in Vorarlberg gehört es seit Jahren zum guten Ton, dass Projektwerber teils erhebliche zeitliche Verzögerungen in Zusammenhang mit den notwendigen Behördenverfahren verdauen müssen, was ihre Projekte in der Regel nicht kostengünstiger und den Wirtschaftsstandort nicht attraktiver macht. Das gilt selbst für Projekte, die hinsichtlich der von der Politik selbst ausgerufenen Notwendigkeit einer Energiewende in Vorarlberg eine Schlüsselrolle spielen.

Konkret hat es jetzt nämlich auch ein Projekt eines Tochterunternehmens des Kärntner Landesenergieversorgers Kelag getroffen, das wie berichtet in Lustenau ein millionenschweres Bio-Fernwärme-Netz inklusive Heizwerk errichten möchte. Die Firma Kelag Energie & Wärme gilt in Österreich als eines der erfahrensten Unternehmen im Bereich Nah- und Fernwärmeanlagen auf Basis von Biomasse. Insgesamt betreibt das Unternehmen im Bundesgebiet 85 Fernwärmenetze samt Heizwerk, eines unter anderem auch in Lauterach.

Zwei Jahre Verspätung

Beim geplanten Projekt in Lustenau verschiebt sich der vorgesehene Betriebsbeginn des Fernwärme-Heizwerkes um zwei Jahre auf Herbst 2026, nachdem bei der Projektpräsentation im Mai 2022 noch von Herbst 2024 die Rede war. Entsprechende Informationen finden sich auch auf einer Informationsseite der Marktgemeinde Lustenau. Zudem wurde der Herbst 2026 als Starttermin für die Wärmelieferungen auch bei einer kürzlich durchgeführten Informationsveranstaltung genannt.

28 Millionen Euro-Investition

Markus Kohlegger, Vertriebsleiter der Kelag Energie & Wärme für Tirol und Vorarlberg, bestätigte auf wpa-Anfrage die zeitliche Verzögerung um zwei Jahre. Mittlerweile habe man alle notwendigen Verfahren abgeschlossen und erwarte den Baubescheid in diesen Tagen. Der gewerberechtliche Bescheid liege bereits vor. Die Bauarbeiten am Standort des Heizwerkes im Betriebsgebiet Heitere (Glaserweg) sollen spätestens im zweiten Quartal 2025 starten. Das Investitionsvolumen für Heizwerk und das 17 Kilometer lange Leitungsnetz belaufe sich auf rund 28 Millionen Euro.

Flächenwidmung und Ausschreibung des Anschlusses der öffentlichen Gebäude

Befragt nach den maßgeblichen Ursachen für die zweijährige Verzögerung sagte Kohlegger, dass dies einerseits auf viele zu klärende Fragen im Bereich der Flächenwidmung zurückzuführen sei. Dieses Verfahren habe deutlich länger gedauert als ursprünglich erwartet. Zudem habe die Gemeindevertretung noch einmal einen Beschluss fassen müssen, da sich zwischenzeitlich eine Gesetzesänderung bezüglich der Digitalisierungsnovelle ergeben habe. Andererseits habe sich herausgestellt, dass der geplante Anschluss aller an der Trasse liegenden Gemeindegebäude gemäß Bundesvergabegesetz einer Ausschreibung bedurfte. Insofern habe man auch noch diese Ausschreibung abwarten müssen. “In Summe waren es allerdings mehrere Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass wir später starten können.”

Über 100 Abnehmer bereits unterschrieben

Mittlerweile habe man jedoch bereits mehr als 100 Kundinnen und Kunden unter Vertrag, die sich an das neue Bio-Fernwärmenetz in Lustenau anschließen lassen möchten. Nach der zweijährigen Verzögerung sei man nun froh, dass man der Kundschaft endlich einen klaren Zeitplan mitteilen könne und die Zeit der Vertröstungen vorbei sei, so Kohlegger.

“Extrem lang hinausgezogen”

Der bei der Präsentation im Frühjahr 2022 anwesende Lustenauer Bürgermeister Kurt Fischer erklärte auf wpa-Anfrage, dass ein sehr aufwändiges Verfahren für dieses Projekt notwendig gewesen sei. Das hänge nicht zuletzt mit dem Umstand zusammen, dass man hier im Bereich von gewidmeten Freiflächen und der Landesgrünzone unterwegs sei. “Das mit der Landesraumplanung war ein intensiver Prozess, das hat sich extrem lang hinausgezogen.” Er lobte die “professionelle Zusammenarbeit” mit dem Projektwerber Kelag und freue sich, dass es jetzt grünes Licht für dieses wichtige Projekt für die Energiewende in Vorarlberg gebe.

Drei Millionen Euro investiert

Der Rohstoff für das Heizwerk, also das Holz-Hackgut, wird bei der Bio-Fernwärme Lustenau vom unter anderem in der Holzwirtschaft tätigen Lustenauer Unternehmen Rauch LFL GmbH des geschäftsführenden Gesellschafters Kurt Rauch geliefert werden. Dafür wurde eine exklusive Zusammenarbeit mit der Kelag Energie & Wärme vereinbart. Das zukünftige Heizwerk befindet sich in direkter Nachbarschaft des Rauch-Standortes. Kurt Rauch wird für die Vergrößerung seiner Lager- und Manipulationsflächen und für eine neue Aufbereitungsanlage noch einmal annähernd drei Millionen Euro investieren, wie er im wpa-Gespräch erklärte. Diese Arbeiten sollen schon im Frühjahr 2025 abgeschlossen sein.

Planung und Gutachten für rund 200.000 Euro

Die Verzögerungen hat der zukünftige Betriebsleiter Kurt Rauch aus erster Hand mitbekommen, wenngleich er sie etwas relativiert: “Im Endeffekt war der ursprüngliche Zeitplan vielleicht etwas zu sportlich, zumal der neue Betrieb ja auch auf einer ehemaligen Deponie stehen wird und auch noch ein Grundstücksdeal dazu kam. Aber ein Jahr haben wir aufgrund der umfangreichen behördlichen Verfahren auf jeden Fall verloren.” Und er beginnt mit den Aufzählungen: “Verkehrsgutachten, Grünraumgutachten, Lärmgutachten und Bodengutachten nahmen sehr viel Zeit in Anspruch.” Er schätzt, dass die Kosten allein für Planung und Gutachten für das Gesamtprojekt bei etwa 200.000 Euro liegen werden.

Raumplanung strenger als Naturschutz

Als bemerkenswert bezeichnet Rauch die im Flächenwidmungsverfahren aufgetretenen unterschiedlichen Ansichten im naturschutzrechtlichen Gutachten und in der Abteilung Raumplanung im Landhaus in Bregenz. So habe der Naturschutz einen Abstand aller baulichen Objekte (inklusive befestigte Plätze) zum nahegelegenen öffentlichen Gewässer von zehn Meter gefordert. Die Abteilung Raumplanung wollte unterdessen deutlich mehr, nämlich 15 Meter Abstand, und habe sich damit durchgesetzt. “Wir mussten in vielen Bereichen nachgeben, sonst wäre das Projekt nicht zustande gekommen”, so Rauch.

wpa/red.