Der Unterschätzte

Der Italiener Federico Dimarco (26) zählt zu den unterschätztesten Spielern der Welt. In einer Fünferkette gibt es aktuell aber wohl nicht viele Wing-Backs, die besser sind als er.
Sowohl für seinen Klub Inter Mailand als auch für die italienische Nationalmannschaft ist der Linksverteidiger schwer zu ersetzen. Der 26-Jährige gehört seit drei Jahren zum fixen Stammpersonal beim italienischen Spitzenklub. Dort hat er sich klammheimlich zu einem der besten linken Außenverteidiger der Welt entwickelt. Speziell in einer Fünferabwehr kann er seine Stärken am besten ausspielen. Dimarco ist trotz seiner 1,75 Meter körperlich stark und läuferisch ein Segen für jeden Trainer. Der Linksverteidiger marschiert 90 Minuten die Linie rauf und runter.
In der Offensive liegen seine Qualitäten bei den Flanken und Distanzschüssen. Mit fünf Toren und sechs Vorlagen in 29 Spielen hat er einen großen Anteil daran, dass Inter Mailand in dieser Saison mit 19 Punkten Vorsprung auf den Stadtrivalen AC Milan überlegen Meister wurde. Mit 14 kreierten Großchancen ist er zudem ligaweit auf Platz zwei. Seine Qualitäten liegen zweifelsohne in der Offensive, sein Defensivverhalten ist in manchen Situationen noch ausbaufähig. Dimarco ist das perfekte Beispiel eines Wing-Backs: Einer der besten Spieler in einer Fünferabwehr, in der er seine offensiven Qualitäten ausspielen kann und defensiv durch die drei Innenverteidiger zusätzliche Absicherung hat. In einer Viererkette würden seine Stärken weniger zur Geltung kommen, weil er sich offensiv nicht so viel einbringen kann und seine Defensivarbeit mehr im Fokus steht.
Das ist auch mit ein Grund, warum er im italienischen Nationalteam noch nicht so aufspielen konnte wie in der Serie A. Der amtierende Europameister spielt unter Teamchef Luciano Spalletti hauptsächlich mit vier Mann hinten. Gesetzt ist Dimarco trotzdem. Seit seinem Debüt am 4. Juni 2022 gegen Deutschland kam der Linksverteidiger auf 17 Länderspiele, in denen ihm vier Torbeteiligungen gelangen. Sein erstes Tor erzielte er in der Nations League gegen Ungarn, und es war ausgerechnet der 1500. Länderspieltreffer in der Geschichte Italiens. Die Europameisterschaft in Deutschland wird für den gebürtigen Mailänder das erste große Turnier werden.

Traumverein
Apropos großes Turnier: Sein letztes großes Spiel liegt ihm heute noch schwer im Magen. Vor einem Jahr, am 10. Juni 2023, stand Federico Dimarco mit Inter Mailand im Finale der UEFA Champions League gegen Manchester City. Beim Stand von 0:1 hatte der Linksverteidiger die große Chance auf den Ausgleich. Zuerst köpfte er den Ball an die Querlatte, dann wurde sein Nachschuss vom eigenen Mitspieler geblockt. Am Ende blieb es beim 0:1 für die Citizens und die Chance auf den ersten Henkelpott seit 2010 war dahin.
Federico Dimarco wurde am 10. November 1997 in Mailand geboren. Die Liebe zu Inter Mailand wurde im bereits bei seiner Geburt in die Wiege gelegt und soll bis heute andauern. Im Alter von zwei Jahren besuchte er das erste Mal mit seinen Eltern ein Spiel der Nerazzurri im San Siro. Das sollte daraufhin zur Tradition werden. Mit sieben Jahren begann er seine Fußballerkarriere in der Jugendakademie von Inter. Nachdem er durch sämtliche Altersstufen marschierte, durfte er ihm Dezember 2014 im Alter von 17 Jahren sein Debüt für die Profimannschaft feiern. Die restliche Zeit spielte er in der U19-Mannschaft von Inter.
Nach Leihen zu Ascolio Picchio in die Serie B und dem FC Empoli in die Serie A verließ er im Sommer 2017 Inter vorerst dauerhaft und schloss sich für knapp vier Millionen Euro dem FC Sion in der Schweiz an. Nach neun Einsätzen in der Super League zogen die Nerazzurri ein Jahr später die im Vertrag verankerte Rückkaufoption und holten Dimarco für fünf Millionen Euro zurück. Doch erneut tat sich der Linksverteidiger schwer, Fuß zu fassen, erneut wurde er verliehen: zuerst zu Parma Calcio, dann zu Hellas Verona.

Knoten geplatzt
Erst bei Hellas Verona blühte der damals 23-Jährige endgültig auf. 35 Spiele, fünf Tore und ebenso viele Assists waren das perfekte Bewerbungsschreiben für einen fixen Platz im Kader von Inter Mailand.
Seit der Saison 2021/22 ist Dimarco fester Bestandteil im Team von Trainer Simone Inzaghi. In 137 Spielen kommt er auf 45 Torbeteiligungen. Sein schönster Treffer gelang ihm dabei am 12. November 2023 gegen Frosinone, als er aus 56 Metern von der Seitenlinie den Tormann überlupfte.
In den ersten beiden Jahren gewann er mit Inter zweimal den Cup sowie den Supercup. Außerdem erreichte die Mannschaft 2023 das Finale der Champions League. In der abgelaufenen Saison gelangen der überlegene Meistertitel sowie der dritte Supercuptitel in Serie.
Marktwert
Dimarcos rasanter Aufstieg in den letzten drei Jahren lässt sich auch an seinem Marktwert erkennen: Im Sommer 2022 war er 18 Millionen Euro wert, heute, zwei Jahre später, ist er mit 50 Millionen Euro einer der teuersten Linksverteidiger der Welt. Bei der Europameisterschaft in Deutschland hat er jetzt erstmals die Chance, sich mit dem Nationalteam auf der großen Bühne zu präsentieren.
Mit einem Federico Dimarco in absoluter Topform könnte Italien bei der EURO durchaus wieder ganz vorne mitspielen. Ob es am Ende wie 2021 zum Titel reicht, wird sich zeigen.
Von Florian Gabriel
Federico Dimarco
Geburtsdatum: 10.11.1997
Nationalität: Italien
Position: Linker Schienenspieler
Verein: Inter Mailand
Marktwert: 50 Millionen Euro
Leistungsdaten Verein:
Serie A: 172 Spiele, 17 Tore, 24 Vorlagen; Coppa Italia: 13 Spiele, 1 Tor, 2 Vorlagen; Champions League: 25 Spiele, 1 Tor, 5 Vorlagen
Leistungsdaten Nationalteam:
17 Spiele, 2 Tore, 2 Vorlagen
EM-Historie: Keine
Größte Erfolge: Italienischer Meister (2023/24); zweifacher italienischer Cup-Sieger (2021/22, 2022/23); dreifacher italienischer Supercup-Sieger (2021/22, 2022/23, 2023/24); Finalist U17- und U19-EM (2013, 2016); Dritter U20-WM (2017)