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Spenden: Schenken mit Sinn

20.12.2025 • 10:00 Uhr
Spenden: Schenken mit Sinn
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Spenden spielen eine zentrale Rolle im österreichischen Sozialsystem, doch ihre wachsende Bedeutung wirft Fragen auf.

Von Lea Putz-Erath
neue-redaktion@neue.at

Weihnachten ist die „Hochzeit“ der Spenden. Der heilige Martin läutet am 11. November die Zeit der Wohltätigkeit, Solidarität und des Teilens ein. Im Jahr 2024 wurden in Österreich 1,07 Milliarden Euro gespendet. 6,5 Prozent des Spendenaufkommens stammen aus Unternehmensspenden, elf Prozent entfallen auf Stiftungszuwendungen. Den Löwenanteil machen jedoch private Spenden inklusive Erbschaften aus. Etwa acht von zehn Menschen über 15 Jahren spenden. In Vorarlberg sind es sogar neun von zehn, mit einer durchschnittlichen Spende von 202 Euro. Das sind beachtliche Zahlen.

Viele Organisationen können mit Spenden oder durch den Einsatz von Freiwilligen wichtige Unterstützungsangebote überhaupt erst möglich machen, nämlich dann, wenn bestimmte Leistungen aus dem Rahmen des Wohlfahrtsstaates ganz oder teilweise ausgeklammert werden. Das österreichische Modell des Sozialstaats baut auf solidarischer Absicherung durch die Sozialversicherung auf, die man über Erwerbsarbeit erhält. Es bietet für Notlagen ein letztes soziales Netz in Form der Sozialhilfe, nimmt vor allem Familien wie selbstverständlich in die Pflicht, füreinander zu sorgen, und sieht Spenden sowie Ehrenamt als unabdingbar an.

Dieses System macht zwar umfangreiche Hilfe möglich, hat aber auch wesentliche Nachteile. Bestehende Ungleichheiten zwischen Bevölkerungsgruppen werden trotz erheblicher Kosten nicht ausreichend aufgeweicht. Wer von Spenden abhängig ist, sei es als Einzelperson oder als soziale Organisation, setzt sich zusätzlich einer moralischen Beurteilung aus. Jene, die spenden, bewerten ausdrücklich oder verdeckt eine gewisse „Spendenwürdigkeit“. Im Jahr 2024 waren die drei beliebtesten Spendenzwecke Tiere, Kinder und inländische Katastrophenhilfe.

1,8 Millionen Menschen in Österreich gelten als armutsgefährdet. Sie sind von der aktuellen Situation doppelt betroffen. Die Inflation macht das Geld, das ihnen und den Hilfsorganisationen zur Verfügung steht, weniger wert. Spenden werden daher in den kommenden Jahren leider umso relevanter. Damit verschiebt sich die Grundlage für soziale Chancengerechtigkeit in Österreich möglicherweise still und heimlich vom Recht auf Hilfe hin zur Würdigkeit für den Erhalt von Spenden. Darüber müssen wir reden.