Prozess um Vergewaltigung: Stellte die Tante des Opfers Kondome bereit?

Gruppensex: Die damals 16-Jährige erhebt schwere Vorwürfe gegen ihre Tante, welche ihre angeblichen Vergewaltiger unterstützt haben soll. Der Prozess endete am Freitag mit einem ersten Urteil.
Von den Vorwürfen des Beitrags zur mehrfachen Vergewaltigung und der versuchten Nötigung wurde die Unbescholtene und von Andrea Concin verteidigte Angeklagte am Freitag in einem Schöffenprozess am Landesgericht Feldkirch im Zweifel freigesprochen. Das Urteil des Schöffensenats unter dem Vorsitz von Richterin Silke Wurzinger ist nicht rechtskräftig. Denn der Staatsanwalt nahm drei Tage Bedenkzeit in Anspruch.
Angeklagt waren Beiträge zur mehrfachen Vergewaltigung, durch die das Opfer schwer traumatisiert wurde. Der erhöhte Strafrahmen hätte 5 bis 15 Jahre Gefängnis betragen.
Zum Gruppensex gezwungen?
Am 18. März 2018 lud die damals 23-jährige Angeklagte aus dem Bezirk Feldkirch einen ihr von einer Datingplattform her bekannten Schweizer in ihre Wohnung ein. Der Schweizer brachte einen Schweizer Landsmann mit. In der Wohnung kam es zu Gruppensex. Die geschiedene Angeklagte hatte auf ihrem Bett abwechselnd Sex mit den beiden Schweizern.
Die damals 16-jährige Nichte der Angeklagten sagt, sie sei von den beiden Schweizer vergewaltigt worden. Ihre Tante habe das mitbekommen und nichts dagegen unternommen. Die Schwester ihrer Mutter habe zu ihr gesagt, sie solle sich nicht so anstellen und nicht so blöd tun. Zudem habe sie den Vergewaltigern Kondome zur Verfügung gestellt.
Der Schöffensenat ging davon aus, dass sich die 16-Jährige vergewaltigt fühlte. Es sei aber fraglich, ob sie das deutlich artikuliert habe und ob die Angeklagte daher die behaupteten Vergewaltigungen mitbekommen habe. Zudem könne nicht festgestellt werden, dass die Angeklagte einen Tatvorsatz gehabt habe, so Richterin Wurzinger.
Nichte fordert 80.000 Euro von Tante
Die beiden angeblichen Vergewaltiger aus der Schweiz konnten nicht ausgeforscht werden. Das mutmaßliche Opfer forderte von der angeklagten Tante vergeblich 80.000 Euro an Teilschmerzengeld und die Haftung für allfällige künftige Schäden.
Das Strafverfahren begann damit, dass die nunmehrige Angeklagte im Jänner 2022 ihre Schwester wegen falscher Vergewaltigungsvorwürfe anzeigte.
Die Staatsanwaltschaft Feldkirch erhob zunächst nur Anklage wegen Unterlassung der Verhinderung einer Straftat gegen die Angeklagte. Das Oberlandesgericht Innsbruck bestätigte dann das Unzuständigkeitsurteil der Einzelrichterin des Landesgerichts von 2023. Daraufhin musste die Staatsanwaltschaft gegen ihren Willen die nunmehrige Anklageschrift einbringen.