Leute

“Was hier hinter dem Rücken der Bürger abgeht, mache ich nicht mehr mit”

25.01.2024 • 19:34 Uhr
V.l.: Agnes Hertnagel, Günter Widmer und Melanie Ferstl. Die Drei sind Unterstützer der Bürgerinitiative. <span class="copyright">NEUE/Holzer</span><span class="copyright"></span>
V.l.: Agnes Hertnagel, Günter Widmer und Melanie Ferstl. Die Drei sind Unterstützer der Bürgerinitiative. NEUE/Holzer

Die Altacher Bürgerinitiative kämpft weiter gegen den Bau einer Straße im Naherholungsgebiet. Sie haben zahlreiche Unterstützer in der Bevölkerung.

“Heute kann es regnen, stürmen oder schneien”, lautet eine Passage aus einem bekannten Kindergartenlied. Am Donnerstagnachmittag regnete es in Strömen, doch auch wenn es geschneit oder gestürmt hätte, hätten sich die etwa 20 Bürger aus Altach und Umgebung unter dem Vordach eines Pferdestalls versammelt. “Das ganze Ding ist widersinnig, absolut widersinnig”, kritisiert die Altacherin Agnes Hertnagel deutlich. Einmal mehr ist die Rede von der geplanten Erschließungsstraße im Altacher Ried.

Initiative gegen die Straße

Die “Bürgerinitiative Naherholungsgebiet Altach” lud am besagten Nachmittag zu einer Pressekonferenz ins Altacher Ried. Wie die NEUE berichtete, setzt sich die Initiative rund um Bernd Schnetzer, Herbert Sohm, Konrad Müller, Silke Kräutler und Helmut Komposch gegen den Bau einer Lkw-Straße ein, deren Bau die Altacher ÖVP im Naherholungsgebiet der Gemeinde plant. Dort sollen an Spitzentagen 400 Lkws zum umstrittenen Kiesabbaugebiet und zum Altacher Industriegebiet fahren. Um das zu verhindern, sammeln die Initiatoren Unterschirften. „Unsere Online-Petition wurde von über 700 Menschen unterschrieben“, berichtet Schnetzer. Die schriftliche Petition sei noch in Umlauf.

V.l.: Herbert Sohm, Silke Kräutler, Konrad Müller und Bernd Schnetzer. Der fünfte Initiator, Helmut Komposch, war krankheitsbedingt nicht anwesend. <br><span class="copyright">NEUE/HOLZER</span>
V.l.: Herbert Sohm, Silke Kräutler, Konrad Müller und Bernd Schnetzer. Der fünfte Initiator, Helmut Komposch, war krankheitsbedingt nicht anwesend.
NEUE/HOLZER

Auf der Pressekonferenz fasste Bernd Schnetzer die Causa um die Abstimmung zum Kies-Deal in der Altacher Gemeindevertretung noch einmal zusammen. Der Ersatzvertreter der ÖVP stimmte in der Gemeindevertretung gegen die Vereinbarung mit Götzis. Daraufhin wurde eine zweite Abstimmung zur selben Frage anberaumt, die pro Kiesabbau ausging. “Ich als Ersatzmitglied stimmte mit “Nein”, dann hat man mich bei der zweiten Abstimmung außen vor gelassen”, sagte er.

Das sei der Anlass zur Gründung der Bürgerinitiative gewesen, so der mittlerweile aus der ÖVP ausgetretene Schnetzer: “Wir wussten: kommt das Kies, dann kommt die Straße.” Er wird deutlich: “Das ist einfach Natur hier draußen, das dürfen wir nicht zerstören. Wenn einmal die Straße kommt, wird sie nie mehr rückgebaut.”

Sorge vor Ausbau

Schnetzer befürchtet einen Ausbau der Straße in den kommenden Jahren, sollte sie gebaut werden: “In zwei Jahren sagt man dann, die Ausweichen reichen nicht mehr, wir müssen die Straße breiter machen. In fünf Jahren lassen wir den ganzen Verkehr über die Erschließungsstraße ins Dorf fahren, weil das Schnabelholz so ein Nadelöhr ist. Und in 20 Jahren baut man hier draußen ein Industriegebiet.”

Der Initiator würde Alternativen bevorzugen: “Es gibt andere Varianten, die man sich genau anschauen muss, die man kurzfristig versuchen könnte.” Er unterstreicht auch die Wichtigkeit, die das Naherholungsgebiet für Altach hat: “Man merkt, wie wichtig den Leuten der Erhalt der Natur ist. Hier draußen ist unsere grüne Lunge. Das ist das einzige Naherholungsgebiet, das wir noch haben. Den Emmebach hat man für Millionen renaturiert, der ist wunderschön geworden. Das dürfen wir nicht zerstören.”

Mitintiator Konrad Müller verweist in seinem Redebeitrag auf der Pressekonferenz auf den räumlichen Entwicklungsplan, den die Gemeinde Altach 2022 vorgestellt hatte. “Darin wird die Erarbeitung eines Freiraumplans versprochen, in den die Bevölkerung einbezogen wird. Da ist gar nichts passiert, das war ein Hau-Ruck-Beschluss. Die Widersprüche zum Entwicklungsplan sind eklatant.”

