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Was im Garten erlaubt und was verboten ist

29.07.2023 • 23:00 Uhr
Wenn die Hecke zum Nachbar hinüberwächst, darf er sie schneiden.<span class="copyright"> Symbolbild Shutterstock</span>
Wenn die Hecke zum Nachbar hinüberwächst, darf er sie schneiden. Symbolbild Shutterstock

Rund um den Garten bahnen sich immer wieder Streitigkeiten unter Nachbarn an. ­Rechtanwältin Serpil Dogan erklärt, was erlaubt ist und wieso es manchmal Toleranz braucht.

Wenn meine Hecke zum Nachbar hinüberwächst, muss ich sie schneiden oder er?
Antwort:
Der Nachbar hat das Selbsthilferecht, wie Rechtsanwältin Serpil Dogan erklärt. Das bedeutet: Er kann Äste, die über seinem Luftraum hängen, abschneiden oder sonst benützen. Dasselbe gilt für Wurzeln eines fremden Baumes oder einer fremden Pflanze, die in seinen Grund eindringen. Der Nachbar muss bei der Entfernung von Ästen oder Wurzeln fachgerecht und möglichst schonend vorgehen. Falls dafür Kosten anfallen, hat er sie selbst zu tragen.

Muss der Nachbar immer die Kosten tragen, wenn er Äste oder Wurzeln entfernt?
Antwort:
Nein, berichtet Anwältin Dogan. Wenn dem Nachbarn durch Wurzeln oder Äste ein Schaden droht, muss der Eigentümer des Baumes oder der Pflanze die Hälfte der Kosten der Entfernung ersetzen. Gleiches gilt, wenn ein Schaden bereits entstanden ist.

Rechtsanwältin Serpil Dogan. <span class="copyright">Carola Eugster</span>
Rechtsanwältin Serpil Dogan. Carola Eugster

Darf der Nachbar, nachdem er meine Hecke geschnitten hat, den Schnitt in meinen Garten werfen?
Antwort:
„Das ist grundsätzlich unzulässig“, sagt Anwältin Dogan. „Das Selbsthilferecht verleiht dem beeinträchtigten Nachbarn nicht das Recht, abgeschnittene Äste auf das Baumgrundstück zurückzuwerfen oder das Grundstück des ­Baum­eigentümers zu betreten. Das wäre eine Eigentumsstörung.“

Ist es auch möglich, dass ich selbst die Äste oder Wurzeln entfernen muss, die zum Nachbar reichen?
Antwort:
Der beeinträchtige Grundeigentümer – also der Nachbar – hat unter gewissen Voraussetzungen einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch. Das bedeutet: Er kann vom Baum- oder Heckeneigentümer verlangen, dass er die Beseitigung selbst auf eigene Kosten vornimmt und fortan derartige Störungen unterlässt. Ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch kann laut Rechtsanwältin Dogan etwa bejaht werden, wenn Wurzeln in die Mauer des Nachbarn eingedrungen sind, diese deshalb beschädigt wurde und wenn weitere Schäden durch das Wachstum des Baumes zu erwarten sind, etwa durch ausbrechende Steinbrocken oder das drohende Umstürzen des Baumes. Der Beseitungsanspruch kann aber nur geltend gemacht werden, wenn zudem die Eigentumsbeschränkungen nicht durch das Selbsthilferecht beseitigt werden können.

Wenn mich des Nachbars Hecke stört: Darf er sie trotzdem behalten?
Antwort:
Grundsätzlich schon.

In welchen Fällen muss der Nachbar die Hecke, den Baum oder die Pflanze entfernen?
Antwort:
Wenn eine Beeinträchtigung vorliegt, die das örtlich übliche Maß überschreitet und wenn die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigt wird, etwa durch einen Licht- oder Luftentzug, kann ein Anspruch auf Beseitigung der Hecke, der Pflanze oder des Baumes bestehen. „Hier gilt es zu prüfen, was das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß ist und ob dadurch die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt wird“, erläutert Rechtsanwältin Dogan.

