„Fasten ist wie Training vor einem Fußballmatch“

Fasten Sie? Pfarrer Marius Dumea tut es. Er erzählt, warum wir verzichten und was die Fastenzeit mit Fußball zu tun hat.
Wir befinden uns mitten in der Fastenzeit. Die einen nehmen es strenger, die anderen weniger genau, die einen haben Joker, die anderen nicht. Doch warum fasten wir eigentlich und müssen wir dafür religiös sein? Für den Wolfurter, Kennelbacher und Bucher Pfarrer Marius Dumea bedeutet Fastenzeit nicht nur Verzicht auf Essen, sondern auch Zeit für sich selbst.
Laut ihm muss man fürs Fasten nicht zwingend religiös sein, der Verzicht sei keine Pflicht, man sei jedoch dazu von der Kirche eingeladen. Die 40 Tage nützt der 42-Jährige selbst nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele. So konsumiert er in der Fastenzeit abseits vom Messwein während des Gottesdienstes keinen Alkohol und kein Abendessen. Gleichzeitig betet er jedoch auch häufiger und tankt Kraft im Wald. Statt dem üblichen Mittag- und Abendessen ändert er seine Gewohnheiten für die Fastenzeit auf Frühstück und Mittagessen. Zu diesen Zeiten isst er jedoch ausreichend und gut.

„Ich kann besser schlafen, wenn ich am Abend nicht esse und keinen Alkohol trinke. Ich bin fitter und konzentrierter“, resümiert er, wie ihm das Fasten hilft. Es helfe der Gesundheit, er sei dann frischer und könne ohne schnelles Müdigkeitsgefühl arbeiten.

Ob er am Abend dann nie Hunger hat? „Doch, doch, doch“, erwidert er lachend. An den ersten vier Tagen würde er meist mit sich selbst kämpfen, da sei es besonders schwierig. „Wenn ich dann Hunger habe, trinke ich einfach stattdessen Wasser und gebe dem Körper etwas anderes, das er braucht.“
Der Wahlvorarlberger verzichtet bereits seit zehn Jahren immer zur Fastenzeit. Seit diesem Jahr fastet der Liebhaber von Süßem auch Kuchen und Co. – mit Ausnahme von Sonntagen. Bisher habe er dies auch geschafft, erzählt er stolz. Generell hält er von Jokern aber nicht viel, da ein kleines Tröpfchen Alkohol die Versuchung etwa noch größer macht.
Selbstdisziplin
Das reine körperliche Fasten habe jedoch wenig mit dem Glauben zu tun, erklärt er. Für den gebürtigen Rumänen ist es stattdessen eine Disziplinsache: „Man soll nicht dem Körper alles nur geben, weil er es will.“ Er ergänzt: „Wenn du diszipliniert bist, kannst du auch andere ermutigen, dass sie es schaffen.“ Es gebe kein „ich kann nicht“, sondern nur ein „ich will nicht“, spricht er die laut ihm generelle Umsetzbarkeit des Verzichts auf etwa Rauchen oder Alkohol an.
Verzicht, Gebet, Gutes tun
Die Fastenregeln der Kirche sind nur noch Empfehlungen und nicht so streng gehandhabt wie früher, als an jedem Freitag über das ganze Jahr auf Fleisch verzichtet wurde. Laut Duema empfiehlt die Kirche nun, nur noch freitags auf Fleisch zu verzichten und am Aschermittwoch und am Karfreitag nur je eine Mahlzeit zu essen. In der Kirche sei die Fastenzeit in mehrere, nämlich in drei Bereiche, aufgeteilt. So geht es sowohl um den Verzicht von Süßigkeiten, Alkohol und Co., als auch um mehr Zeit für das Gebet und ebenso darum, vermehrt Gutes zu tun.

