Wein, Pralinen und ganz viel liebe Gedanken

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.
Wenn die Tage kürzer werden, die Nächte länger und die Temperaturen niedriger, sammeln sich in meiner Familie die Geburtstage, der Nikolaus will kommen und Weihnachten steht bald vor der Tür. Eine beachtliche Sammlung an Geschenken ist also zu organisieren – und da beginnt das Dilemma. Unsereins will ja nicht einfach profan zu einer Weinflasche und Pralinen greifen, nein! Selbstverständlich soll es etwas Besonderes sein, genau auf den Charakter und die kleinen Bedürfnisse des zu Beschenkenden abgestimmt. Durch das Überreichen der Geburtstagsgabe soll sich der Mensch nämlich auch wertgeschätzt fühlen und spüren, dass ich mir wirklich etwas ganz Spezielles für ihn überlegt habe. So zumindest mein ehrenhafter Gedankengang. Doch meine Phantasie macht mir einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. WAS? Was um Himmels-Herrschaftszeiten-Willen soll ich denn schenken?
Mir fällt nichts ein. Also denke ich mir, dass ein Besuch in diversen Kaufhäusern mich inspirieren könnte. Doch nach stundenlangem Durchforsten sämtlicher Shoppingmöglichkeiten in der Umgebung stehe ich schließlich frustriert vor Kaffeetassen mit Sprüchen und frage mich, was eigentlich mit mir los ist. Während des Jahres sausen mir doch immer wieder die grandiosesten Ideen durch den Kopf! „Yes, DAS werde ich meiner Schwester schenken! Woha, das ist eine tolle Idee für Mama! Krass, meine Tochter wird das lieben – das besorge ich im November!“ Und dann? Dann ist es so weit, und ich habe absolut keine Ahnung mehr, was ich damals hätte organisieren wollen. Denn ich bin nämlich nicht so klug, das Geschenk im Moment der Eingebung gleich zu kaufen und bis zum Anlass zu lagern – oder mir zumindest eine kleine Notiz zu machen. Stattdessen kann ich nur über mich selbst die Augen rollen und den Kopf schütteln.
Es ist ja nicht so, als hätte ich dieses Problem der Einfallslosigkeit nicht schon seit Jahrzehnten. Aber warum lerne ich nichts daraus? Weil mein Gehirn mir vorgaukelt, dass ich mir diesmal, also wirklich diesmal, ganz ehrlich merken werde, was ich im Mai für einen genialen Einfall hatte, um diesen dann im November komplikationslos umzusetzen. Mein Gehirn ist ein Blender.
Und so stehe ich da – weil ich keine Kaffeetasse kaufen will – und überlege, welcher Wein wohl am besten den Geschmack der zu Beschenkenden trifft. Außerdem habe ich irgendwo um die Ecke einen kleinen, feinen Pralinenladen gesehen. Das nächste Mal werde ich mir meine tollen Geschenkideen sofort notieren. Außer natürlich, ich merke sie mir.
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.