Klage wegen Pflegegeld kann dauern

Wer pflegebedürftig ist, aber von der Pensionsversicherungsanstalt kein Pflegegeld zugestanden bekommt, kann klagen. Doch die Verfahren können sich lange ziehen.
Für die Betroffenen ist ein Gerichtsverfahren um zu geringes oder überhaupt verweigertes Pflegegeld nie lustig, aber es entbehrt dennoch nicht einer gewissen Ironie, dass manche Klagen derart lange dauern, dass die Kläger während der Verfahrenszeit so pflegebedürftig werden, dass auch die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) der Meinung ist, dass ein Anspruch zu Recht besteht. Laut ihr werden auch deshalb viele Klagen mit Teilvergleichen beendet oder ihnen wird teilweise stattgegeben, weil „sich der Pflegebedarf im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erhöht hat“.
Längere Verfahren
In Vorarlberg lag die durchschnittliche Verfahrensdauer bei solchen arbeits- und sozialgerichtlichen Prozessen im vergangenen Jahr bei 176 Tagen, also knapp einem halben Jahr – das hat die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker (FPÖ) durch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) ergeben.
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Im Vergleich zu anderen Zivilprozessen sind solche Verfahrensdauern noch kurz, doch für Betroffene zählt bei verkürztem, entzogenem oder nicht gewährtem Pflegegeld oft jeder Monat. Die Verfahrensdauer liegt außerdem über dem bundesweiten Durchschnitt von 120 Tagen. In dieser Zeit müssen Betroffene nicht nur ihren etwaig vorhandenen Pflegebedarf finanziell selbst stemmen, sondern eben auch vor Gericht darüber streiten. Insgesamt wurden in Vorarlberg im Vorjahr 270 Pflegegeldklagen gegen die PVA abgeschlossen, 299 wurden eingebracht. Die Zahl der Verfahren ist auch deshalb relativ hoch, weil die Klagseinbringung kostenlos ist und nicht der Anwaltspflicht unterliegt.
Die Verfahrensdauer bei den Klagen gegen die PVA ist in Vorarlberg zuletzt länger geworden. Im Jahr 2021 war sie im Schnitt noch um acht Tage kürzer. Das muss nicht zwangsläufig an der PVA und ihrer Prozessstrategie liegen, sondern kann beispielsweise auch mit Krankenständen oder Richterwechseln am Landesgericht Feldkirch zu tun haben. Was auffällt, ist die hohe Zahl an Verfahren, die länger als ein Jahr dauerten. Sie stieg vom Jahr 2021 zum Vorjahr von 18 auf 64. Damit war die PVA Vorarlberg nach der PVA Wien die Landesstelle mit der höchsten Zahl an derart langen Pflegegeldprozessen. Zum Vergleich: In der Steiermark, in Salzburg, Kärnten, Tirol und dem Burgenland gab es 2022 zusammengerechnet nur 59 Verfahren in Pflegegeldstreitigkeiten, die länger als ein Jahr brauchten.
Dennoch sind die durchschnittlichen Verfahrensdauern in Vorarlberg im Verhältnis zu anderen Bundesländern noch kurz: So wartet man in Wien im Schnitt 408 Tage auf eine Entscheidung.
Länderunterschiede
Die Erfolgsaussichten solcher Klagen sind nicht schlecht. Im Vorjahr waren zwar nur 9 von 114 Klagen wegen zu niedriger Pflegestufen erfolgreich, allerdings endeten auch 54 mit Vergleichen, und 49 mit Teilvergleichen – letzteres eben auch, weil die Verfahren so lange dauerten, dass ursprünglich nicht Pflegegeldberechtigte dann doch einen Anspruch hatten. In nur vier Fällen wurden Klagen abgewiesen, neun wurden zurückgezogen und ein Verfahren aus sonstigen Gründen zugunsten der PVA beendet.
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Einen deutlichen Unterschied bei den Erfolgsaussichten gab es zwischen Wien und Niederösterreich. Obwohl es im Vorjahr in Niederösterreich etwas weniger Klagen auf Anpassung der Pflegestufe gab als in Wien, gewannen nur 21 Kläger gegen die PVA, in der Bundeshauptstadt waren es hingegen 118. Dafür gab es in Niederösterreich mehr Vergleiche und Teilvergleiche als in Wien.
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Insgesamt gab es in Österreich zum 31. Dezember 2022 470.427 Pflegegeldbezieher. Fast die Hälfte davon erhielt die Pflegestufe eins oder zwei. 70 Prozent der Bezieher waren 71 oder älter, aber immerhin sechs Prozent entfielen auf Unter-30-Jährige, etwa wegen schwerer Unfälle oder Behinderungen. Insgesamt stirbt jährlich etwa ein Siebtel der Pflegegeldbezieher. Im Vorjahr waren es 67.899 – ein Anstieg um 2127 Fälle. In Vorarlberg starben 2633 Pflegegeldbezieher, auch hier war, wie in allen Bundesländern, ein Anstieg zu verzeichnen.