Leute

„Ich bin schon lange ein Christlich-Sozialer“

15.06.2024 • 06:00 Uhr
„Ich bin schon lange ein Christlich-Sozialer“
Feldkirchs neuer Bürgermeister, Markus Rädler.hartinger

Manfred Rädler (59), neuer ÖVP-Bürgermeister von Feldkirch, über seinen Gestaltungswillen, Grundtauschgeschäfte und warum er im Herzen nun doch kein Freiheitlicher mehr ist.

Sie ind jetzt seit rund 43 Stunden Bürgermeister der zweitgrößten Stadt Vorarlbergs. Wie fühlt sich das an?

Manfred Rädler: Ich bin sehr froh und glücklich jetzt. Es ist seit ein paar Monaten bekannt, dass ich das Amt übernehmen soll. Das war schon eine angespannte Zeit, da ja man große Demut vor der Aufgabe hat. Jetzt bin ich angekommen.

Wie haben Sie Ihren ersten Tag im Amt verbracht?

Rädler: Ich hätte zwar gleich in der Früh eine Finanzvorbesprechung gehabt. Die habe ich aber gecancelt, denn ich wollte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus vorstellen. Sie sind das Kapital der Stadt, und das muss man wertschätzen. Natürlich konnte ich nur einen kleinen Teil begrüßen.

Sie waren bisher als Immobilienunternehmer „erfolgreicher Einzelkämpfer“, so haben sie sich zumindest auf ihrer Firmen-Webseite selbst beschrieben. Als Bürgermeister führen Sie ein Unternehmen mit 1200 Mitarbeitern, zudem ist das Ringen um vernünftige Kompromisse in der Politik unerlässlich. Eine große Umstellung, oder?

Rädler: Jein. Mein Unternehmen war zwar sehr schlank strukturiert, aber auch dort habe ich Arbeitsaufträge an Externe vergeben. Da gab es viele Besprechungen und Abstimmungen. Natürlich kann man das mit dem Bürgermeisteramt nicht vergleichen. Insofern ist es schon eine Herausforderung, aber auch eine Freude, mit so vielen Mitarbeitern zusammenarbeiten zu dürfen.

„Ich bin schon lange ein Christlich-Sozialer“
Manfred Rädler ist am Mittwoch als Bürgermeis­ter ins Rathaus eingezogen. Hartinger

Neue Personalien bringen auch neue Herangehensweisen: Was bleibt in Feldkirch gleich, was wird sich ändern?

Rädler: Vieles ist schon beschlossen und auf Schiene. Da stellt sich natürlich die Frage, wie man als neuer Bürgermeis­ter noch spürbar werden kann. Was ich mir vorgenommen habe, ist die Belebung und Attraktivierung der Innenstadt.

Konkret?

Rädler: Für mich besteht die Stadt Feldkirch nicht nur aus Marktgasse und Neustadt. Ich möchte in der ganzen Innenstadt ein attraktives Umfeld schaffen, zumindest an den Markt- und Veranstaltungstagen.

Und dann gibt es ja auch noch die Ortsteile. Tosters beispielsweise wächst enorm, die soziale Infrastruktur scheint jedoch hinterherzuhinken.

Rädler: Diese Herausforderungen werden nicht kleiner. Was die Kinderbetreuungsplätze anbelangt, kommen wir unserem Auftrag gut nach. Wir bringen alle angemeldeten Kinder unter.

Ihrem Vorgänger Wolfgang Matt wurde nachgesagt, mehr Verwalter als Gestalter zu sein. Wie sieht es mit Ihrem Gestaltungswillen aus?

Rädler: Ich habe jetzt acht Monate bis zur Wahl, da werde ich die laufenden Projekte begleiten. Aber ich habe natürlich schon ein paar Ideen und auch Änderungen vor. Was ich schon jetzt sagen kann: Das Montfortspektakel (Anm.: mittelalterliches Fest) wird es nächstes Jahr höchstwahrscheinlich wieder geben.

