Große Ideen, mit kleinem Aufwand umgesetzt

Ein Künstlerduo aus Dänemark ist im Künstlerhaus zu Gast – und zeigt eine tolle Gruppenschau.
Kunstobjekte werden aus wertvollen Materialien hergestellt, um dann aufwändig zu Ausstellungen transportiert zu werden, wo für eine kurze Dauer die Innenräume ganzer Gebäude neu gestaltet werden, um die hochwertigen Stücke ins rechte Licht zu rücken. Dass man auch anders als so beschrieben eine Schau gestalten kann, in der künstlerische Ideen ihren Ausdruck und Resonanz finden, damit beschäftigt sich das Künstlerduo Kristina Bengtsson und Kevin Malcolm. In Dänemark lebend, nimmt das Paar seit November an dem dreimonatigen Residency-Programm des Künstlerhauses Bregenz teil. Ab Freitag präsentieren die beiden eine Gruppenausstellung, für die sie sieben weitere Künstler aus Skandinavien eingeladen haben. Einiges kreist dabei um die Frage der Arbeitsbedingungen für Künstler, sowie die Art, Kunst zu machen. „What we are working with“ heißt der Titel der Schau, durch die bei einem Besuch Kevin Malcolm führt.

Seit 2012 setzt sich das Künstlerduo in ihren „Hour Projects“ und mit den Publikationen der „Hour Editions“ mit dem Themenkomplex Arbeit und Produktivität in der heutigen Kunstpraxis auseinander. Dabei wollen sie die Diskussionen über die Probleme von Kunstschaffenden quasi vom privaten Küchentisch in die Öffentlichkeit tragen, und einen Raum schaffen, in dem Künstler ihrem Ärger freien Lauf lassen, oder aber auch neue Ideen entwickeln können. Wie Malcolm erklärt, enstehen dabei oft spielerische und humorvolle Ansätze, zugleich aber stehen ernsthafte Themen im Hintergrund, die die Lebensrealität vieler Menschen betrifft. Diese Gleichzeitigkeit ist in der Schau zu erleben.
Kaffeegeschirr
Viele Künstler arbeiten, meist aus finanziellen Gründen, zusätzlich in anderen Berufen. Kristina Bengtsson ist auch als Ausstellungstechnikerin tätig, was sich in ihrer Werkserie im Erdgeschoss zeigt. Titel wie „Don’t you dare put another thing on my desk“ deuten an, dass es mit den Arbeitsbedingungen in diesem Metier nicht immer gut bestellt ist. Aus Gipskartonplatten, mit denen temporäre Wände für Ausstellungen geschaffen werden, hat Bengtsson Tische gebaut, auf denen Kaffeegeschirr steht, das aus Erde, Kaffee und einem organischen Klebstoff besteht. Eine weitere Künstlerin hinterlässt im Erdgeschoss ihre Spuren: Kajsa Karlsson weigert sich, sich dem Druck zu beugen, als Künstlerin und als junge Frau bestimmte Benimm- und Styling-Regeln zu befolgen. Sie erlegt sich selbst performative Aufgaben auf, wie sie der Besucher auf Zetteln mitnehmen und selbst ausprobieren kann.

Da wird etwa empfohlen, während eines Urlaubs kein einziges Wort mit Männern zu sprechen – was Malcolm bei einem Treffen einmal selbst miterlebte, wie er erzählt. In der Garderobe sieht man das Ergebnis einer weiteren Instruktion: Anstatt sich immer mehr neue Kleider zu kaufen, um etwa bei Vernissagen schick zu sein, schneidet Karlsson ihre alten Kleider auseinander und näht die Teile vermischt neu zusammen. Auch hier ergibt sich ein spielerischer Moment, doch die Problematik – die Umweltbelastung durch die Kleidungsindustrie – ist eine ernste Sache. Weiters sei die Künstlerin für ihre kontraproduktiven Schminktipps bekannt, so Malcolm.
Augenspülbecher
Der finnische Künstler Mikko Kuorinki arbeitet meist mit kleinen, unscheinbaren Fundstücken, die er zu rätselhaften Mikro-Installationen arrangiert. Im Haus verteilt finden sich die Werke des Künstlers. Da gibt es etwa ein Arrangement aus einem japanischen Kleidungsstück, einem Augenspülbecher und einem Nailart-Armlehnentisch. Der Betrachter weiß nichts von den vielen komplexen Gedankengängen und Entscheidungen, die zu diesem Werk geführt haben, doch er merkt, dass etwas dahinter steckt, meint Malcolm. So sei es auch mit den Malereien und Zeichnungen von Duncan Paré, der hier etwa Bilder von verregneten Fenstern zeigt.

Matti Sumari lebt im schwedischen Malmö, wo er Getränkedosen, die er bei Ausstellungseröffnungen sammelt, einschmilzt und Skulpturen daraus herstellt, was auch in einem Video gezeigt wird. Anne-Mette Schultz hat Werkzeugkoffer, die sie günstig im Internet erstanden hat, mit Seidentüchern aus Second-Hand-Shops eingewickelt. Malcolm selbst beschäftigt sich unter anderem mit der Zeit: Für „Glacier Snout“ hat er Gletscher-Fotografien auf Zigarettenschachteln angebracht – er wollte in Vorarlberg mit dem Rauchen aufhören, wie er sagt.
Kah Bee Chow, die sich mit Sumari ein Studio teilt, hat unter anderem im Dachgeschoss eine Installation mit Pinguinen erschaffen, und erzählt damit die wahre Geschichte von Happy Feet: ein Pinguin-Männchen, das nach Neuseeland gelangt ist.

Im Erdgeschoss ist außerdem ein Büchertisch eingerichtet mit Künstler- und Eigenpublikationen hauptsächlich aus Skandinavien. Er ist auch für die Vorarlberger Künstler gedacht – hier gibt es einiges zu entdecken!
„What we are working with“. Erweiterte Eröffnung am Freitag, den 17. Dezember, 16 bis 20 Uhr im Künstlerhaus Bregenz. Zu sehen bis 9. Jänner. Geöffnet Mi. bis Sa., 14 bis 18 Uhr, So., 11 bis 17 Uhr.