Ein Objekt des Brutalismus macht Neuem Platz

In Rankweil wird dieser Tage die alte Raiffeisenbank abgerissen: Ein Objekt des Brutalismus von Much Untertrifaller Senior. Jetzt kommt ein Monolith.
Von Kurt Bereuter
Nachdem das größere Zentrumsprojekt in Rankweil nach Bürgerprotesten um den geplanten Eurospar verworfen wurde und neu geplant wird, beschloss die Raiffeisenbank Montfort, ihren geplanten Neubau allein durchzuziehen. Vorläufig ist die Bank vis-à-vis in das ehemalige Burgcafé übersiedelt, bis der Neubau im Herbst 2026 fertig sein wird.
Brutalismus als Architekturstil
Das Gebäude der alten Bank stammt aus den 70er-Jahren und ist im Stil des Brutalismus erbaut worden, so wie einige andere Gebäude im Land aus dieser Zeit. Eines davon ist die Mittelschule Mittelweiherburg in Hard, das durch Architekt Gerhard Gruber nach eigenen Angaben „nur fertiggebaut“ wurde, nachdem klar war, dass sich das Schulhaus problemlos an die aktuellen Anforderungen anpassen ließ, so der Schuldirektor im selben Beitrag zum Umbau. Der Brutalismus ist eine architektonische Stilrichtung zwischen den 1960er-Jahren und den beginnenden 1980er-Jahren. Er zeichnet sich dadurch aus, dass viel Beton zum Einsatz kam und auch sichtbar belassen wurde. Die geometrischen Formen waren einfach und sollten die Konstruktion betonen. Diese Objekte wurden immer wieder als Betonmonster bezeichnet, was auch für die ehemalige Raiffeisenbank Rankweil gelten hätte können. Der Begriff kam nicht zuletzt aus dem Französischen und bezog sich auf „béton brut“, also auf rohen Beton und die Verwendung von massiven Beton- oder Steinelementen, was diesem Stil eine Ehrlichkeit durch Sichtbarkeit des Baumaterials unterstellen sollte. Ob dieser Stil gefällt oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Viele Rankweiler fanden an diesem Gebäude im Zentrum keinen Gefallen. Ob ein Abriss nötig war, erklärt sich möglicherweise unter anderem an der Notwendigkeit einer Tiefgarage und geänderten Anforderungen an das Bankengeschäft und die Zentrumsplanung sowie die Kos-
tensituation.
Kultur des Abreißens
Der streitbare Rankweiler Architekt Andreas Postner vermisst in diesem Projekt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien, wie sie heute gefordert wären. Dieses Projekt hätte man laut Postner auch nachhaltiger umsetzen können, viel Grauenergie vermeiden können, in dem das Bestehende als „Gerüst“ erhalten geblieben wäre. Also Betonsubstanz erhalten und um- oder weiterbauen und sanieren. Idealerweise hätte man einen Wettbewerb mit diesen Nachhaltigkeitskriterien im Vordergrund ausgeschrieben. Die Tiefgarage hätte mit einer verkehrstechnischen Neuplanung im Zentrum eingespart und das Zentrum verkehrsberuhigt werden können. Auch dem Neubau kann Architekt Postner nicht viel abgewinnen.

Der Neubau und sein Stil
Das Nachfolgeobjekt, geplant von den Architekten Fischer/Schmiederer aus Feldkirch, wird eine Tiefgarage erhalten, die auf die bestehende Tiefgarage beim Vinomnacenter und die möglicherweise neue Tiefgarage in Richtung Bahnhof Rücksicht nehmen wird, also dort „angehängt“ werden könnte. Das oberirdische Gebäude ist als Monolith und wird mit 50 Zentimeter breiten Ziegeln gemauert und erhält einen Kalkputz – also ohne aufgeklebte Wärmedämmfassade, was der Nachhaltigkeit und der Ökologie geschuldet sei. In das Blechdach werden PV-Elemente bündig eingebaut und sorgen für grüne Energie. Holz kommt dann im Inneren zum Einsatz. Das Gebäude mit einer Nutzfläche von 2000 Quadratmetern, wird zur Gänze von der Bank genützt werden.
Neu bauen oder weiter bauen
Derweil wird das brutalistische Objekt von Much Untertrifaller abgerissen und macht wohl über die Weihnachtstage Pause. Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Material- und Energieverbrauchs gibt es einen Grundsatz: „Je länger ein Gebäude lebt, desto ökologischer ist es.“ Was nicht heißen soll, dass energetische Sanierungen in jedem Fall abzulehnen sind, aber jeweils mit Bedacht und Augenmaß und unter Beachtung des Bestehenden. Sonst kann es leicht passieren, dass die Grauenergie, die durch den Abriss und den Neubau aufgewendet werden muss, der Weiternutzung eines bestehenden Gebäudes für mehrere Jahrzehnte gleichkommt, wie das Institut für Baukultur in Berlin errechnete. Vor allem bei Betongebäuden des Brutalismus. Ob das neue Gebäude gefällt, bleibt abzuwarten, ein langes Leben ist ihm im Sinne der Ökologie gewünscht.