Mücken? Heuer gibt‘s beides – viele und wenige

Für die heimischen Mückenarten waren die Bedingungen bisher unterschiedlich gut.
Sie gehören zu den weniger angenehmen Dingen des Sommers – Mücken. Interessanterweise scheinen sie heuer mancherorts in großer Zahl aufzutreten, an anderen Stellen dagegen wesentlich seltener als in vorangegangenen Jahren. Es kommt ganz darauf an, wo im Land man sich befindet. Ist heuer nun also ein starkes Mückenjahr oder nicht?
Biologe Klaus Zimmermann von der inatura sagt, „teils, teils“. Und hat dafür eine einfache Erklärung: „Wir müssen drei verschiedene Gruppen von Mücken unterscheiden.“ Um sich vermehren zu können, müssen für jede Gruppe bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Das war bei manchen der Fall, bei anderen nicht. Daher gibt es von einer Gruppe sehr viele, von der anderen nur wenige. Die erste Gruppe bilden die sogenannten Hausmücken, also die Gelsen, die sich rund um die Häuser oder Schrebergärten aufhalten. Sie überwintern im adulten, also erwachsenen Stadium in Häusern, Kellern, Tennen oder Garagen.
„Sobald die Tage länger sind und die Temperaturen passen, pflanzen sie sich fort“, erklärt Zimmermann. Sie brauchen dazu nur kleine, stehende Gewässer wie Regentonnen, Vogeltränken oder Untersetzer von Blumentöpfen. „Weil sie durch den steten Wechsel an feuchten und warmen Perioden in Frühjahr und den ersten Sommerwochen ideale Bedingungen für ihre Vermehrung vorgefunden haben, sind sie derzeit sehr präsent“, sagt der Biologe. Nur in Stadtzentren, wo es nicht so viele derartige Kleinstgewässer gibt, seien sie schwächer vertreten.

Seewasserstand niedrig.
Weniger gut waren die Verhältnisse laut Zimmermann für die zweite Gruppe, die sogenannten „Überschwemmungsmücken“. Wer sich rund um den Bodensee wundert, dass er heuer weniger gestochen wird als sonst, den trügt sein Eindruck ebenfalls nicht. „Überschwemmungsmücken überwintern oder überdauern für sie ungünstige Perioden als Eier. Sie werden bei Hochwasser an der Oberfläche an Land an irgendeiner Struktur abgelegt und können dort wenn es sein muss sogar Jahre überdauern“, erzählt der Experte. Tritt wieder ein gleichhohes Hochwasser auf, schlüpfen sie. Aufgrund des trotz der Regenfälle niedrigen Wasserstands des Sees gibt es heuer von ihnen derzeit daher weniger als in manch anderen Jahren. Sollte der Pegel noch steigen, könnte sich das allerdings ändern. In Riedgräben, die gut gefüllt sind, waren die Bedingungen für ihre Vermehrung bereits gegeben.
Die dritte Gruppe, die es zu unterscheiden gilt, sind die sogenannten „Fiebermücken“. „Diese sind Sumpfbewohner und sind bei uns aufgrund ihres geringen Vorkommens nicht von großer Bedeutung. Geben tut es sie aber schon“, betont Zimmermann. Fiebermücken sind die klassischen Malariaüberträger. „Wenn sie aufgrund des Klimawandels wieder verstärkt auftreten, könnte es auch bei uns wieder zu Malaria-Ausbrüchen kommen“, erläutert der Experte. Deshalb wird ihre Population auch beobachtet.

