Kultur

Kommissarin Rotkäppchen ermittelt

23.06.2025 • 13:19 Uhr
Kommissarin Rotkäppchen ermittelt
Josephine Rotkäppchen (Raffaela Andrea Juen) flüchtet vor der Werwölfin (Dorela Azemi). Hartinger

Kommissarin Rotkäppchen wirbelt mit ihrer Recherche das Märchenland auf. Ein Stück des Jugendtheaters des Vorarlberger Landestheaters.

Draußen auf dem Kornmarktplatz in Bregenz flirrt am Sonntag um 15 Uhr die Hitze. Drinnen in der „Box“ des Vorarlberger Landestheaters ist es angenehm kühl. Ein Grund, sich „Mord im Märchenland“ des Jugendtheaters mit Jugendlichen zwischen zehn und 14 Jahren anzusehen. Ein anderer ist die Neugier auf ein Stück, das die jungen Schauspieler zusammen mit dem Regisseur Oskar Riedmann entwickelt und einstudiert haben.

Kommissarin Rotkäppchen ermittelt
Oskar Riedmann.Hartinger

Etwas Eigenes der Öffentlichkeit präsentieren, zu diesem Zweck Texte einstudieren, auswendig lernen und rezitieren. Die nötige Körperspannung dafür aufbringen, sich rasch umziehen, mit den anderen Schauspielenden interagieren, mit Pannen umgehen, mit der eigenen Aufregung. Das alles und noch viel mehr macht das Jugendtheater am Vorarlberger Landestheater aus.

Kommissarin Rotkäppchen ermittelt
Kommissarin Rotkäppchen (Zaina Radas) trifft in der Bar des Gestiefelten Katers (Jodok Franz) auf Robin Hood (Noah Schlatter). Hartinger

Bei diesem Stück sind sie zu zwölft: unter anderem die in einem 20 Jahre zurückliegenden Mordfall ermittelnde Kommissarin Rotkäppchen, die mit dem Rotkäppchen aus dem Märchen außer rotem Samt nicht viel gemeinsam hat. Ebenso wird am Anfang angekündigt, dass auch die weiteren Märchenfiguren sehr frei interpretiert werden. Noah Schlatter als Robin Hood hat sichtbar Spaß an seiner Rolle, ebenso Paul Mang als Fake Hänsel, genau wie Hanna Brunner als Prinzessin und Sprecherin der Grinsekatze. Aber wirkliche Hauptrollen gibt es nicht, jede Rolle ist wichtig, und mit den Schauspielenden wird ein ganzes Märchenpanoptikum aufgefächert. Der Plot steckt voller Fantasie und voller überraschender Wendungen. Die Kostüme sind aufwendig und prunkvoll, hier wurde nicht gegeizt.

Kommissarin Rotkäppchen ermittelt
Julian Ringer als Hänsel. Hartinger

Recherche mit Umwegen

Mit dem Fortgang des Stücks entdecken die Zuschauenden, dass Kommissarin Rotkäppchen den Fall deswegen wieder aufrollen möchte, weil das verschwundene Opfer damals ihre eigene Mutter war. Ihre Recherchen beginnen in einer Bar, die in echt besteht und die einzige größere Requisite auf der Bühne darstellt, aber ebenfalls dezent schwarz ist. Hier werden Liköre ausgeschenkt an zwielichtige Figuren wie den angeblichen Original-Robin-Hood. Hier erhält die Kommissarin erste Hinweise von ihrem Vorgänger, der sich an dem Fall die Zähne ausgebissen hat, wie er sich noch ungern erinnert. Alle Spuren führen ins Labyrinth, das aber zunächst durchquert werden muss. Nicht ganz leicht, denn den Weg versperrt die Grinsekatze, die jedem Durchquerenden drei Rätsel stellt. Das erste Rätsel ist noch leicht: „Was ist zwei plus zwei?“ Das nächste Rätsel kann Robin Hood, der der Kommissarin heimlich gefolgt ist und versucht, als erster das Ziel zu erreichen, mithilfe des gerne unterstützenden Publikums lösen: Was schmilzt in der Sonne und ist manchmal süß …? Das Publikum fühlt sich ans Sommerwetter draußen erinnert und sekundiert mit „Eis!“ Doch das dritte Rätsel… aber halt, da kommt ja die Kommissarin Rotkäppchen! Gemeinsam lösen alle Figuren den verzwickten Fall.

Kommissarin Rotkäppchen ermittelt
Steve Deph der Gärtner vom Labyrinth (Martin Behrens) läuft Shrek (Lara Lechtaler) hinterher.Hartinger

Der Bösewicht

Denn der Fake-Hänsel, der Hänsel, der so tat, als sei er der echte, ist ein Bösewicht. Er hat Rotkäppchens Mutter gefangen gehalten und sie genötigt, Erfindungen ins Leben zu rufen, die er dann zu Geld machen konnte. Seine größte Cashcow ist das „Pineapple Phone“, ein Smartphone, das schamlos alle Daten der Nutzer sammelt und ihnen im Gegenzug Sicherheit verspricht. Ein gespielter Werbeclip für das Pineapple Phone gehört zu den stärksten Szenen im Stück; die Klammer, dass Geldgier skrupellos macht, funktioniert. Ursprünglich hat Rotkäppchens Mutter gemeinsam mit dem echten Hänsel Erfindungen gemacht. Den echten Hänsel gibt es noch, aber er hat seinen Kummer in Likören ertränkt, niemand schenkte ihm Glauben.

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Wer spielt hier den echten Hänsel: Paul Mang oder Julian Ringer(r.)? Hartinger

In diesem Stück geht es um die Bedeutung der Wahrheit, darum, wie wichtig es ist, ihr nachzuspüren, Konsumkritik blitzt ebenso auf wie Humor und Hintergründigkeit.

Kommissarin Rotkäppchen ermittelt
Hanna Brunner als Prinessin.Hartinger

Es ist ein Stück, das seine Zuschauenden zu Standing Ovations hingerissen hat. Manche Stellen waren akustisch nicht leicht zu verstehen, wenn Musik oder Hintergrundgeräusche wie das Hereinschieben der Bar dazukamen. Insgesamt hat sich der Besuch des Stücks aber gelohnt, und zwar nicht nur, um der Hitze draußen zu entfliehen.