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Evangeliumkommentar: Tür zum ewigen Leben

14.09.2025 • 11:00 Uhr
Evangeliumkommentar: Tür zum ewigen Leben
Berchtold

In unseren wöchentlichen Evangelienkommentaren geben Geistliche, Religionslehrerinnen, Theologinnen und andere ihre Gedanken zum Sonntagsevangelium weiter. Heute mit Tabea Lenz, katholische Religionslehrerin.

Sonntagsevangelium

Und niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist: der Menschensohn. Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der (an ihn) glaubt, in ihm das ewige Leben hat. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Johannes 3,13-17

Tür zum ewigen Leben

In diesem Evangelium dreht sich alles um die Sendung Jesu. Die Rede von Mose und der erhöhten Schlange bezieht sich auf die erste Lesung dieses Tages (Num. 21,4-9). Dabei gibt Gott den Auftrag an Mose, eine Schlange auf einem Stock zu befestigen, nachdem Gott zuvor eine Schlangenplage geschickt hat. Zu dieser erhöhten Schlange sollen die Israeliten aufblicken, wenn sie von einer solchen gebissen wurden. In dieser Geschichte aus dem Alten Testament nimmt auch die Formulierung, den Menschensohn zu erhöhen, ihren Ursprung. Sie steht also für Jesus am Kreuz, zu dem wir aufblicken sollen. In diesem Aufblicken findet sich im heutigen Fest der Kreuzerhöhung die Vollendung von Jesus irdischem Wirken. Und wenngleich das Wort „Kreuz“ im Evangelium kein einziges Mal genannt wird, so bildet es das Symbol, um das sich diese Bibelstelle dreht.

Auch im täglichen Leben finden sich an den unterschiedlichsten Orten Kreuze. Durch die Selbstverständlichkeit, mit der ich mein Leben lang Kreuzen begegnet bin, habe ich diese oftmals gar nicht wahrgenommen oder gar zu ihnen aufgeblickt. Vor einigen Jahren wandte eine Freundin im Gespräch ein, dass das Kreuz eigentlich ein heftiges Symbol für eine Religion sei, die Hoffnung und Zuversicht verkünden möchte. Dieser Gedanke beschäftigte mich und führte zur Auseinandersetzung mit der Kreuzsymbolik im Christentum, die letztlich ihren Höhepunkt im heutigen Evangelium findet.

Wenngleich der Kreuzestod eine sehr grausame Todesart darstellt, so steht das Kreuz im Christentum für die Überwindung des Todes und damit für den Sieg des Lebens. Gott schickt seinen einzigen Sohn auf die Erde, setzt ihn all den Herausforderungen dieser Welt aus und lässt ihn am vermeintlichen Ende auch auf diese grausame Weise sterben. Doch erst durch Jesus Tod und Auferstehung kommt die eigentliche Bedeutung dieses Ereignisses zum Vorschein und eröffnet mit der von Jesus verkündeten Botschaft ihre umfassende Tragweite. Mit diesem christlichen Verständnis wird also das Kreuz, als derartig unmenschliche Todesart, zum Symbol für die Überwindung des weltlichen Leidens und eröffnet durch den Glauben an Jesus den Horizont für das ewige Leben.

Mittlerweile ist das christliche Kreuz für mich ein sehr ausdrucksstarkes Zeichen für meine Religion, die den Menschen mit der dahinterstehenden Botschaft Hoffnung und Zuversicht geben möchte. Seit dieser Erkenntnis nehme ich die Kreuze in meinem Alltag viel bewusster wahr und schaue mit dem Vertrauen zu ihnen auf, dass Jesus auch für mich diesen qualvollen Tod auf sich genommen hat, um mir die Tür für ein Leben nach dieser Welt zu ermöglichen. Sie erinnert mich daran, dass ich in meinem Glauben getragen bin, was Auftrag und Zuversicht bedeutet. Aufgabe in der Hinsicht, dass ich die vielen Ungerechtigkeiten dieser Welt wahrnehmen und in meinem Ermessen auch zu verändern versuche. Vertrauen dahingehend, dass ich weiß, dass Gott in meinem Leben da ist und nach meinem Tod die Liebe Gottes weiterhin auf mich wartet.

Tabea Lenz
Tabea Lenz ist katholische Religionslehrerin.