Kultur

Körper in Klumpen von Murat Önen

14.03.2024 • 23:00 Uhr
Murat Önen
Der Künstler Murat Önen mit Werken im Dock 20Miro Kuzmanovic

Bis 20. April zeigt das Dock 20 in „So gut ich kann“ einen Einblick in das Schaffen des jungen Malers Murat Önen.

Bereits mit 12 Jahren habe Murat Önen schon Bilder verkauft – mit Buntstift gezeichnete Pokémons für zehn Cent, schildert er in einem Interview mit der Kuratorin Anne Zühlke. Heute werden seine Arbeiten international gezeigt und der Düsseldorfer Maler, der 1993 in der Türkei geboren wurde, zählt zu den gefragtesten Positionen junger Malerei im deutschsprachigen Raum. Alle Werke im Dock 20 sind verkauft und wurden zum Großteil von Privatsammlungen für die Ausstellung „so gut ich kann“ geliehen.

Gefühl und Bewegung

Aus der Masse ragen Hände und Füße, daneben liegt ein ausgezogener Schuh, der genauso wie die Körperteile in der Anonymität den einzelnen Personen nicht mehr zugeordnet werden kann. Hände greifen sich (oder anderen?) auf den Kopf, verdecken das Gesicht und wie beim Kampf sind die Gliedmaßen der Figuren ineinandergeschlungen und entfalten eine beeindruckende Ausdruckskraft. Sie vermitteln das Lebensgefühl einzelner Momente, die in Bewegungen festgehalten sind und in denen Emotionen nicht durch Gesichter, sondern durch Positionen in der Menge entstehen. Ganz bewusst hat Önen in einigen Werken die Männerkörper in der Mitte gesammelt, wodurch Spannungen erzeugt und teils durch diagonale Linien noch verstärkt werden. Da drängt es sich fast auf, die Gesten der Figuren zu beobachten, in denen der Künstler vermutlich alle Facetten zwischenmenschlicher Beziehung beschreibt.

Murat Önen
Ausstellung “so gut ich kann” im Dock 20 – Kunstraum und Sammlung Hollenstein, Lustenau Sieglinde Wöhrer

In „So gut ich kann“ werden vorwiegend großformatige Werke gezeigt, die 2022 bis 2024 entstanden sind. Manche der figurativen Bilder wie „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben“ oder „Tired from the past“ zeigen Szenen, die ein Davor und ein Danach haben und einen Augenblick festhalten, der auf Nähe und Vertrautheit verweist. Andere Arbeiten sind durchzogen von surrealen Elementen: Gliedmaßen verwandeln sich in eine biegsame Masse, Wolken aus Zigarettenrauch schweben über einem Haufen aus Hanteln, Beinen und Teilen aus Männertorsos, die sich unnatürlich gebogen verweben. Wie aus dem Nichts hat Önen ein Chaos von Körpern in „Figurenklumpen“ (Piles) herausausgehoben und es den Betrachtern überlassen, die Details auszufüllen, wenn die Charaktere in die Abstraktion übergehen.

Murat Önen
Sieglinde Wöhrer

Männlichkeit und Macht

Manche Arbeiten strahlen Gewalt aus, bei der auf subtil ästhetische Weise Überlegenheit und Macht über andere demonstriert wird. Ohne den Fokus dabei auf bestimmte Figuren zu lenken, entsteht eine friedliche Atmosphäre, bei der sich die Wirkung der Bilder aus der Distanz zeigt.

Önen nähert sich der Männlichkeit in der Erdrückung, aber auch im Traum und in der Gelassenheit genauso wie im Begehren und nicht selten mit überraschendem Witz. In seiner künstlerischen Praxis hinterfragt er die etablierten Formeln der klassischen Malerei, bricht mit ihnen und stellt sich in seiner Arbeit den Fragen nach Identität, Männlichkeit und Queerness. Die Motive seiner Arbeiten sind manchmal aus realen Situationen herausgegriffen und bringen die Stimmung und Lichtverhältnisse der Club- und Subkultur, in der sich Önen in jungen Jahren bewegte, auf die Leinwand.

Murat Önen: „So gut ich kann“, bis 20. April, Dock 20, Lustenau.