Kultur

Löwenwilde Wirtshaus-Geschichten aus Feldkirch

03.06.2025 • 18:50 Uhr
Löwin vor dem Hotel Löwen
Löwin vor dem Hotel Löwen. Marxer

Die Ausstellung „Von Wirten und Zechern“ im Schattenburg Museum erzählt Feldkircher Lokalgeschichte zwischen Alltag und Ausnahmezustand.

In und um Gaststätten kann es tierisch zur Sache gehen. Dass es sich dabei nicht nur um eine Phrase handelt, verdeutlicht ein Teil der neuen Sonderausstellung des Schattenburg-Museums „Von Wirten und Zechern“. Basierend auf einem Artikel des Feldkircher Stadtanzeigers vom 7. Juli 1926 wird von einer Löwin berichtet, die in Feldkirch am Vortag der Menagerie Fischer und Holzmüller entkommen ist. Ein beigefügtes Foto zeigt die Großwildkatze samt Betreuer auf den Stiegen des Hotel Löwen. Doch sein Erfolg war nur von kurzer Dauer. Ihm erneut entkommen, floh die Löwin Richtung Göfner Wald, wo sie von der Gendarmerie gestellt wurde.

Löwin vor dem Hotel Löwen
Marxer

Szenen wie diese fügen sich mit den mannigfaltigen Beispielen zu einem Bild, das den Wandel dieser öffentlichen Orte verdeutlicht.

Löwenwilde Wirtshaus-Geschichten aus Feldkirch
Hartinger

Austausch und Unterschlupf

Im späten Mittelalter führte die Route des Mailänder-Lindauer Boten über die Montfortstadt. Gaststätten wie die in der heutigen Lichtensteinerstraße gelegene “Krone” waren nicht nur für den Schlaf der Fuhrleute essenziell. So konnten die Pferde versorgt und dank der Schmiede Wägen in Schuss gehalten werden. Aber auch jene, die es vor der nächtlichen Schließung nicht mehr hinter die Stadtmauern des damaligen Feldkirchs geschafft haben, fanden Unterschlupf.

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Hartinger

Als Verbindungsglied zwischen nah und fern wurden die Gasthäuser zu Orten des Austauschs. Wirte zählten nicht nur zu den bestinformierten Personen, ihre Häuser gaben der Öffentlichkeit Raum. Seien es politische Versammlungen, Beerdigungen oder Taufen. Von den verschiedenen Gesellschaftsschichten künden ausgestellte Kunstwerke. Etwa der „Brei essender Bettlerjunge“ des aus der Feldkirch stammenden Malers Jakob Franz Zipper (1664-1736).

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Zippers „Brei essender Betteljunge“. Hartinger

Das Herzstück der Schau

Anlass und Herzstück der Schau ist die dazugehörige Publikation. Sie umfasst 536 Seiten und basiert auf dem handgeschriebenen Manuskript des 2022 verstorbenen Historikers Gerhard Winkler. 2010 beginnend, zog dieser mit seiner Aktentasche durch Archive, Gaststätten und Friedhöfe, wo er in kolossaler Detailarbeit die Grundlagen für das umfassende Register der 109 Gastronomie-Betriebe des Buches legte. Obwohl sein Freund Peter Müller bereits 2019 an einer digitalen Übersetzung arbeitete, konnte Winkler das fertige Werk nicht mehr erleben. Dessen Vollendung ist der Verdienst von Manfred A. Getzner, der als Herausgeber und mittlerweile Altobmann des Schattenburg Museums eng mit den Historikern des städtischen Archivs zusammenarbeitete.

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Hartinger

Nackter Engel sorgt für Unmut

Eintrag Nummer 26 erzählt die Geschichte des Gasthaus Lingg in der Kreuzgasse. 1878 von Eduard Lingg dem Älteren als Gaststätte mit Weinhandel und Branntweinbrennerei gegründet, beherbergte es davor das Atelier des Malers Josef Bucher (1820-1883). Dessen Frau Kreszenz Bucher veräußerte das Haus an Josef Wegeler, der es 1886 um 15.000 Gulden an Lingg den Jüngeren verkaufte. 1984 übernahm dieser die Geschäftsleitung, 1933 folgte ein umfangreicher Ausbau der Räumlichkeiten.

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Hartinger

Wie alle Beiträge ist auch dieser umfangreich bebildert und mit einer Aufzählung der Eigentümer, Leiter oder Pächter versehen. Auch die Geschichte des „unkeuschen“ Knaben wird mit Verweis auf mündliche Quellen in humorvollem Ton überliefert. Dabei handelte es sich um eine Wandmalerei, die einen splitternackten Engels-Buben zeigt. In der umsatzschwachen Fronleichnams-Zeit soll er für Gäste gesorgt, dem Wirt aber auch den Spitznamen „Füdelwirt“ eingebracht haben. Letzten Endes gab ein extra bestelltes Maler dem Bild ein Kleid. Während die Nacktheit verschwand, soll die Geschichte laut Buch bis in die Gegenwart für Gesprächsstoff sorgen.

Die Ausstellung „Von Wirten und Zechern“ im Schattenburg Museum, Feldkirch, kann bis zum 31. Oktober 2025 besichtigt werden.