Rachel Bowman entfacht in Hohenems Feuer für Flamenco

Die gebürtige US-Amerikanerin ist Flamencotänzerin, Choreografin sowie Tanz- und Ausdruckspädagogin. Mit großer Leidenschaft unterrichtet Bowman seit 2017 im Llegando Studio in Hohenems.
FLAMENCO
Flamenco ist eine traditionelle Kunstform aus Andalusien in Spanien, die Musik, Gesang und Tanz vereint. Sie ist seit dem 19. Jahrhundert populär und ist stark von der Kultur der Roma, aber auch von arabischen, jüdischen und christlichen Einflüssen geprägt. Flamenco zeichnet sich durch leidenschaftliche Ausdruckskraft, komplexe Rhythmen und virtuose Gitarrenmusik aus. Der Gesang (Cante) ist oft klagend und emotional, der Tanz (Baile) kraftvoll und voller Ausdruck. Heute ist Flamenco weltweit anerkannt und gilt als bedeutendes kulturelles Erbe, das sowohl als traditioneller als auch als moderner Ausdruck gefeiert wird
Die in Grand Rapids, Michigan, geborene und nahe Seattle aufgewachsene Rachel Bowman hatte ursprünglich andere Pläne. Sie ist Absolventin des New England Conservatory of Music in Boston und der renommierten Juilliard School in New York, wo sie Gesang studierte. „Ich wollte Opernsängerin werden“, erzählt die heute 54-Jährige. In New York begann sie auch zu tanzen – „aber nur hobbymäßig“.
Danach zog es sie erstmals über den großen Teich. Dank eines Stipendiums der Juilliard School ging sie nach Madrid, um spanisches Gesangsrepertoire, Kastagnetten und Flamencotanz zu studieren. Immer mehr widmete sie sich dem Flamencotanz und perfektionierte ihr Können bei renommierten Tänzern wie Ciro, Joaquin Ruiz, Maria Magdalena und Merche Esmeralda in Madrid, Sevilla und Barcelona.
Die Entscheidung
Im Jahr 2000 traf sie eine endgültige Entscheidung: Sie entschied sich für den Flamencotanz und gegen die Oper. In einem Tanzworkshop in München, „den ich zufällig besuchte“, lernte Bowman den österreichischen Flamenco-Gitarristen und Vater ihres mittlerweile 20-jährigen Sohnes, Andreas Maria Germek, kennen. Es folgten gemeinsame Auftritte in ganz Europa. Ihre ausgeprägte Musikalität und ihr tiefes Verständnis für den Gesang ermöglichten ihr eine ganz neue Sichtweise auf den Flamenco. Diese Fähigkeiten spiegeln sich nicht nur in ihren Auftritten wider, sondern bereichern auch ihren Flamencotanz-Unterricht, den sie seit 2000 in München, Augsburg, Klagenfurt, Lustenau sowie aktuell in Hohenems und Chur in Workshops und Kursen anbietet.

Studio in Hohenems eröffnet
Seit 2014 lebt Rachel Bowman in Vorarlberg, wohnt in Dornbirn. Nachdem sie 2016 die Ausbildung zur Tanz- und Ausdruckspädagogin absolvierte, eröffnete sie ein Jahr später im Hohenemser Kästleareal das Llegando Studio – Zentrum für Flamenco und Ausdruckstanz (www.llegandostudio.com). „Llegando ist der Name meines ersten Soloprojekts und bedeutet übersetzt ‚ankommen‘“, erklärt Bowman. „Ich wollte immer einen Raum haben, in dem ich unterrichten, aber auch für mich selbst ohne Zeitdruck benutzen kann.“ Ihr Angebot umfasst Flamencotanz, Ausdruckstanz, und Kastagnetten-Unterricht sowie „Conscious Movement“ (bewusste Bewegung). „Das ist ein Selbsterfahrungsunterricht, bei dem die Schüler sich frei bewegen und von mir Impulse bekommen. Dabei kann man sich selbst gut erforschen“, sagt Bowman.
Ein Mann ist dabei
Braucht man für ihre Kurse spezielle Grundlagen? „Bei mir nicht. Jeder ist willkommen. Die Kurse werden je nach Niveau – von Anfänger bis Fortgeschrittene – eingeteilt. Auch das Alter spielt keine Rolle. Meine älteste Schülerin ist 81, die jüngste 24.“ Unter den Teilnehmern ist auch ein Mann. „Ich würde mir mehr männliche Kursteilnehmer wünschen, die sich auf den Flamenco mit seiner Vielschichtigkeit und Komplexität sowie dem Zusammenspiel von Musik und Tanz einlassen. Ich kann Männern – und natürlich auch Frauen – nur empfehlen, es einmal auszuprobieren. Flamenco ist ein großartiges Training für Körper und Geist sowie eine Stärkung der inneren Haltung.“
Insgesamt zeigt sich Rachel Bowman mit den vergangenen Jahren im Llegando Studio in Hohenems zufrieden: „Ich bin stolz darauf, was ich bisher hier erreicht habe. Es läuft super, die Kurse sind voll.“ Die Corona-Zeit war allerdings eine Herausforderung: „Ich war allein im Studio und habe die Kurse so gut es ging online abgehalten.“ Aufhören? Noch lange nicht. „Ich bin zwar schon 54, aber solange mein Körper mitmacht, möchte ich weitermachen. In nächster Zeit bin ich auf jeden Fall noch da“, sagt sie lachend. Das Llegando Studio beschreibt sie als „Ort der Bewegung, der Gefühle, der Kreativität, der Ruhe, der Freundschaft und des Ankommens“.

Volles Programm
Als Choreografin und Dozentin arbeitet Rachel Bowman eng mit den Flamenco-Vereinen „Jaleo“ in Vorarlberg und „Flamenco sin Fronteras“ in der Schweiz zusammen. Seit 2018 ist sie außerdem künstlerische Leiterin des Flamenco Festivals Hohenems. Neben ihren Solo-Produktionen hat die gebürtige US-Amerikanerin in Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlern schon zahlreiche grenzüberschreitende Projekte realisiert.
Leidenschaftlich
Und die Leidenschaft für den Flamenco brennt weiter: „Zuerst war es ein Hobby, ein Ausgleich zu meiner Gesangsausbildung. Je tiefer ich jedoch in die Welt des Flamenco mit seiner Geschichte und Musik eintauchte, desto mehr hat er mich berührt.“ Flamenco sei für sie Ehrlichkeit, Konfrontation mit sich selbst und Erforschung. „Flamenco ist ein wichtiger Teil von mir geworden.“
