Kultur

Auf der Seebühne findet „Oper auf Steroide“ statt

21.11.2024 • 20:04 Uhr
Pressekonferenz Festspielprogramm 2025 am Donnerstag, 21. November 2024, um 10:30 Uhr im Festspielhaus Bregenz. Am Podium erwartet werden Festspielpräsident Hans-Peter Metzler, Intendantin Lilli Paasikivi, der kaufmännische Direktor Michael Diem sowie Andreas Kriegenburg, Regisseur der Oper im Festspielhaus
Intendantin Paasikivi.hartinger

Lilli Paasikivi ist die neue Intendantin der Bregenzer Festspiele. Mit ihrer Handschrift verspricht der kommende Musiksommer episch zu werden.

Ein mächtiges, umfassendes Programm werden die Bregenzer Festspiele kommende Saison umsetzen. Das verspricht ihr Präsident Hans-Peter Metzler, bevor er das Wort an Lilli Paasikivi weitergibt. Die 1965 geborene Finnin ist die neue Intendantin der Festspiele. Sie sieht den Kern der Bühnenkunst im Erzählen von Geschichten, der die Musik Seele verleiht.

Kontinuität und Experimente

“Auf der Seebühne will ich mich, wie meine Vorgänger, auf die großen bekannten Opernwerke fokussieren. Das Zusammenspiel von großartigem Musiktheater, atemberaubender Visualität und umliegender Natur, das war immer und wird auch in Zukunft die Kernidee unserer Seebühnenprojekte sein. Im Festspielhaus werden wir die selten gespielten Opern des 20. Jahrhundert präsentieren. Unsere Werkstattbühne, eine der größten Blackbox-Theater in Europa, sehe ich als riesengroße Spielwiese, wo wir genreübergreifende Produktionen, Uraufführungen und etwas mehr experimentelle Werke präsentieren können“, schildert die Intendantin ihre Vorhaben mit klaren Worten.

Pressekonferenz Festspielprogramm 2025 am Donnerstag, 21. November 2024, um 10:30 Uhr im Festspielhaus Bregenz. Am Podium erwartet werden Festspielpräsident Hans-Peter Metzler, Intendantin Lilli Paasikivi, der kaufmännische Direktor Michael Diem sowie Andreas Kriegenburg, Regisseur der Oper im Festspielhaus
Festspielpräsident Hans-Peter Metzler, Intendantin Lilli Paasikivi, der kaufmännische Direktor Michael Diem und Chefdramaturg Florian Amort. Hartinger

Ein Tag bevor der „Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 17. Juli auf die Seebühne zurückkehrt, eröffnen die 79. Festspiele mit „Œdipe“ von George Enescus. Die Adaption der Ödipus-Tragödie wird die erste Opernaufführung der neuen Leitung sein. Um der Größe des Stücks gerecht zu werden, entschied sich Regisseur Andreas Kriegenburg bewusst für eine mythische Inszenierung, der ein Bühnenbild aus archaischen Baumaterialien Ausdruck verleihen soll. Hannu Lintu, Stardirigent aus Finnland, übernimmt die musikalische Leitung.

Finnische Handschrift

Er zeugt von der Handschrift Paasikivis, die sich mit dem finnischen Choreografen Tero Saarinen fortsetzt. Dessen Stücke „Borrowed Light“ und „Study for Life“ feiern jeweils am 23. und 20. Juli Premiere in der Werkstattbühne.

Inspiriert von den traditionellen Liedern und Tänzen der Shaker, einer protestantischen Bewegung, die im 18. Jahrhundert in den USA gegründet wurde, steht das erste Stück im Zeichen von Spiritualität und menschlicher Verbundenheit.

„Study for Life“ hingegen widmet sich der Musik von Kaija Saariaho, der er in enger Freundschaft verbunden war. Die 2013 verstorbene Komponistin ist für ihre farbenreiche Klangsprache bekannt und wird von der Intendantin als eine der bedeutendsten Musikerinnen unserer Zeit geschätzt.

Opera - Eden in Olympia
Grammy-Gewinnerin Joyce DiDonato.Pisaroni/AP

Am 14. August findet mit „Emily – No Prisoner Be“ die letzte Premiere an der Werkstattbühne statt. Ausgehend von Versen der US-Amerikanischen Dichterin Emily Dickinson, handelt die Auftragsarbeit von der Freiheit des Geistes und der Suche nach Identität. Pulitzer-Preis-Trägers Kevin Puts entwarf die Musik, die Grammy-Gewinnerin Joyce DiDonato und das „Trio Time for Three“ performen werden.

