Ganz unterschiedliche Schwerpunkte

Die Sopranistin Louise Alder war mit ihrem ersten Soloabend am Wochenende bei der Schubertiade zu hören und noch mal Andrè Schuen mit Schumann-Liedern.
Von Katharina von Glasenapp
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Dass Sängerinnen und Sänger unterschiedliche Schwerpunkte setzen, ist bekannt und belebt die Musikwelt. Bei der Schubertiade kommen sie zusammen und das Publikum reagiert höchst sensibel darauf. Zu erleben war das im Liederabend der englischen Sopranistin Louise Alder an der Seite ihres feinsinnigen Landsmanns Joseph Middleton und tags darauf im zweiten Programm von Andrè Schuen und Daniel Heide.
Die Sopranistin kommt von der Oper und lässt das auch in ihre Liedgestaltung einfließen, während der Bariton ganz im Lied zu Hause ist und dazu (freilich ebenso faszinierende) Rollenportraits in der Oper zeichnet. Louise Alder und Joseph Middleton hatten Lieder von Schubert und Mozart ausgewählt, beim „Hirt auf dem Felsen“ kam die junge Vorarlberger Klarinettistin Clara Hofer dazu, Schuen und Heide gestalteten zwei der beliebtesten Zyklen von Schumann.
Zu viel
Ganz allgemein gesagt „macht“ Louise Alder zu viel. Sie dramatisiert auch schlichtere Lieder, setzt viel Vibrato ein, die Intonation wirkt dadurch flackernd und unruhig. Das klingt dann in Mozarts „Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte“ ironisch, der zarten „Abendempfindung an Laura“ aber tut es nicht gut und die große Steigerung in der Kantate „Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer ehrt“ wird zur großen Szene mit dramatischen Sprüngen und flammenden Koloraturen: Hier ist sie zu Hause, doch ist der typische Freimaurertext wohl eher für eine Männerstimme geeignet.

Überhaupt sind die schweren, oft rätselhaften, bilderreichen Texte auch der Schubertlieder nicht förderlich für die Sängerin, zu sehr hängt sie an den Noten. Auch der konzertante Aufschwung im „Hirt auf den Felsen“, dessen Klarinettenpartie Clara Hofer mit schönen Atembögen und Farben gestaltet, wird eher zum Wettstreit als zum Dialog. Welch einen Wandel aber erlebt man mit den Zugaben: In Clara Schumanns „Liebst du um Schönheit“ nimmt sich die Sängerin fein zurück und auch in Benjamin Brittens Volksliedarrangement „The water is wide“ lässt sie in ihrem ganz schlichten Gesang Farben erklingen, die man den ganzen Abend vermisst hat – das nächste Mal bitte mehr davon!
Großer Ambitus
Den Eichendorff-Liederzyklus op. 39 leiteten Andrè Schuen und sein Klavierpartner Daniel Heide mit vier weiteren Schumann-Vertonungen dieses so naturverbundenen Dichters ein: Im „Schatzgräber“ erlebte man den großen Ambitus von Schuens Stimme, die sich nach unten ebenso wie nach oben öffnet. In „Der Einsiedler“ beeindruckte wie schon im Schubertprogramm zwei Tage vorher die warme Pianokultur, die auch Heides Spiel auszeichnet.

Im Liederkreis op. 39 breiteten sie die Lieder mit strömender Ruhe aus, abgerundet, konzentriert, geheimnisvoll, dunkel zogen sie das Publikum hinein in die Welt der Romantik. Auch im Zyklus „Dichterliebe“ nach Heinrich Heine erzählten sie viele kleine und eine große Geschichte von Liebe und Verlust, von Seligkeit und Enttäuschung. Die beiden Künstler bilden eine Einheit, im Atem, in der Energie des zornigen Feuers, in der Zartheit vieler Wendungen und in den wohldosierten Steigerungen – bis hin zum Ritual der Verbeugungen.