Der Musterprofi

ÖFB-Star Marcel Sabitzer hat sich in Dortmund durchgesetzt, zählt gegen den Ball zu einem der besten Spieler. Für die österreichische Nationalmannschaft ist er unverzichtbar.
Am 1. Juni könnte Marcel Sabitzer als bisher erst fünfter Österreicher den Champions-League-Pokal in den Himmel strecken. Auch wenn Borussia Dortmund gegen den 14-fachen Rekordsieger Real Madrid als großer Außenseiter in das Endspiel geht, im Falle eines Titelgewinns würde Sabitzer das österreichische Nationalteam bei der EM mit einer Menge Selbstvertrauen auf das Feld führen.
Es gibt Fußballerkarrieren, die explodieren plötzlich. Es gibt andere, die verlaufen wellenförmig. Müsste man den Karriereverlauf von Sabitzer in einem Diagramm darstellen, wäre dort eine fast kontinuierliche nach rechts oben ansteigende Linie zu sehen, die ihren Beginn ausgerechnet im Ländle hat.
Erstes Profitor in Lustenau
Marcel Sabitzer wurde am 17. März 1994 in Wels geboren. Als Sohn des ehemaligen Nationalstürmers Herfried Sabitzer machte er seine ersten fußballerischen Schritte bei der ESV Admira Villach. Über Stationen beim GAK, Wiener Neustadt und Austria Wien wechselte Sabitzer im Sommer 2009 zum FC Admira Wacker Mödling. Kurz danach durfte er erstmals für die österreichische U16-Nationalelf auflaufen. Im September 2010 feierte der gebürtige Welser sein Profi-Debüt für die Admira. Sein allererstes Tor im Profifußball sollte ihm direkt in seinem zweiten Einsatz, im Reichshofstadion in Lustenau gelingen: Beim Gastspiel beim FC Lustenau am 24. September 2010 trifft der damals 16-Jährige in der 90. Minute zum 3:0-Endstand.
Am Ende der Saison gelingt der Admira mit einem Punkt Vorsprung auf den SCR Altach der Meistertitel in der zweiten Liga. Aufgrund seiner konstant guten Leistungen feiert er am 5. Juni 2012 als 18-Jähriger unter Marcel Koller in einem Testspiel gegen Rumänien sein Teamdebüt.

Wechsel mit Beigeschmack
Im Jänner 2013 folgte er dann den Lockrufen des damaligen Rapid-Trainers und jetzigen ÖFB-Sportdirektors Peter Schöttel. Die Zeit bei Rapid sollte erfolgreich, aber nicht sehr lange sein. Im Sommer 2014 wechselte Sabitzer ins Red-Bull-Imperium. Ein Transfer mit einem negativen Beigeschmack: In seinem damaligen Rapid-Vertrag war eine Ausstiegsklausel verankert, die ihm einen Transfer innerhalb der österreichischen-Liga untersagte, aus diesem Grund nutzte Red Bull ein Schlupfloch, zog die Klausel mit RB Leipzig und verlieh Sabitzer am nächsten Tag direkt weiter zu Red Bull Salzburg.
Zuständig für den Transfer war damals übrigens Ralf Rangnick, als Sportdirektor der „Bullen-Klubs“. Es war ein Transfer, der für viel Aufregung sorgte, für Sabitzer zahlte er sich aber aus: In Österreich gewinnt er prompt mit Salzburg das Double. Als Sabitzer 2015 nach Leipzig kommt, will er dort anfangs gar nicht sein. Gerade hat er mit Salzburg die höchste Spielklasse in Österreich dominiert. Nun soll er mit RB Leipzig in der zweiten Liga spielen. „So gut, wie ich dachte, bin ich wohl doch nicht, sonst würde ich nicht in der zweiten deutschen Bundesliga spielen“, sagt er damals nicht gerade glücklich. Ein knappes Jahr später feiert er den Aufstieg in Liga eins und ahnt vielleicht schon, was er heute immer wieder sagt: „Rückblickend war der Wechsel nach Leipzig die richtige Entscheidung.“