Der gebürtige Rumäne investiert deshalb in der Fastenzeit mehr Zeit ins Gebet und versucht, mehr zu helfen. Auch die Zeit für sich selbst und die Seele stehen für ihn im Fokus. Zuletzt ist die Ruhe etwas zu kurz gekommen, da in den Gemeinden Kennelbach, Wolfurt und Buch heuer Anfang des Jahres außergewöhnlich viele Todesfälle gewesen seien. Trauernde Angehörige oder junge Verstorbene treffen ihn auch. Deswegen hofft er nun auf ruhigere Wochen bis Ostern. Die Fastenzeit bezeichnet er als „Vorbereitungszeit“ auf das größte Fest der katholischen Kirche, nämlich Ostern. Denn darum drehe sich der Glaube, um das Leben nach dem Tod, die Auferstehung. Dabei vergleicht er die Fastenzeit mit dem Fußball- oder Handballtraining vor einem großen Match, dem Höhepunkt im Sport. „Fasten ist Trainieren.“
Doch nicht nur auf Ostern trainiert der 42-Jährige jährlich. Auch wenn er womöglich im Alter auf etwas aus medizinischen Gründen verzichten müsste, hätte er dies bereits trainiert, sagt er.
Wer sich gerade aktuell schwer tut, das Fasten oder den Verzicht konsequent bis Ostern weiter durchzuziehen, dem gibt er den Rat: „Im Leben ist alles möglich, wenn du es willst.“
Ein Pfarrer, der im Fitnesscenter trainiert
Marius Duema ist in Rumänien geboren und hat dort gelebt, bis er 2012 nach Vorarlberg zog. „Die Samen der Berufung“ hat bereits seine Familie gesät, seine Großmutter war sehr gläubig. Der Kontakt mit den Menschen sind für den 42-Jährigen sehr erfüllend. Dieser liegt ihm besonders am Herzen. Da er überzeugt ist, dass er heute nicht wie früher in der Pfarre auf die Bevölkerung warten sollten, sondern auch dorthin gehen muss, wo sie sich aufhält, trainiert er einmal pro Woche im Fitnesscenter – hauptsächlich Cardio. Gleichzeitig macht er so auch etwas Gutes für sich selbst neben dem Bürojob. Im Fitnessstudio seien schon Freundschaften entstanden, Taufen ausgemacht worden oder man hätte ihn nach der Uhrzeit der Mette gefragt.

Drei Fragen an Ernährungswissenschaftler vom Olympiazentrum Martin Rinderer
1 Ist Fasten nicht gegen die Natur, dass wir essen müssen, um leistungsfähig zu bleiben?
Martin Rinderer: Fasten kann unterschiedlich definiert werden. Wenn nur einzelne Mahlzeiten ausgelassen werden, hat dies noch keinen generellen negativen Einfluss auf die gesundheitliche Leistung im Alltag, außer man möchte eine Höchstleistung wie einen Marathon erbringen. Erst die lange Nahrungskarenz, also der komplette Verzicht für mindestens 48 bis 72 Stunden löst Reaktionen wie Muskelabbau oder Abbau von Eiweißen aus.
2 Wie kann das Fasten positiv auf die Gesundheit wirken?
Rinderer: Körperlich kann es den Fettstoffwechsel fördern und den Blutzuckerstoffwechsel positiv beeinflussen. Der Körper lernt, mit wenig Energie Leistung zu erbringen. Es kann auch emotionale und psychische Vorteile haben. Man lernt, besser mit Emotionen, wie dem Hungergefühl, umzugehen.
3 Wie faste ich richtig?
Rinderer: Man sollte mehr als ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen und auf genügend Elektrolytezufuhr achten, sonst kann es gefährlich werden. Auch sollte man genügend schlafen. Fasten ist nämlich Stress. Alleine kann das positiver Stress bedeuten, doch wenn noch Schlafmangel oder Beziehungsprobleme dazukommen, kann es zu viel sein. Wenn man sich unwohl fühlt, kann es auf den falschen Zeitpunkt oder unpassende Fastenart hinweisen.