Der Arztbesuch – „Dümseln“ statt handeln

Ich mag nicht zum Arzt. Hingegen dem herkömmlichen Glauben, dass Frauen bereitwilliger den Doktor aufgrund von Schmerzhaftigkeiten und anderen unbequemen Körperproblemen aufsuchen, vermeide ich derartige Besuche liebend gerne.
Von Heidi Salmhofer
neue-redaktion@neue.at
Lediglich mein vernunftbegabter Hirnanteil schafft es, meist schon im Ausklang mancher Krankheit, mich dann doch zum Telefon greifen zu lassen, um einen Termin beim Arzt auszumachen. Meinen Menschen rund um mich herum jedoch empfehle ich, weil ich doch weiß, dass es das Klügere ist, möglichst ab und an mit guten Ärzten bei Krankheit oder für Vorsorge ein zuvor terminisiertes Gespräch zu führen. Das macht einfach Sinn. Diese sind tatsächlich aufgrund ihres Studiums, ihrer Weiterbildung und Erfahrung qualifizierter als google.com, um die richtige Behandlung zum ebenso richtigen Zeitpunkt einzuleiten.
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Ganz ehrlich, ich glaube, bei mir ist es einfach die innere Angst, dass da vielleicht, unter Umständen, womöglich einmal etwas Unerfreuliches entdeckt werden könnte. Sprich: Ich habe schon Schiss, bevor überhaupt für irgendetwas ein Verdachtsmoment aufkeimt. Wie beim Fliegen. Ich fürchte mich vor dem Abstürzen, ohne eine gelockerte Schraube am Flügel klappern gehört zu haben. Unnötig, diese Angst, weil sie uns in den Fluchtmodus katapultiert, bevor ein Feind sichtbar ist. Das sollte ich mir abgewöhnen.
Derzeit habe ich seit einer Woche Ohrenschmerzen. Ich vermeine, ich habe den französischen Wind, der um die Steilklippen der Normandie geblasen hat, mittels Ohrenentzündung mit nach Hause genommen, und er mag mich nicht verlassen. Damit meinen Gehörgängen nicht dauerhafter Schaden zukommt, sollte ich zum Arzt. Jetzt “dümsel” – mir fällt kein anderes, passendes lautmalerisches Wort ein – also: Jetzt „dümsel“ ich also von Tag zu Tag und finde immer wieder eine dämliche Ausrede, warum gerade jetzt ein Arztbesuch auf gar keinen Fall notwendig oder gar unmöglich ist, und durchforste abends das Internet, um auf Seiten mit Tumoren, Abszessen und Co. meiner Angst Nahrung zu liefern. Auf gut Deutsch: Ich bin dumm!
Aber immerhin: Ich weiß es. Und das ist – vielleicht – der erste Schritt zur Besserung.
Denn vielleicht geht es gar nicht darum, völlig angstfrei zu sein. Vielleicht geht es eher darum, sich trotz der Angst in Bewegung zu setzen. Die eigenen Horrorvorstellungen in Wartezimmerstühle pressen, Blutdruck messen lassen, sagen: „Ich habe Ohrenschmerzen“, und das Echo abwarten. (Solange ich noch etwas höre…)
Herrgott! Morgen gehe ich zum Doc!