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Aufstieg zum Kapitän
Was gleich auffällt: Sabitzer spielt bei RB Leipzig immer. Egal ob zweite Liga, erste Liga oder Champions League: Das Team erklimmt Stufe um Stufe, immer mit Sabitzer, immer auch dank Sabitzer. Mit Spielver¬ständnis, Zweikampfstärke und unglaublicher Laufleistung zeichnet er sich aus; mit Dynamik und feinem Passspiel eröffnet er seinen Mitspielern Räume. In Leipzig wird er zu einem der Anführer, in Österreich zum Fußballer des Jahres 2017 – vor Dauersieger David Alaba. 2020 machte der damalige Leipzig-Trainer Julian Nagelsmann Sabitzer zum zentralen Mittelfeldspieler und schließlich zum Kapitän.
Im Gegensatz zu anderen Kapitänen ist Sabitzer nach eigener Aussage kein „Dauerlautsprecher“. „Aber wenn einer gepusht oder beruhigt werden muss, greife ich ein.“ Charakterlich verbindet man „Ehrgeiz“ mit dem Mittelfeldspieler. Verlieren kann „Sabi“ – den Spitznamen hat er bereits seit seiner Kindheit inne – nämlich nicht so gut: „Ich bin schon immer ein Gewinnertyp gewesen.“
Ansonsten steht Sabitzer für Disziplin und harte Arbeit. „Mein Körper ist mein Kapital“, so der Österreicher. Dafür verzichtet der Nationalspieler auch gerne mal auf Süßigkeiten, die letzte Tüte Chips habe er „vor fünf Jahren aufgemacht“. Auch ausreichend Schlaf ist für den Mittelfeld-Regisseur wichtig.

Durchwachsene Bayern-Zeit
Nach sechs erfolgreichen Jahren bei RB Leipzig mit zwei Vizemeisterschaften und einem Champions-League-Halbfinale folgte dann der Wechsel zum Branchenprimus Bayern München. Beim deutschen Rekordmeister kommt Sabitzer aber nie über die Rolle des Rotationsspielers hinaus. Deshalb geht er im Winter 2023 für ein halbes Jahr auf Leihbasis zu Manchester United in die Premier League. Im Sommer 2023 dann der Wechsel zu Borussia Dortmund. Beim BVB entwickelte er sich schnell zu einem echten Leader auf und neben dem Platz.
Am 1. Juni musste er sich mit den Dortmundern im Champions League Finale Real Madrid mit 2:0 geschlagen geben. Marcel Sabitzer machte ein sehr gutes Spiel, konnte die Niederlage ob der Klasse der Madrilenen aber auch nicht mehr verhindern. Bei der Euro wird der mittlerweile 30-Jährige aller Voraussicht nach Österreich als Kapitän aufs Feld führen. Der Dauerläufer ist einer der Schlüsselspieler für die Spielweise von Teamchef Rangnick. Seit der EURO 2016 ist der Welser aus dem Nationalteam nicht mehr wegzudenken. In 78 Länderspielen gelangen Sabitzer 17 Treffer. Bei der EM wird es seine Aufgabe sein, die Offensive mit seiner Kreativität bestmöglich in Szene zu setzen. Was für eine Karriere!
Von Florian Gabriel
Marcel Sabitzer
Geburtsdatum: 17.3.1994
Nationalität: Österreich
Position: Zentrales Mittelfeld
Verein: Borussia Dortmund
Marktwert: 20 Millionen Euro
Leistungsdaten Verein: Deutsche Bundesliga: 210 Spiele, 38 Tore, 32 Vorlagen; Österreichische Bundesliga: 115 Spiele, 37 Tore, 29 Vorlagen; Premier League: 11 Spiele, 1 Vorlage;
Champions League: 43 Spiele, 5 Tore, 12 Vorlagen; Europa League: 27 Spiele, 4 Tore, 2 Vorlagen;
Leistungsdaten Nationalteam:
78 Spiele, 17 Tore, 13 Vorlagen;
EM-Historie: 2016 (Gruppen-Aus), 2021 (Achtelfinale); Größte Erfolge: Zweifacher deutscher Meister (2021/22, 2022/23); Ehrungen: Österreichs Fußballer des Jahres 2017