Neo-Parteichef Leiter sieht SPÖ im Aufwind

Der designierte SPÖ-Landesvorsitzende Mario Leiter wurde bei einer Pressekonferenz am Dienstag offiziell vorgestellt.
Mit großer Mehrheit ist der Bludenzer Mario Leiter am Montagabend im erweiterten SPÖ-Landesvorstand zum designierten Landesparteivorsitzenden gewählt worden. Von 37 Anwesenden votierten 32 (86,48 Prozent) für den einzigen Kandidaten für den Chefsessel. Der 57-Jährige übernimmt ab sofort die Agenden von seiner Vorgängerin Gabriele Sprickler-Falschlunger, die sich wieder aus der Politik zurückzieht. Offiziell gewählt werden soll Leiter bei einem regulären Parteitag im kommenden Frühjahr. Am Dienstagvormittag trat der neue Parteichef vor die Presse.
Mitgestalten
Leiter hatte sich 2021 aus den politischen Funktionen in seiner Heimatstadt Bludenz – dort war er sechs Jahre lang Vizebürgermeister – zurückgezogen, um sich auf seine Arbeit als Kommandant der Stadtpolizei zu konzentrieren. Es brauche nun aber eine Alternative zur der im Bund und im Land betriebenen Politik. Daher wolle er auch wieder mitgestalten, erklärte der Neo-Parteichef sein Comeback. Gerade als Polizeibeamter bekomme er hautnah mit, dass immer mehr Menschen sich das Leben nicht mehr leisten könnten. Das führe auch zu Politikverdrossenheit. Die Sozialdemokratie sei die Alternative zur aktuellen Politik in Bund und Land. „Üsr Ländle kann’s besser“ hat Leiter daher auch als Motto ausgegeben.

Etwas mehr als zwölf Stunden nach der Wahl zum designierten Parteivorsitzenden habe er natürlich noch kein Wahlprogramm, entschuldigte sich der Bludenzer. Allerdings sei klar, welche wichtigen Themen es gebe. Eines davon ist für den 57-Jährigen die Teuerung. Hier werde viel zu wenig getan. Dabei gebe es auch im Land Möglichkeiten, für Entlastung zu sorgen. Als Beispiel nannte Leiter die Einführung einer kostenfreien Kinderbetreuung. Ebenso wichtig ist aus seiner Sicht die Frage des leistbaren Wohnens. Die schwarz-grüne Landesregierung sei weit davon entfernt, ihr eigenes Ziel von 4000 neuen gemeinnützigen Wohnungen bis 2024 zu erreichen. Hier gelte es, „die Brechstange auszupacken“, um Wohnen wieder leistbar zu machen.
Neues Team
Mit welchem Team der neue Parteichef im Herbst 2024 in die Landtagswahl gehen wird, ist noch unklar. Dies soll in den kommenden Monaten geklärt werden. Er werde ein neues Team aufstellen, aber auch auf Altbewährtes setzen. So werde er sich darum bemühen, dass die derzeitige geschäftsführende Klubobfrau Manuela Auer vorne mit dabei sei. Auch mit Nationalrat Reinhold Einwallner pflege er „intensiven Kontakt“. Dieser ließ bei der Pressekonferenz offen, ob er als Abgeordneter in den Landtag zurückkehrt oder wieder für den Nationalrat kandidiert. Bis Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres solle geklärt werden, wer bei welcher Wahl kandidiert. Dies werde auch vom Termin des Urnengangs im Bund abhängen.
Zur Person
Mario Leiter wurde am 27. Juli 1965 in Bludenz geboren. Er ist seit 1992 verheiratet und Vater eines Sohnes. Der gelernte Einzelhandelskaufmann ist seit 1. April 1985 Polizeibeamter und seit 2021 Kommandant der Stadtpolizei Bludenz.
Die Sozialdemokratie sieht der designierte Parteichef derzeit im Aufwind. Schließlich habe es in den vergangenen Wochen und Monaten einen regen Zulauf gegeben. Etwa 10.000 neue Parteimitglieder bundesweit und ein Zuwachs um 15 Prozent in Vorarlberg würden eine deutliche Sprache sprechen. Er selbst habe nach der Wahl zum Landesvorsitzenden zahlreiche Telefonanrufe und WhatsApp-Nachrichten erhalten. Auch dies zeige „das große Interesse an der Sozialdemokratie und ihren Themen“.

