„Wie eine Doku über seine Lieblingstabus“

„Die Katze Eleonore“ feierte am Freitag Österreich-Premiere im Theater Kosmos, Bregenz. Ein Stück über „nicht anders können“.
Eleonore ist Immobilienmaklerin, 40 Jahre alt und mit dem zwielichtigen Glück gesegnet, ihre wahre Natur zu kennen. Denn sie ist eine Katze, die mausen und ein selbst vergnügtes Leben ohne Gewissen führen kann.
Davon handelt “Die Katze Eleonore”. Das Solostück von Caren Jeß gewann im letzten Jahr den Mülheimer Dramatikpreis. Jetzt feierte es am Freitag seine Österreich-Premiere im Bregenzer Theater Kosmos. Inszeniert von „Unpop“, dem „Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung“, schlüpft Maria Fliri in die Rolle des wohlhabenden Raubtiers, dessen Welt sich mit spielerischem Ernst zunehmend um sich selbst dreht.
Autodynamisches Mashup

Caro Stark entwarf ein Bühnenbild, das kurz davor ist, selbst „Katze“ zu schreien. Boden und Rückwand sind mit weißem Fell überzogen. Hocker und Katzenklappe laden zum Verweilen und Streunen ein. Dahinter eine grün schimmernde Kulisse, Disko und Gosse zugleich. Inmitten all dem Plüsch liegt Eleonore auf dem Hocker. Erst als es still wurde im ausverkauften Saal, wendet sie sich dem Publikum zu und setzt sich auf.

Die Handlung beginnt mit einem Rückblick. Adrett schildert die Protagonistin, wie es um sie geschah, als sie eines Tages eine Katze erblickte. Gequält vom Gerede ihrer Mutter, das als „autodynamisches Mashup“ ihren Verstand dominiert, brach durch den Anblick des Stubentigers ein Teil ihres Selbst frei, dem sie sich bereitwillig unterwarf. Sie begann unwillkürlich, sich die Hand zu lecken und besorgte sich am folgenden Tag ein Fellkostüm. Als wäre es ein ohnmächtiges Tier, das es zu reanimieren gilt. So fühlte sich Eleonore, als sie ihre neue, zweite Haut nach Hause trug.

Unter Schwindel leidend, begab sie sich zu einer Ärztin. Die Maklerin will wissen, ob sie als Katze leben könnte. Geld ist für die wohlhabende Frau kein Problem. Von der verdutzten Ärztin wurde sie an den Therapeuten Wildbach verwiesen. „Wie eine Doku über seine Lieblingstabus“ soll er Eleonore begutachtet haben. Schnell verlor sie das Interesse an den Gesprächen, die der Therapeut mit fast erotischer Faszination weiterführen möchte. Doch die Katze langweilt das Spiel. Wozu soll sie sich rechtfertigen? Den Job hat sie längst aufgegeben. Ihre Wesensart hat sie sich nicht ausgesucht, und im Vergleich zur früheren Arbeit muten ein paar Vogelgenicke fast schon harmlos an.

Beschädigte Utopie
In ihrem Wandel von der Maklerin zum Tier schimmert eine Kontinuität der Aggression durch. Die Jagd nach Mäusen markiert den Bruch nur oberflächlich. Stattdessen verlor Eleonore Mitgefühl und ihren Sinn für Verantwortung. Ihr neues Dasein ist Ausdruck einer beschädigten Utopie. Frei wie eine Katze verdammt zur getriebenen Existenz im Jetzt. Doch der Wandel hat seinen Reiz. Trotz all seiner Absurdität wirkt er realistischer als der Gedanke, einmal in einer freieren, gerechteren und weniger neurotischen Welt leben zu können. „Ich bin gern das Symbol eurer Dekadenz. Das bedeutet aber nicht, dass ihr mich besitzt“, lässt sie das Publikum wissen.
Theater Kosmos, Bregenz
- Oktober, 20 Uhr
- Oktober, 20 Uhr
- November, 20 Uhr
- November, 17 Uhr