2:2 – Über eine Erkenntnis im Fussballstadion

Meine bis vor kurzem einzige Erfahrung mit der Live-Begutachtung von Sport – explizit Fußball – liegt rund 25 Jahre zurück. Damals startete ich gleich mit der Hardcore-Variante: Rapid gegen Austria. Dieses Erlebnis war zugleich der Anfang und das Ende meiner Fußball-Schau-Ambitionen.
In einem für mich riesig wirkenden Stadion, gefüllt mit Menschen, die ganz selbstverständlich wussten, was ein Abseits ist, fühlte ich mich klein. Diese geballten Emotionen, die sich auf diesen Ball und die agierenden Treter und Schupfer desselben entluden, hatten mich schlichtweg überwältigt. Tausende Menschen ließen ihrer Freude – und ebenso ihrem Ärger – freien Lauf, und Heidi bekam ob dieser Stimmung tatsächlich ein wenig Angst.
Damals hatte ich das Gefühl, es würde nur eines winzigen Auslösers bedürfen, etwa in Form eines roten Kärtchens, und ein Bürgerkrieg bräche aus. Das war meinem zarten Gemüt einfach zu viel.
Nun kam meinem Lieblingsmenschen vor kurzem die Idee, man – also wir beide – könnten doch auf ein Fußballmatch ums Eck gehen. Ich sah ihn etwas verdutzt an und hakte vorsichtshalber nach, ob er tatsächlich mich als Begleitperson meinte. Nicht, dass ich da etwas missverstehe. Ich – die bis heute nur weiß, dass es beim Fußball darum geht, einen Ball in ein Tor zu schießen, bestenfalls ins Gegnerische. Und das, wie der Name schon sagt, möglichst mit dem Fuß – ohne Beihilfe der Arme. Jede andere Feinheit rund um diesen Volkssport war mir bis dato völlig fremd.
Aber tatsächlich: Er meinte mich. Nun gut, dachte ich, leg deine alten Vorbehalte aus der Mimosen-Vergangenheit beiseite – und geh einfach mit!
Um die aufkeimende Spannung des geneigten Lesers gleich im Keim zu ersticken, spoilere ich vorweg: Es hat mir total gut gefallen! Ich habe sogar zeitweise ein paar laute „Ahhhs“ und „Ohhhs“ von mir gegeben.
Während Herr Lieblingsmensch geduldig versuchte, mir die strategischen und stilistischen Feinheiten der jeweiligen Mannschaften und des Spiels im Allgemeinen zu erklären, fieberte ich begeistert mit der Vorarlberger Mannschaft mit. Fast – also wirklich fast – wäre ich sogar aufgesprungen, als in der Nachspielzeit noch zwei Tore fielen und wir uns ein Unentschieden sicherten.
Beim nächsten Match bin ich sicher wieder dabei. Dann weiß ich bestimmt auch, was ein Abseits ist.
Memo an mich: Manche Dinge sind wie Gorgonzola – beim ersten Bissen schmecken sie nicht, aber es lohnt sich, ihnen eine zweite Chance zu geben. Es könnte sein, dass sie irgendwann einmal doch mehr als munden.