Reichen die Äpfel des Baumes auf das Nachbargrundstück, darf der Nachbar die Äpfel ernten und behalten. <span class="copyright">Shutterstock</span>
Reichen die Äpfel des Baumes auf das Nachbargrundstück, darf der Nachbar die Äpfel ernten und behalten. Shutterstock

Hecken, die an Straßenkreuzungen stehen: Sie müssen wegen des Verkehrs und der Einsicht in die Straße geschnitten werden?
Antwort:
Genau. „Der Grundeigentümer muss Bäume, Sträucher, Hecken und Co. im Sinne der Verkehrssicherheit zurückzuschneiden, falls etwa die Sicht dadurch beeinträchtigt wird und deshalb ein Unfall verursacht werden könnte. Wenn der Grundeigentümer dieser Pflicht nicht freiwillig entspricht, hat ihn die Behörde aufzufordern“, informiert Dogan. Wenn die Gemeinde bei Gemeindestraßen oder der Bund bei Bundesstraßen diese Pflicht vernachlässigt und es aufgrund des Überhangs zu Schäden an Fahrzeugen kommt, haftet der Straßenerhalter. Wenn der Grundeigentümer seine Pflicht verletzt, sind Schadenersatzansprüche gegenüber dem Grundeigentümer nicht ausgeschlossen.
8. Wenn mein Apfelbaum in Nachbars Garten reicht, darf er die Äpfel behalten?
Antwort: Ja, der Nachbar hat ein sogenanntes Aneignungsrecht und darf das Obst behalten.

Wenn mein Apfelbaum an einen Parkplatz grenzt, Äpfel herunterfallen und ein Auto beschädigen, bin ich dann verantwortlich?
Antwort:
„Sofern der Baumeigentümer weiß oder doch zumindest damit rechnen muss, dass ein Baum in absehbarer Zeit an Vermögensgütern seines Nachbarn Schaden stiften wird, kann insbesondere unter Geltung eines ausdrücklichen Rücksichtnahmegebots in der Regel von ihm verlangt werden, dass er reifes Obst pflückt, sodass dieses nicht Fremdeigentum gefährdet“, erklärt Dogan.

Es gibt Zeiten, zu denen nicht rasengemäht werden darf. Regeln die Gemeinden diese Zeiten?
Antwort:
Die Gemeinden können solche Ruhezeiten verordnen, aber sie müssen nicht. Wenn die Gemeinde eine Verordnung erlassen hat, müssen sich die Gemeindebürger halten. In Dornbirn etwa darf im Sommer von Montag bis Samstag von 8 bis 12 und von 13.30 bis 19.30 Uhr gemäht werden. Aber auch in Gemeinden, die keine Verordnung erlassen haben, darf nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit Lärm erzeugt werden. Es gelten die in Landesgesetzen normierten Beschränkungen, die störenden Lärm verbieten. In Feldkirch etwa gilt Mähverbot in der Mittagszeit von 12 bis 13 Uhr, nach 22 Uhr und an Sonn- sowie an Feiertagen.

Auch laut quakende Frösche im Gartenteich können die Nachbarn stören. <span class="copyright">Stiplovsek</span>
Auch laut quakende Frösche im Gartenteich können die Nachbarn stören. Stiplovsek

Wenn ich einen Gartenteich habe und darin Frösche laut quaken, kann der Nachbar etwas dagegen tun?
Antwort:
Wenn die Beeinträchtigung das nach örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt wird, kann der Nachbar dagegen vorgehen. Siehe dazu auch Frage Nummer 6.

Gibt es sonst noch Rechte und Pflichten im Garten?
Antwort:
„Es gilt das Gebot der nachbarrechtlichen Rücksichtnahme. Weiters wird im Nachbarrecht von beiden Seiten eine gewisse Toleranz gefordert. Gute nachbarschaftliche Beziehungen tragen zweifelsohne zu einer höheren Lebensqualität bei. Daher darf man bei einem kleinen ‚Ausrutscher‘ des Nachbarn ein Auge – manchmal auch beide – zudrücken“, so Dogan.