Dieser Junge hat’s drauf

Beim Konzert des Jugendsinfonieorchesters Dornbirn im Kulturhaus am vergangenen Samstag wurde der 16-jährige Pianist Tobias Jacob erstmals einem größeren Publikum als ganz außergewöhnliches Talent vorgestellt.
Matthias Seewald eröffnet das Konzert im sehr gut besuchten Kulturhaussaal in Dornbirn mit einem geschickt gewählten Stück: Carl Nielsens Vorspiel zum zweiten Akt seiner Oper „Saul und David“ bietet dem jungen Orchester die Möglichkeit, sich gleich bestens zu präsentieren: getragen von zarten Streichern, strahlendem Blech, farbigem Holz und exaktem Schlagwerk entsteht eine abgerundete Interpretation des Werkes, die einem Jugendorchester zur Ehre gereicht.

Konzentriert und sicher
Dann betritt der erst 16-jährige Pianist Tobias Jacob, der derzeit in der Dornbirner Musikschule bei Paul Faderny und an der Hochschule Stella in Feldkirch zunächst bei Gerhard Vielhaber und jetzt bei Katharina Berrío Quintero Klavier studiert, die Bühne. Er verbeugt sich bescheiden, setzt sich an den Flügel und beginnt kraftvoll die markanten Eröffnungs-Akkorde von Sergej Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 in c-Moll in die Tasten zu stanzen. Völlig konzentriert sitzt er da, ganz in die Musik versenkt, und er verströmt eine Ruhe und eine Sicherheit, die man bei einem so jungen Musiker nur selten sieht. Das Klavier gehört sofort ganz ihm und die Musik, die er aus den Tasten zaubert, ist weit mehr, als wenn ein junger Mensch ein schweres Stück gut spielt. Ihm gelingt eine ‚Klangrede‘ nach Art eines reifen Musikers, der Rachmaninows Musik nicht nur virtuos beherrscht, sondern auch zutiefst verstanden hat. Nichts scheint ihm an diesem großen Konzert Schwierigkeiten zu bereiten, weder die technischen Anforderungen noch die musikalische Gestaltung, die sogar erfahrene Pianisten herausfordert. Dabei spielt Jacob erst seit drei (!) Jahren Klavier, nachdem er in der Musikmittelschule Gesang und Akkordeon gelernt hatte.

Beglückende Momente
Seewald vertraut dem jungen Klavierspieler voll und ganz und ist immer in gutem Kontakt mit ihm. Halb zum Klavier gewandt vermittelt er gekonnt zwischen Solo-Instrument und Orchester und leitet seine jungen Musiker mit sicherer Hand über alle Klippen in Rachmaninows ausdrucksstarker Musik. Und sie kommen, eins nach dem anderen: die schönen Momente, die feinen Nuancen im Tempo und im Ausdruck, die berückenden Spannungsmomente während der großen Steigerungen und die wunderbare Erlösung während der lyrischen Ruhepole im Stück, die dieses Konzert so delikat machen und die das Herz über die beglückend gelungenen Passagen jubeln lässt.

Er reißt alle mit
Man schließt die Augen und versenkt sich in die schwere russische Musik und wenn man sie wieder öffnet, sitzt da ein junger Mensch am Klavier und man kann nicht fassen, was geschieht. Auswendig spielt er eines der großen Konzerte der Klavierliteratur, reißt die jungen Musiker im Orchester mit, verleitet sie, über sich hinauszuwachsen und erntet von Seewald, der konzentriert über allem wacht, ein zufriedenes Lächeln, das höchste Übereinstimmung signalisiert. So soll, so muss Musik auf hohem Niveau musiziert sein!

Exorbitanter Jubel
Ein wahrer Begeisterungssturm schlägt Jacob nach seinem Spiel entgegen. Bescheiden, als wäre nicht viel darum, nimmt der den Applaus und die standig ovations an und bedankt sich mit dem fetzig gespielten Prélude Nr.1 von George Gershwin.

Schöne Stückauswahl
Für Seewald ist es nun nicht leicht, eine Brücke zu den anderen Stücken im Programm zu schlagen, aber mit dem berührenden Intermezzo aus der Oper „Suor Angelica“ von Giacomo Puccini fasst er dem Publikum ans Herz. Auch die farbenfrohen „Armenischen Tänze“ von Komitas Vardapet, die nach der Bläserfassung von Alfred Reed von ihm selber sehr geschickt für das Jugendsinfonieorchester arrangiert wurden, verfehlen ihre Wirkung nicht. Eine Zugabe mit der „Halle des Bergkönigs“ von Edvard Grieg rundet das gelungene Konzert ab und entlässt ein tief beeindrucktes Publikum in einen hellen Frühlingsabend.

Schön auch für unser Ländle
Vielfach wird Vorarlberg von den anderen Bundesländern wegen der großen Zahl an musikalischen Talenten bewundert oder sogar beneidet. Woher kommt das? Wir haben hier eine große Dichte an musikalischen Ausbildungsstätten, wir haben gute und engagierte Lehrer und wir dürfen stolz auf die schönen Erfolge unserer jungen Musiker und Musikerinnen bei Wettbewerben und Konzerten blicken. Und nun hat sich zu Aaron Pilsan, der gerade auf dem Weg zu einer erfolgreichen Karriere ist, ein weiterer junger Pianist aus Dornbirn gesellt, dem nach diesem fulminanten Konzert der ganz große Erfolg nun wohl auch vorgezeichnet ist.
Thomas Thurnher