Kultur

Warum in Bregenz jetzt schon die Schmetterlinge fliegen

30.01.2025 • 18:25 Uhr
Warum in Bregenz jetzt schon die Schmetterlinge fliegen
Acht verschiedene Sorten leben hier bis Mai. paulitsch

Die neue Ausstellung im Kunsthaus Bregenz lädt zum poetischen Blick auf die Themen Traum, Schmerz und Grenzen der Natur.

Precious Okoyomon ist eine Träumerin. Jetzt lädt sie zum gemeinsamen Imaginieren ins Kunsthaus nach Bregenz, wo am Freitag ihre Ausstellung „One Either Loves Oneself Or Knows Oneself“ eröffnet wird.

Fast-Food für die Seele

“Ich wollte immer schon ein Detektivbüro für existenzielle Fragen betreiben“, lacht die 1993 geborene Künstlerin im Gespräch mit Direktor Thomas Trummer. Ein Wunsch, der scheinbar in Erfüllung ging. Das Erdgeschoss zeugt davon. Denn dort, wo die Blicke geläufig auf Objekte gerichtet sind, laden jetzt zwei Räume zur Sicht nach innen. Mit über 100 Jahre alten Möbeln und notorischen Liege-Couchs wirken sie wie aus der Zeit gefallene Praxen für Psychoanalyse. Doch im Gegensatz zur freudschen Orthodoxie verlangt die Installation keine wöchentlichen Besuche. Vielmehr bietet sie Fast-Food für die Seele, im positiven Sinn. Mitarbeiterinnen des KUB sorgen dafür. Denn bis zum Ende der Schau im Mai bieten sie in den Praxen die Möglichkeit zum Gespräch über das intime Leben der Seele.

Warum in Bregenz jetzt schon die Schmetterlinge fliegen
paulitsch

Engel aus Plüsch

Wer durch das verdunkelte Stiegenhaus den ersten Stock betritt, wird sich fragen, ob er den Kuscheltier-Himmel oder nicht doch deren Hölle erreicht hat. Denn von der Decke taumeln zahlreiche Figuren aus Plüsch. Leicht wackelnd, mit Flügeln echter Vögel, strahlen sie morbides Leben aus. Denn laut Okoyomon sind sie wie Engel, die nicht getötet werden können. In ihren Augen erinnern sie an die gewaltvolle Absurdität des existenziellen Leidens.

Warum in Bregenz jetzt schon die Schmetterlinge fliegen
paulitsch

Kuschel-Koloss

Dass dieses gemildert werden kann, will der zweite Stock vermitteln. Denn dort lädt ein gewaltiger Teppich samt Stofftier-Koloss zum gemeinsamen Träumen ein. Wie schon im Erdgeschoss werden die Besucher zum essenziellen Bestandteil der Schau. Ob sie dabei auch bereit sind, intime Praxen des Alltags auszuleben, wird sich zeigen.

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Direktor Thomas Trummer mit Precious Okoyomon. paulitsch

Über den Wolken Ohios

US-Präsident Thomas Jefferson merkte einmal an, dass die Erde den lebenden Menschen gehört. In verspielter Opposition zu dieser Idee steht der dritte Stock. Von feuchtwarmer Luft erfüllt, zeigt dort ein an der Wand flimmerndes Video, wie die Künstlerin hoch über Ohio ein Flugzeug steuert. Damit verwirklicht sie den antiken Traum vom Fliegen und beweist, dass der Himmel schon vor dem Tod erreichbar ist.

Warum in Bregenz jetzt schon die Schmetterlinge fliegen
paulitsch

Schmetterlingshaus

Der Projektion gegenüber ruht das wahre Herz der Ausstellung. Denn eigens für diese wurde ein Habitat für Schmetterlinge geschaffen. So offenbart sich den Besuchern ein kleiner Garten, zwischen dessen teils giftige Pflanzen die Wesen gedeihen. Entgegen der künstlerischen Intention markiert der Ort die Kraft der Naturbeherrschung, was nur durch unermüdliche Arbeit und Expertise des Schmetterlingshauses der Insel Mainau umgesetzt werden konnte.
Dass dies möglich ist, erfüllt Direktor Trummer mit Stolz. Denn andere Häuser können angesichts empfindlicher Werke nicht riskieren, dass sich unkontrollierbares Leben, seien es Tiere oder Schimmel, im Haus breit macht.

One Either Loves Oneself Or Knows Oneself” von Precious Okoyomon ist von Freitag, 31. Jänner, ab 19 Uhr bis zum 25. Mai im Kunsthaus Bregenz ausgestellt.