Flora

Die Renaissance alter Pflanzensorten

19.03.2024 • 13:33 Uhr
Die Renaissance alter Pflanzensorten
Die Apfelsorte „Kronprinz Rudolf“ entstand in Österreich in der Steiermark. Sie wurde 1873 anlässlich der Wiener Weltausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. Shutterstock

Sie tragen klingende, bisweilen adelige oder kuriose Namen wie Steirische Schafsnase, Langstielerin oder Berner Rose. Allen gemein ist, dass es sich dabei um alte Obst- und Gemüsesorten handelt.

Wenn von alten Sorten die Rede ist, sind damit Obst- und Gemüsearten gemeint, die vor der Industrialisierung der Landwirtschaft entstanden sind. Sie wurden in der Zeit von circa 1800–1950 angebaut. Viele dieser Pflanzen gerieten in den letzten Jahrzehnten immer mehr in Vergessenheit. Denn sie wurden zunehmend durch neue Züchtungen ersetzt, die industriell einfacher zu ernten und widerstandsfähiger gegenüber Schädlingen und Krankheiten sind.

Vorteile alter Sorten

Die alten Arten wurden oft über mehrere Generationen hinweg gezüchtet oder entsprangen Zufallskreuzungen. In unterschiedlichen Regionen entstanden auf diese Weise unzählige Arten. Viele alte Sorten sind in den letzten Jahrzehnten verschwunden, da sie nicht den Zulassungskriterien für gewerbliche Sorten entsprechen. In den letzten 100 Jahren gingen etwa 75 Prozent aller Kulturpflanzen verloren. Trotzdem gibt es beispielsweise immer noch etwa 2000 Apfelsorten, im Supermarkt finden wir jedoch nur eine Handvoll davon. Da jetzt wieder mehr Menschen eigenes Obst und Gemüse in ihren Gärten anbauen, bietet sich eine Chance, alte Obst- und Gemüsesorten zu erhalten.

Alte Sorten sind regional entstanden und haben sich an das jeweilige Klima und die Bodenbeschaffenheit angepasst. Ihr Geschmack ist intensiver, und vielfach werden sie auch besser vertragen. Sie wurden ohne Pestizide und Kunstdünger angebaut und besitzen deshalb vielfach eine natürliche Resistenz gegen viele Krankheiten und Schädlinge.

Samenfest

Die alten Sorten sind samenfest. Wenn die Pflanzen reif sind, entwickeln sie Samen, die geerntet und getrocknet werden können. Im folgenden Jahr lassen sich daraus wieder Sämlinge ziehen und anbauen. Dies ist bei vielen neueren Züchtungen nicht der Fall. Auch reifen die Früchte meist nicht alle zum selben Zeitpunkt aus, was einen längeren Erntezeitraum ermöglicht. Im privaten Bereich ist das von Vorteil, weil nicht die ganze Ernte auf einmal verarbeitet werden muss. Wer sich dazu entschließt, alte Sorten in seinem Garten anzubauen, hilft außerdem der Erhaltung der Artenvielfalt und Biodiversität.

Inzwischen haben wieder mehr Gärtnereien alte Pflanzen­arten im Sortiment. Auch der Sunnahof in Göfis bietet Jungpflanzen und Setzlinge seltener Sorten an. Ein große Auswahl zum Bestellen gibt es beim Verein Arche Noah, der seit 1989 tausende traditionelle und seltene Sorten pflegt und erhält.

Eine kleine auswahl

Alte Apfelsorten:
Kronprinz Rudolf, Steirische Schafsnase, Steirischer Maschanzker, Waldviertler Böhmer, Oberösterreichischer Brünnerling.

Alte Birnensorten:

Williams Christbirne, Conference, Saint Remy, Lübecker Prinzessbirne, Langstielerin.

Gemüse:

Winterheckenzwiebel, Mairübchen. Zuckerhut (Wintersalat), Steckrübe, Schwarzer Rettich.

Tomaten:

Berner Rose, Ochsenherz, Andenhorn, Black Cherry.

Kartoffeln:

Husar, Kerkauer Kipferl, St. Jakob, Goldsegen, Carmen.

von Christine Moosmann-Hämmerle