Invasive Mückenarten
Wessen Ausbreitung derzeit aus ähnlichen Gründen sehr genau unter die Lupe genommen wird, sind die sogenannten invasiven Mückenarten. Also Arten, die bei uns eigentlich nicht heimisch sind, sondern eingeschleppt wurden. Eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien aus dem Jahr 2018 in Tirol zeigt, dass sich mehrere ursprünglich aus Asien stammende Stechmückenarten in Österreich verbreiten. Es handelt sich dabei um die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus) – erste Exemplare dieser Art fand man laut Zimmermann schon im Jahr 2000 – die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), und erstmals konnte auch die Koreanische Buschmücke (Aedes koreicus) nachgewiesen werden. „Die japanische Buschmücke ist auch bei uns im Ländle bereits heimisch“, erklärt Zimmermann. Das heißt, dass sie es geschafft hat, bei uns zu überwintern und nicht jedes Jahr neu eingeschleppt wird. Zimmermann und ein Team der inatura nehmen als Vertreter Vorarlbergs derzeit am europaweiten Forschungsprojekt AIM-COST (Aedes Invasive Mosquitoes) teil, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die invasiven Mückenarten zu erfassen. In den vergangenen vier Wochen hat das Team um Zimmermann 36 Mückenfallen, sognannte „Ovitraps“, also Eierfallen, und GATs (Gravid Aedes Traps), also Adultfallen, im Land verteilt. An einigen Plätzen in Dornbirn hat er Japanische Buschmücken gefunden wie auch in Feldkirch oder Rankweil. „Ursprünglich wurden sie über Autoreifen-Transporte, bei denen sich in den Reifen kleine Wasserpfützen befanden, zu uns gebracht“, erzählt er. „Bei uns treten sie noch nicht flächendeckend auf. Auf der anderen Seite des Rheins, in der Nordostschweiz allerdings haben sie bereits die heimischen Arten verdrängt und sind zur häufigsten Mückenart geworden“, berichtet er weiter.

Gefährliche Tigermücke
Besonders interessiert sind die Forschungsteilnehmer am eventuellen Auftreten der Asiatischen Tigermücke, deren Eier auf trockenen Flächen jahrelang überleben können. Der Erstautor der zitierten Studie der Vetmeduni, Hans-Peter Führer vom Institut für Parasitologie, sagt dazu: „Vor allem die Asiatischen Tigermücken können gefährliche Krankheitserreger wie Dengue, Chikungunya und Zika übertragen. Der Nachweis der Asiatischen Tigermücke, der Japanischen Buschmücke und der Koreanischen Buschmücke ist für die Bevölkerung, für die öffentliche Gesundheit und für die relevanten Entscheidungsträger daher von großer Bedeutung.“ Einheimische Stechmücken seien nicht in der Lage, diese Krankheiten zu übertragen. Außerdem hätten die neuen Stechmückenarten einige weitere unangenehme Begleiterscheinungen, da sie sehr lästig seien, in großen Massen auftreten könnten und auch tagsüber stechen würden. In Vorarlberg wurden die gestreiften Tigermücken mit den schwarz-weißen Beinen noch nicht gesichtet, berichtet Zimmermann, wohl aber in Aarau, Basel, Lörrach oder Zürich. Wie lange es dauert, bis sie auch im Ländle anzutreffen sein werden, ist daher nur eine Frage der Zeit. „Nicht jede gestreifte Mücke ist aber eine Tigermücke. Fast die Hälfte aller bei uns heimischen Mückenarten – und davon gibt es rund 50 – ist gestreift“, schränkt Hans-Peter Führer ein.

Lästig
Damit sie die gefährlichen Krankheiten übertragen können, müssen sich die Mücken selbst bei einem Infizierten anstecken und diese Gefahr ist bei uns derzeit noch gering. „Darf aber dennoch nicht außer Acht gelassen werden. In Frankreich oder Kroatien, kam es bereits zu Dengue-Fieber-Ausbrüchen“, sagt Führer. Auch heimische Mücken können schwere Krankheiten wie etwas das West-Nil-Fieber verbreiten. In Ostösterreich gab es deshalb schon Probleme mit verunreinigten Blutkonserven. Diese werden seither standardmäßig auf des West-Nil-Virus überprüft. Dennoch braucht niemand in Angst zu verfallen. Noch sind Mücken bei uns hauptsächlich eines: lästig.
Wichtige Funktion
Aufgaben von Mücken
Jedes Tier hat in der Natur eine wichtige Aufgabe. Mücken sind also alles andere als unnütz. Ihre Larven leben im Wasser. Sie ernähren sich von Planktonorganismen, filtern das Wasser. Somit tragen sie zur Gewässergüte bei. Außerdem sind sie für viele andere Wassertiere wie zum Beispiel kleine Forellen wichtiges Futter. Im ausgewachsenen Zustand sind sie wichtige Beutetiere für Fledermäuse oder Mauersegler. Durch die Übertragung von Krankheiten helfen sie auch, die Population einiger Tiere zu dezimieren – diese Regulationsfunktion ist durchaus wichtig.