Auswirkungen auf Nachbargemeinden

Mit Wolfgang Weber (Bürgerliste Altach+Grüne) und Heribert Hütter (SPÖ und Parteifreie) waren auch Vertreter der beiden anderen in der Gemeindevertretung aktiven Fraktionen auf der Pressekonferenz anwesend. “Wir sind derselben Meinung wie die Bürgerinitiative, dass die geplante Straße nicht im Sinne der Altacherinnen und Altacher ist. Die Straße führt zu einer Beschneidung unseres Naherholungsgebiets, was nicht nur Altach, sondern auch für die umliegenden Kummenberggemeinden betrifft. Das kann nicht im Interesse von Umweltschutz und Ökologie sein”, erklärte Weber auf Nachfrage.

Wolfgang Weber von der Bürgerliste Altach+Grüne (BLAG) <br><span class="copyright">NEUE/HOLZER</span>
Wolfgang Weber von der Bürgerliste Altach+Grüne (BLAG)
NEUE/HOLZER

Aus dem benachbarten Mäder stammen Maria und Sonja Hämmerle. Sie wohnen in Grenznähe zu Altach, wie Maria erklärt: „Bei uns fahren viele Kinder auf dem Weg zum Fußballplatz mit dem Rad vorbei. Im Sommer radeln sie zum Schwimmbad Rheinauen. Die Kinder müssten einen riesigen Umweg nehmen. Das ist ein großes Argument für uns gegen die Straße.“ Sie verlässt die Pressekonferenz mit einer Hand voll Flyer der Initiative. „Unsere Tochter hat einen Automaten vor der Tür. Dort tun wir sie hin, damit die Bevölkerung in Mäder auch Bescheid weiß.”

Maria und Sonja Hämmerle <br><span class="copyright">NEUE/HOLZER</span>
Maria und Sonja Hämmerle
NEUE/HOLZER

Problematisch für die Pferde

Markus Monz ist Besitzer des Stalls, in dem die Pressekonferenz stattfindet. Dieser liegt direkt an der geplanten Trasse der Erschließungsstraße. “Wir haben den Pferdestall vor zehn Jahren gekauft. Meine Tochter übt Springreiten aus, zudem züchten wir Pferde. Das wäre ein Wahnsinn, wenn hier Lkws vorbeidonnern. Die Pferde wären sehr nervös”, ist Monz besorgt.

Hunderte Lkws pro Tag auf dieser Straße? Stand jetzt ohne Ausbau schwer vorstellbar. <br><span class="copyright">NEUE/HOLZER</span>
Hunderte Lkws pro Tag auf dieser Straße? Stand jetzt ohne Ausbau schwer vorstellbar.
NEUE/HOLZER

Zur Pressekonferenz hat er seinen Lkw mitgebracht. Für die NEUE verdeutlicht er, wie eng die Straße derzeit noch ist. “Von den Varianten, die vorgestellt wurden, ist das die schlechteste”, erklärt Monz. Sollte die Straße gebaut werden, überlege er, den Stall zu verkaufen. “Wenn so viele Lkws hier durchfahren, ist hier keine Erholung mehr möglich.”

Markus Monz hinter dem Steuer seines Lkws. <br><span class="copyright">NEUE/HOLZER</span>
Markus Monz hinter dem Steuer seines Lkws.
NEUE/HOLZER

Kritik der Bürger

Agnes Hertnagel, Günter Widmer und Melanie Ferstl sind Nachbarn. Sie wohnen in einer verkehrsbelasteten Straße in Altach, erzählt Melanie. Trotzdem sei sie nicht gegen den Lkw-Verkehr im Allgemeinen. Eher stört sie sich an der Politik: „Was hier hinter dem Rücken der Bürger abgeht, das mache ich nicht mehr mit.“

Hertnagel, Widmer und Ferstl setzen sich für den Erhalt des Naherholungsgebietes ein. <br><span class="copyright">NEUE/HOLZER</span>
Hertnagel, Widmer und Ferstl setzen sich für den Erhalt des Naherholungsgebietes ein.
NEUE/HOLZER

Hertnagel macht sich Sorgen um die Jugend: „Eine Gemeinde ohne Natur, was ist da mit der nächsten Generation?“ Sie richtet scharfe Worte in Richtung des Kieswerkbesitzers: „Wenn es ganz gut geht, ist das Kieswerk auch fertig. Er soll sich zufrieden geben, wenn er ein paar Lkws aus Deutschland reinholt, und wenn ihm das nicht passt, soll er aufhören.“

Auch Günter Widmer wünscht sich, dass das Kieswerk an einen anderen Standort kommt. „In der heutigen Zeit müssen wir endlich vernünftig mit der Natur und mit unseren Ressourcen auskommen. Wir sind nach wie vor Europameister im Zubetonieren, aber rühmen uns andererseits damit, wie umweltfreundlich wir sind“, so Widmer.