Das ist jetzt aber kein allzu großer Wurf.

Rädler: Weitere Ideen werden dann natürlich zusammen mit meinem jungen Team als Vorhaben der ÖVP auch im Zusammenhang mit anstehenden Wahlgängen genannt werden.

Ein Bürgermeister hat das Ohr – im besten Fall – beim Bürger. Was hören Sie da, wo drückt der Schuh?

Rädler: Wohnen, Verkehr und Sicherheit sind sicher die Themen, die den Bürger am meisten beschäftigen. Dieser Themen werde ich mich auch annehmen. Wir müssen leistbaren Wohnraum schaffen. Wir planen gerade gemeinsam mit der Vogewosi ein Wohnen-550-Projekt. Da entstehen 29 Wohnungen. Das ist nicht viel, aber immerhin.

„Ich bin schon lange ein Christlich-Sozialer“
Manfred Rädler will gestalten. hartinger

Für die Leerstandsabgabe sind sie nicht zu haben, oder?

Rädler: Ich möchte unsere Bürger nicht zusätzlich belasten. Zunächst müssen wir die Leer­standsabgabe evaluieren, weil es da viele Ausnahmen gibt. Meiner Meinung nach sollten wir eher unterstützend auf die Leute zugehen. Vielleicht mit einem städtischen Modell, ähnlich zur Landesinitiative „Sicheres Vermieten“. Den Menschen dabei zu helfen, ihre Wohnungen auf den Markt zu bringen, wäre wesentlich besser, als sie zu bestrafen.

Wo wollen Sie sonst noch Schwerpunkte setzen?

Rädler: Wichtig ist der Stadttunnel. Ohne ihn spreche ich der Stadt Feldkirch das weitere Wachstum ab. Die Ortszentrumsentwicklung in Tisis wäre dann zum Beispiel nicht möglich.

Für die Klimaaktivisten haben Sie wenig übrig. Sie nannten sie am Dienstag die „Verhinderer mit ihren Phantastereien“.

Rädler: Ich habe nichts gegen das Demonstrieren an sich. Aber man muss ein Projekt, das auf Schiene ist und bei dem alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt wurden, halt auch einmal zur Kenntnis nehmen. Den Tunnel jetzt abwürgen zu wollen ist ewiggestrig.

„Was ich mir vorgenommen habe, ist die Belebung und Attraktivierung der Innenstadt.“

Manfred Rädler, Bürgermeister

Noch vor Ihrer Wahl sind sie wegen eines Grundstückstausches in die Kritik geraten. Dieser soll sehr zu ihrem Vorteil ausgefallen sein. Wie ist Ihre Sicht der Dinge?

Rädler: Das Grundstück am Hang der Schattenburg gehörte schon meiner Großmutter. Die Stadt Feldkirch ist 2018 mit dem Wunsch an mich und meinen Vater herangetreten, das Grundstück zu erwerben oder zu tauschen. Es war das letzte Grundstück um die Burg, das nicht der Stadt gehörte. Und auf ihrem Grundstück in der Marokkanerstraße hätte die Stadt gar nichts bauen könne, weil das Erdgeschoss freibleiben muss und die Erschließung nur durch mein Gebäude, das unmittelbar daneben liegt, möglich ist. Da wurde vieles falsch dargestellt. Untergegangen ist etwa, dass ich viele Auflagen bekommen habe. Weiters muss man dazusagen, dass die Schließung der Lücke schon seit den 1960er-Jahren ein Thema ist und auch im Stadt­entwicklungsplan vorgesehen.

„Ich bin schon lange ein Christlich-Sozialer“
hartinger

Halten Sie die Bewertung des seinerzeitigen Kaufpreises für das Grundstück für gerechtfertigt? Ich habe mir von Experten sagen lassen, dass die Stadt da locker das Doppelte verlangen hätte können.