Wo die Intendantin singt

Paasikivi wurde an der Königlichen Musikhochschule in Stockholm zur Sängerin ausgebildet und wirkte 15 Jahre lang im Ensemble der Finnischen Nationaloper, deren kreative Leitung sie von 2013 bis 2023 übernahm. Als singende Intendantin wird die Mezzosopranistin auf der Bühne stehen, wenn im Opernstudio am Kornmarkt Rossinis „La Cenerentola“ aufgeführt wird. Das Stück über die Geschichte Aschenputtels feiert am 12. August Premiere. In ihm kulminiert die von Paasikivi geleitete Meisterklasse. Das im März startende Format richtet sich an Nachwuchssänger aller Geschlechter und bietet ihnen die Chance, ihr Können zu vertiefen. „Als Festspiele kümmern wir uns um die Künstler der Zukunft“, garantiert Paasikivi vorfreudig.

Epische Orchestermusik

In den gleichen Hallen wird ab dem 18. Juli die Kooperation der Festspiele mit dem Wiener Burgtheater fortgeführt. Das Stück „bumm tschaka oder der letzte henker“ von Ferdinand Schmalz, handelt von einer Gesellschaft im Ausnahmezustand und wird vom Schweizer Regisseur und künstlerische Direktor des Burgtheaters, Stefan Bachmann inszeniert.

ABD0051_20240423 – WIEN – …STERREICH: Der designierte Burgtheaterdirektor Stefan Bachmann am Dienstag, 23. April 2024, anl. der Spielplan-PrŠsentation der Burgtheater-Saison 2024/25 im Burghteater in Wien. – FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Der Schweizer Regisseur und künstlerische Direktor des Burgtheaters, Stefan Bachmann.APA/FOHRINGER

Die Orchesterkonzerte widmen sich kommendes Jahr dem Epischen. So werden die Wiener Symphoniker Ravels „Shéhérazade“ unter der Leitung von Elim Chan am 21. Juli aufgeführt. Nach der Episode in den Orient macht am 27. Juli ein 80-köpfiger Männerchor halt im Festspielhaus. Der von Jukka-Pekka Saraste dirigierte Abend widmet sich dem finnischen Antihelden Kullervo. Am 4. August steht „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss im Mittelpunkt. Abschließend lädt das Symphonieorchester Vorarlberg zur Matinee, wenn sie am 17. August Werke von Alma und Gustav Mahler erklingen lassen.

Pressekonferenz Festspielprogramm 2025 am Donnerstag, 21. November 2024, um 10:30 Uhr im Festspielhaus Bregenz. Am Podium erwartet werden Festspielpräsident Hans-Peter Metzler, Intendantin Lilli Paasikivi, der kaufmännische Direktor Michael Diem sowie Andreas Kriegenburg, Regisseur der Oper im Festspielhaus
Der kaufmännische Direktor Michael Diem. Hartinger

Mehr als ein Seefestival

Die vorhergehende Auflistung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr zeigt sie auf, wie vielfältig das angekündigte Programm ist. „Wenn wir früher als Seefestival wahrgenommen wurden, dann sind wir das nicht mehr. Wir haben uns entwickel“, berichtet der kaufmännische Direktor Michael Diem. Er zeigt auf, dass die gezeigten Stücke üblicherweise nur in Metropolen aufgeführt werden und hält fest: „Das Geld, dass wir am See einspielen, können wir für alle anderen Produktionen verwenden.“

Bregenzer Festspiele: Fotoprobe “Der Freischütz” – Seebühne Spiel am See Festspielhaus Aufführung Stück Oper
“Der Freischütz” wird auch im kommenden Jahr auf der Seebühne aufgeführt. paulitsch

Drei Fragen an Intendantin Lilli Paasikivi:

1. Sie sind Finnin. Wie steht es um die Oper in ihrem Heimatland?
Paasikivi: Sie ist sehr populär. Wir haben hohe Standards und die meisten Uraufführungen der Welt. Die Tradition ist lebendig und aktuell. Von Wagner bis zu zeitgenössischen Produktionen wird dem gesamten Publikum etwas geboten. Überhaupt sind die Finnen sehr kulturinteressiert. Aufgrund staatlicher Unterstützung sind die Kartenpreise auch nicht zu hoch.

2. Viele kommen für das Spektakel zu den Festspielen. Es ist eng mit dem Format der Oper verbunden. Könnte es dennoch sein, dass diese Anziehung der Kunst schadet?
Paasikivi: Ich finde, die Seebühne ist ein eigens Projekt, wie eine Oper auf Steroide. Echt groß, aber mit Respekt für die Werke, bietet sie die Möglichkeit packende Aufführungen zu machen. „Madame Butterfly“ etwa gehört zum schönsten, was ich je gehört habe.

3. Wie ist es für Sie, ein internationales Festival in einer Kleinstadt wie Bregenz zu organisieren?
Paasikivi: Die Festspiele spiegelt die Identität der Bodenseeregion wider und bietet hochwertige Kultur in schöner Natur. Wie dieses Festival von der gesamten Bevölkerung gestützt wird, ist sehr schön zu sehen. Die Leute sind neugierig, was für Produktionen nächstes Jahr kommen. Auch der Freundeskreis der Festspiele ist sehr aktiv.