„Wir brauchen eine Geschichte zu den Nudeln“

Um „Gutes Essen für alle“ geht es beim Herbsttreffen des Österreichischen Forums für Ernährungssouveränität am Wochenende in Dornbirn und Hohenems.
Vor über zehn Jahren haben sich in Rankweil ein paar Menschen darüber Gedanken gemacht, wie man gutes Essen, Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Regionalität und Kontakt zu den Produzenten unter einen Hut bringt. Entstanden ist die erste FoodCoop (Food Cooperative, Lebensmittelkooperative, Anm.) in Vorarlberg. Rund 45 Haushalte sind heute daran beteiligt. Mittlerweile gibt es FoodCoops auch in Bludenz und Hard. Eine in Hohenems ist derzeit in der Gründungsphase, erklärt Markus Vallaster. Der 55-jährige in Liechtenstein tätige Verwaltungsjurist und gebürtige Montafoner ist Mitglied der Kooperative in Hard.
Einkauf beim Produzenten
Vorarlbergweit sind es aktuell an die 80 Haushalte – zumeist junge Familien –, die Mitglieder derartiger Zusammenschlüsse bzw. Einkaufsgemeinschaften sind. Dabei gehe es darum, die wesentlichen Grundnahrungsmittel aus der Region zu beziehen, erklärt Vallaster, und das direkt und in Eigenregie beim (kleinen) Produzenten. Häufig seien dies Bauern, deren Mengen für Supermärkte zu klein wären. Gezahlt werde ein fairer Preis, „Rabattschlacht ist das keine“. In der Regel liege der Preis etwa für Käse bei dem, was auch im Handel verlangt wird, informiert Vallaster.

Über 70 Produzenten sind es aktuell, von denen die vier Vorarlberger FoodCoops die Waren beziehen, berichtet Vallaster. Dabei handelt es sich um Kleinbauern, Gärtnereien, Sennereien und Bierbrauer, die alle biologisch produzieren. Allerdings handle es sich dabei auch um einen dynamischen Prozess. Vallaster erzählt von einem Fall, in dem jemand 40 Kilo Esskastanien hatte, die nach kurzer Rückfrage spontan in der Kooperative verkauft wurden. „Es gibt da immer wieder saisonale Produkte.“
Produktverantwortliche
Organisatorisch läuft das Ganze so ab, dass sich die Mitglieder der Kooperative ein Mal im Monat treffen. Kommuniziert wird über eine App, und da werden auch schon im Vorfeld Bestellungen aufgegeben. Beim Treffen wird dann ein „Marktplatz“ mit Tischen und allen Waren aufgebaut, und die bestellten Produkte werden verteilt. Für die jeweiligen Waren gibt es Produktverantwortliche. Vallaster ist etwa für die fermentierten Lebensmittel von Sanjay Bösch in Lustenau zuständig, der auch zu den Lieferanten gehört.

Der „Marktplatz“ sei aber nicht nur zum Einkaufen wichtig, sagt Vallaster. Da gehe es auch darum, zusammenzukommen und sich ebenso mit den Produzenten auszutauschen. Oder wie er es formuliert: „Wir brauchen eine Geschichte zu den Nudeln.“ Und das habe Auswirkungen: „Du isst die Lebensmittel dann ganz anders“, so seine Erfahrung.

Eine Ausnahme gibt es, was die regionale Herkunft der Lebensmitteln betrifft. Vor einigen Jahren sind Mitglieder einer Vorarlberger FoodCoop in Italien mit dortigen Bauern ins Gespräch gekommen, erzählt Vallaster. Daraus sei eine Zusammenarbeit entstanden, die nun dazu führe, dass auch deren Waren im Sortiment sind. Drei Mal im Jahr fährt laut Vallaster ein Lkw mit Produkten Richtung Norden und liefer diese an FoodCoops in mehreren europäischen Ländern. Der Fokus liege dabei auf Zitrusfrüchten.

Die Vorarlberger FoodCoops sind eine der Organisationen, die von kommendem Freitag bis Sonntag beim Nyélém-Herbsttreffen des Österreichischen Forums für Ernährungssouveränität beteiligt sind. Dabei soll die Vision des „Guten Essens für alle“ im Zentrum stehen. Der WirkRaum der Caritas in Dornbirn und vor allem das Bäuerliche Schul- und Bildungszentrum in Hohenems sind Schauplatz der Vorträge, Diskussionen und Workshops.
Unter anderem soll über „Gemeinschaftsverpflegung und Landwirtschaft – Chancen durch Kooperation?“ sowie über „Bäuerliche Agrarökologie als Zukunftsperspektive?“ diskutiert werden. Workshops finden etwa zu den Themen „Soziale Absicherung von Bäuerinnen“, „Gemeinschaftsgärten“ oder „Solidarische Landwirtschaft“ statt. „Es geht da auch darum, sich mit der Praxis zu beschäftigen“, erläutert Vallaster. Eingeladen sind alle Interessierten.
Nyéléni-Herbstreffen in Vorarlberg, 8. bis 10. Dezember: Infos, Programm und Anmeldung gibt es hier