Rädler: Wie schon gesagt, war dieser Grundtausch ein wertgleiches Tauschgeschäft, bei dem beide Parteien bekommen haben, was sie wollten. Bei der Stadt Feldkirch sind ausgewiesene Experten für die Immobilienbewertung tätig.

Was wird nun aus dem Bauprojekt?

Rädler: Das werden meine Nachfolger in der Firma betreiben. Es wurde aufgrund der Zinsen und Baukosten verschoben, aber nicht aufgehoben.

Ein Blick nach vorn: Was sollen die Feldkircher nach Ihrem ersten Jahr als Bürgermeister über Sie sagen?

Rädler: Dass es jetzt einen anderen Bürgermeister gibt, der Manfred Rädler heißt, und nicht alles gleich geblieben ist.

Was ist Ihr persönliches Ziel für die Wahl im nächsten Jahr?

Rädler: Wieder Bürgermeister zu werden.

Und was wünschen Sie der ÖVP für ein Ergebnis?

Rädler: Ich kann jetzt keine Wahlprognose für die Partei abgeben. Ich bin auch nicht der Stadtparteiobmann.

Zur Erinnerung: 2020 bekam die ÖVP Feldkirch 40,48 Prozent der Stimmen, hat also sieben Prozentpunkte verloren. Wollen Sie die wieder zurückholen?

Rädler: Natürlich, das will man immer.

„Ich bin schon lange ein Christlich-Sozialer“
Der neue Bürgermeister im Interview mit der NEUE Vorarlberger Tageszeitung. hartinger

Von einer absoluten Mehrheit kann man dieser Tage nur mehr träumen, oder?

Rädler: Das wäre immer ein Ziel, aber es ist schwer – schon allein aufgrund der Parteienvielfalt.

Werden Sie allenfalls die Koalition mit der FPÖ fortführen?

Rädler: Wir treten als ÖVP an und nicht als Koalition. Diese Frage stellt sich nach der Wahl. Im Moment haben wir jedenfalls eine sehr gut funktionierende Koalition.

Was im Wahlkampf sicher ein Thema werden wird: Sie waren vor ihrem Eintritt in die ÖVP ein glühender Haider-Fan, gehörten von 1996 bis 2005 der Feldkircher FPÖ an und waren freiheitlicher Stadtrat und Spitzenkandidat.

Rädler: Ich war sehr jung damals. Ich bin in einer schlank strukturierten Partei rasch an eine entsprechende Position gekommen, das hat mir natürlich gefallen. Ich habe aber alle Brücken und Kontakte abgebrochen und bin mit der FPÖ ideologisch nicht mehr verbunden. Ich bin jetzt ein Christlich-Sozialer – und das auch schon wieder lange.

Bei ihrem Austritt aus der FPÖ sagten Sie in einem Interview: „Im Herzen bleibe ich Freiheitlicher.“ Wie schaut es heute in Ihrem Herzen aus?

Rädler: Wir wurden damals drei Tage vor den Gemeindewahlen mit der BZÖ-Abspaltung konfrontiert, was uns ein katastrophales Ergebnis eingebracht hat. Ich war einfach angefressen, hatte die Ideologie damals aber klarerweise noch nicht abgelegt, was dann zu dieser Aussage führte. Das stimmt heute so nicht mehr.

Gesetzt den Fall, Sie gewinnen die Direktwahl im nächsten Jahr: Wie lange wollen Sie Bürgermeis­ter bleiben? Bei der nächsten Wahl im Jahr 2030 wären Sie dann 65 Jahre alt?

Rädler: Ideal.

Ideal … um dann in Pension zu gehen?

Rädler: Nein. Um weiterzumachen, sofern es mir noch Spaß bereitet und die Gesundheit mitmacht.

„Ich bin schon lange ein Christlich-Sozialer“
Manfred Rädler. hartinger