Zweiter Advent und noch kein bisschen Stimmung

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.
Es mag bei mir keine Stimmung aufkommen. Die Weihnachtsdeko hinkt hintennach – das heißt, im Salmi-Haushalt ist weder Keksduft noch Lichterdeko zu finden. Mitte der Woche hat es endlich der Adventkranz auf den Küchentisch geschafft und meine Kids haben erst am 2. Dezember einen Adventkalender (zum halben Preis!) bekommen. Zumindest konnten sie sofort zwei Türchen aufmachen. Würde nicht „Last Christmas“ in Dauerschleife aus dem Radio tönen und draußen nicht noch dreckig schwarze Resthäufchen vom letzten Schneefall liegen, mir würde nicht auffallen, dass wir Dezember haben und jetzt gefälligst etwas „Jingle Bells“ in Salmis Bude eintreffen sollte. Es hilft mir nicht einmal der tägliche Einkaufsgang für die immer wieder zu wenig gekauften Liter Milch. Obwohl die Kaufhäuser glitzern und funkeln, Lebkuchenherzen im Dauerangebot sind und Mariah Carey mir ins Ohr flötet, dass alles was sie zu Weihnachten möchte, ich sei.
„All I Want for Chrismas Is You“, trällert übrigens auch der junge Mann neben mir, während er zu seinem neu gekauften Deo noch eine Flasche Sekt in den Einkaufswagen legt. Schön, da tanzt jemand verliebt dem Weihnachtsabend entgegen. Davon sollte ich mich anstecken lassen. Es bleibt beim Versuch. Am Abend daheim bedufte ich die Wohnung zumindest einmal mit ein wenig Weihrauch und zünde ein paar Kerzen an. Jetzt aber! Ich fühle es, da kommt was. Ein kleiner Hauch von lamettaglitzerndem Hintergedanken, wie ein kleiner Funke ist er da und wartet darauf, endlich angefeuert zu werden.
Weihnachtsfilm! Ein Weihnachtsfilm muss her! Die Streamingdienste bieten derzeit Romantik unterm Christbaum in Hülle und Fülle. Da kann einfach nichts schiefgehen. Eine halbe Stunde zappe ich mich durch sämtliche Trailer mit Weihnachtsmannhauben-bezipfelten Protagonisten. Schlussendlich lande ich bei einem Film, in dem die Helden gegen Außerirdische kämpfen und diese recht blutrünstig zergatschen. Eher keine weihnachtliche Storyline.
Ich frage mich, ob ich mir selbst einfach schon im Vorfeld etwas schenken soll? Einen Wäschetrockner zum Beispiel. Ein massiver Schwund der Teenie-Schmutzwäsche würde mich jedenfalls in Stimmung bringen. Aber besonders romantisch ist das auch wieder nicht. Ich könnte den Trockner ja mit Christbaumkugeln … Ach, lassen wir das.
Jedenfalls zünde ich heute die zweite Kerze an. Dann gehe ich auf den Dachboden, krame alles an Lichterketten hervor, was ich finden kann. Es wird schon werden. Es wird schon werden. „Jingle bells! Jingle bells! Jingle all the way.“
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.