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Heidi und der Fasching – ein Hilferuf

09.03.2025 • 12:00 Uhr
Neue Kopfkino Salmhofer Kolumne

Ich bin kein Faschingsmensch. Die Ursachen dafür liegen tief in meiner Kindheit verwurzelt – ihre Aufarbeitung würde wohl einer langjährigen Therapie bedürfen, um diese „Absonderheit“ zu heilen.

Von Heidi Salmhofer
neue-redaktion@neue.at

Nur kurz angedeutet: In den Ortschaften, in denen ich meine frühen Kinderjahre verbrachte – jene prägenden Jahre, in denen sich Urvertrauen und die Stabilität von Bräuchen und kulturellen Eigenheiten manifestieren –, gab es schlichtweg keine Faschingstradition. Zudem musste ich im Kindergarten, mangels Kostümauswahl, statt einer Prinzessin als Till Eulenspiegel erscheinen. Das dabei entstandene Foto spricht Bände – mein Lächeln für die Kamera glich eher einem Zähnefletschen. (Rückblickend betrachtet, sah ich grandios aus. Ich glaube, es gab weltweit kaum einen süßeren Till Eulenspiegel. Doch der fünfjährigen Heidi war das herzlich „wurscht“. Sie hätte sich lieber zwischen den 15 Prinzessinnen mit Sternenstab und Krönchen eingereiht und auf Individualität verzichtet.)

Meinen ersten Faschingsumzug erlebte ich in Bludenz – als Ungeziefer verkleidet. Noch nicht allzu lange im Lande, wurde mir eingeredet, wie „luschtig“ es sei, mit einem riesigen Pappmaché-Kopf im Schnee hinter einem Traktor herzumarschieren. Gesehen habe ich damals nichts. Die Augen meines Ungezieferkopfes waren kaum mehr als ein Guckloch. Vom Faschingsumzug blieb mir bestenfalls der Kakerlakenhinterkopf meines Vormarschierenden in Erinnerung. Das war’s.

Dieses Verkleidungszeremoniell war mir als Kind aber ohnehin sehr befremdlich. Da gab es Cowboys, Könige, Hasen, Nonnen und Co. – aber niemand verinnerlichte sein Kostüm. Der Cowboy blieb Franz Herbert aus dem Nachbarhaus, und der Hase sprach einwandfreies Montafonerisch mit leicht lallender Tendenz. Ich habe das als Kind nie verstanden. Sich zu verkleiden bedeutete für mich, genau das zu sein, was ich sonst nie sein durfte – mit allen Konsequenzen. Ich war ein seltsames Kind.

Mein letztes „Mäschgala“-Erlebnis hatte ich dann kurz nach Zwanzig. Damals ging ich aus Liebe mit auf einen Faschingsball, verkleidet als Star-Trek-Frau (um möglichst das Schminken zu vermeiden). Das Highlight des Abends? Eine – für uns Frauen enttäuschende – Striptease-Einlage im Keller des Lokals. Das war zu viel des Guten. Mein Faschingstrauma hatte sich manifestiert.

Falls es eine Idee zur schnellen Heilung gibt: Ich habe ein offenes Ohr. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr.

Bis dahin zelebriere ich als Ausgleich die Fastenzeit. Ich halte euch auf dem Laufenden!

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.