Seinen Beruf wird der Neo-Parteichef nicht aufgeben. Schließlich handle es sich bei der Funktion um eine ehrenamtliche Tätigkeit. Außerdem sei er leidenschaftlich gerne Polizist. Das Engagement in der Politik habe mit seinem Beruf nichts zu tun, betonte Leiter. Auch in anderen Parteien und Bundesländern gebe es Exekutivbeamte, die politisch tätig sind oder es waren.
Abgeschlossen
Die bisherige Parteichefin Sprickler-Falschlunger zeigte sich erfreut, dass es nach zwei Jahren Parteiführung gelungen ist, einen Nachfolger zu finden. Die Dornbirnerin hatte die Funktion im Oktober 2021 übernommen, nachdem es innerparteiliche Streitigkeiten über die Nachfolge des damaligen Parteichefs Martin Staudinger gegeben hatte. Sprickler-Falschlunger hatte sich bereit erklärt, die Führung zu übernehmen, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden ist. Mit der gestrigen Übergabe ist dieses Kapitel für die Dornbirnerin abgeschlossen. Sie werde sich daher künftig auch nicht mehr zu politischen Fragen äußern. „Es ist völlig sinnlos, mich anzurufen“, stellte sie klar.

Lob aus Vorarlberg
Aus Vorarlberg meldete sich ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück in einer Aussendung zu Wort. Darin gratulierte er dem designierten Landesparteivorsitzenden zu dessen Wahl. „Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit im Sinne des Landes“, teilte Frühstück mit. Von der Entscheidung erhoffte er sich „insgesamt mehr politische Stabilität in der SPÖ Vorarlberg“. Mit Leiter gebe es nun einen klaren Ansprechpartner, was in den vergangenen Jahren nicht immer so gewesen sei. Umso wichtiger sei die personelle Weichenstellung. Der scheidenden Parteichefin Gabriele Sprickler-Falschlunger wünschte Frühstück alles Gute für die persönliche Zukunft.
Auch die heimischen Grünen gratulierten Leiter zu dessen Wahl. Die Doppelspitze Eva Hammerer und Daniel Zadra wünschte dem Bludenzer „einen guten Start in seiner neuen Funktion“. Seine Vorgängerin würdigten die Verantwortlichen der Vorarlberger Grünen als „Vorkämpferin für soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung“ und „starke Stimme für die Sozialdemokraten in Vorarlberg“. Als Vorsitzende habe sie die Partei in turbulenten Zeiten stabilisiert.
Bei den Querelen rund um den Parteitag 2021 habe es innerparteiliche Gräben gegeben, räumte Sprickler-Falschlunger ein. Auch wenn diese wieder zugeschüttet worden seien, seien Spuren zurückgeblieben. „Ich bin aber erstaunt, wie wenige es sind“, erklärte die scheidende Parteichefin. Dies sei vorwiegend ein Verdienst der Landtagsabgeordneten Manuela Auer. Sie habe sich sehr dafür eingesetzt, dass die menschlichen Konflikte innerhalb der Partei überwunden werden. Was es aber immer noch gebe, seien politische Diskussionen: „Gott sei Dank, denn wir leben ja nicht in Nordkorea. Es muss nicht jeder Rote gleich denken.“ Die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsstelle und Landtagsklub funktioniere jedenfalls wieder sehr gut.

Kritik und lob aus dem Bund
Deutlich weniger positiv sahen die Vertreter der Bundes-Grünen den Wechsel an der SPÖ-Spitze im Land. Nunmehr seien alle Führungspositionen bei der SPÖ in Männerhand, bemängelte Olga Voglauer, Generalsekretärin der Grünen. In Sachen adäquater politischer Repräsentanz von Frauen hätten sich die Sozialdemokraten „in jüngster Geschichte definitiv rückwärts entwickelt“, befand Meri Disoski, Vorsitzende der Grünen Frauen Österreich und Frauensprecherin der Grünen.
Naturgemäß positiver fiel die Reaktion der Verantwortlichen der Bundes-SPÖ aus. Parteichef Andreas Babler nannte Leiter „ein politisches Ausnahmetalent“. Es gelte nun, die Kräfte der Sozialdemokratie zu bündeln und „gemeinsam am Comeback der SPÖ zu arbeiten“, betonten die Bundesgeschäftsführenden Sandra Breiteneder und Klaus Seltenheim.
Dem schloss sich auch Sprickler-Falschlungers Nachfolger an. Er könne keine Gräben in der Partei mehr erkennen, betonte Leiter. Auch die dreistündige Diskussion im Parteivorstand am Montag sei harmonisch verlaufen. Schlussendlich sei es das Wesen der Politik, „auch wenn es einmal knatscht, wieder zu den Menschen zu finden, denn am Ende geht es immer um das Miteinander“. Um Letzteres zu stärken, hat der Neo-Vorsitzende angekündigt, in den kommenden Wochen die SPÖ-Ortsparteien zu besuchen. Ebenso will er das Gespräch mit allen Landtagsfraktionen sowie Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) suchen.