Saturn – ein „Wow-Objekt“ verliert seine Ringe?

Herr der Ringe wird er genannt. Er ist ein wahrer „Hingucker“ für Teleskopbeobachter. Zurzeit schauen wir fast auf die Kante der Saturnringe – ein ungewohntes Bild.
Von Robert Seeberger
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Teleskopbeobachtungen eröffnen neue, fantastische Welten. Galilei standen ab 1610 die ersten einfachen Linsenfernrohre zur Verfügung. Seine Entdeckungen, wie die Jupitermonde und die Sonnenflecken gingen in die Geschichte der Astronomie ein. Bei Saturn stellte er eigenartiges fest. An seinen Zeitgenossen Johannes Kepler schrieb er, dass er Saturn „dreifach“ beobachtet habe. Zeitweise sah er eine langgezogene Form ähnlich einer Olive und dann wieder drei Kügelchen nebeneinander. Zur Interpretation des merkwürdigen Anblicks benötigt man eine mindestens 30- bis 40fache Vergrößerung. Da wird die Kugel des Saturn sichtbar, die von einem Ring umgeben ist.
Heute erreicht jedes einfache Amateurfernrohr deutlich stärkere Vergrößerungen. So zählt Saturn immer zu den „Wow-Objekten“ bei Beobachtungsabenden. Während ein Stern auch bei starker Vergrößerung punktförmig bleibt und Galaxien und nebelförmige Objekte oft sehr lichtschwach sind, entlockt der Teleskopblick zu Saturn, dem Mond und zu Kometen stets ein erfreutes „Wow ist das schön“.
Ein Blick ins Ringsystem
Seit heute Sonntag sind die Uhren wieder auf Normalzeit zurückgestellt und es ist daher um 19 Uhr für Himmelsbeobachtungen dunkel genug. Der Saturn steht um diese Zeit 27 Grad über dem Südost-Horizont. Er ist mit 0,9 Magnituden das hellste Objekt in dieser Gegend. Im Teleskop sehen wir einen relativ schmalen Ring.

Raumsonden wie Voyager und Cassini haben das Ringsystem von der Nähe analysiert. Unzählige Partikel von Staubkorngröße bis zu mehreren Zentimetern, meist aus Eis und ein wenig Staub, formen mehrere 100 Ringe, die den Saturn wie kleine Trabanten umrunden. Mit mittelgroßen Fernrohren lassen sich Teilungen erkennen, die nach ihren Entdeckern Enke und Cassini benannt wurden und wie feine Bleistiftstriche auf hellem Untergrund ausschauen. Die Ringe des Saturn sind die flachste Struktur im Planetensystem. Der gesamte Ring einschließlich der mit Sonden entdeckten Teile hat einen Durchmesser von fast einer Million Kilometern und ist nur zwischen zehn und 100 Meter dünn. Zum Vergleich: Wäre das Ringsystem so groß wie Vorarlberg, wäre es ein Millimeter bis ein Zentimeter dick.
Ein Blick auf die Kante
Die Ringpartikel berühren den Saturn nicht und umkreisen ihn in der Äquatorebene, die ihrerseits um zirka 26 Grad gegenüber der Ekliptik geneigt ist. Das hat zur Folge, dass das Ringsystem von der Sonne abwechselnd von unten und oben beleuchtet wird und dass wir als Beobachter ebenfalls abwechselnd die Ringe von beiden Seiten sehen. Dazwischen blicken wir genau auf die Kante dieser extrem dünnen Struktur, sodass die Ringe für einige Zeit verschwinden. Das war heuer zu Beginn des Jahres der Fall. Erst ab dem 6. Mai sehen wir von unten auf die Ringe und auch die Sonne beleuchtet sie von unten. Seither wird der Ring zusehends besser sichtbar. Auch die Helligkeit des Saturnsystems nimmt wieder zu, da der Ring einen deutlichen Anteil der Gesamthelligkeit hat.
Noch ein “Wow”-Objekt
Am frühen Abend ist derzeit ein Schweifstern sichtbar. Der Komet C/2025 A6 (Lemmon) wurde Anfang des Jahres am Mount Lemmon Observatorium bei Arizona in der USA entdeckt. Die Steigerung der Helligkeit war größer als erwartet. Vor einer Woche war Lemmon mit einem Fernglas gut zu sehen. Die nächsten Abende gelten als die beste Beobachtungszeit. Lemmon wandert vom Sternbild Bärenhüter in Richtung Schlangenträger. Er steht die nächsten Tage nach der Abenddämmerung ziemlich genau im Westen und knapp über dem Horizont. Der Schweif zeigt nach oben, da er aus Partikeln besteht, die der Sonnenwind wegbläst. Möglicherweise wird Lemmon sogar von freiem Augen zu sehen sein. Eine Suchkarte, die auf mehreren Webseiten abrufbar ist, erleichtert die Orientierung.