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Bürgermeister Tschann über seine Amtszeit, die Wahlen und das Strafverfahren

22.11.2024 • 09:49 Uhr
Bürgermeister Tschann über seine Amtszeit, die Wahlen und das Strafverfahren
Bürgermeister Tschann lässt sich derzeit für einen guten Zweck einen Schnurrbart stehen. NEUE/STADLER

Der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann zieht Bilanz über seine von globalen Krisen geprägte Amtszeit. Im März 2025 tritt er erneut zur Wahl an, doch zuvor muss er sich wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht verantworten.


Das Bludenzer Rathaus, das heuer 50 Jahre alt wurde, ist wahrlich keine Schönheit. Simon Tschann, der am Donnerstag zu einem Pressegespräch in sein Büro lud, strahlte wie gewohnt umso mehr – und das, obwohl er in den vergangenen Jahren eigentlich nicht viel zu lachen hatte. Als kompletter Politneuling übernahm er im Herbst 2020 mit nur 28 Jahren die Geschicke der Alpenstadt und war damit der jüngste Bürgermeister Vorarlbergs. Doch kaum im Amt,sah sich Tschann mit der Coronakrise konfrontiert. Es folgten der russische Angriffskrieg in der Ukraine mit explodierenden Energiepreisen sowie die anhaltende Wirtschaftskrise.

Weniger Einnahmen, Kosten steigen


„Wenn sich die wirtschaftliche Großwetterlage nicht ändert, dann wird es schwierig“, befindet Tschann. Die Stadt habe zu wenige Einnahmen, und die Kosten würden steigen – sei es im Personalbereich, im Sozialbereich oder im Bildungsbereich. „Das ist wirklich ein Wahnsinn.“ Gleichzeitig darf sich die Stadt über ein Rekordhoch bei der lohnabhängigen Kommunalsteuer (8 Millionen Euro) freuen. Die finanzielle Lage der Stadt bleibt aber mehr als angespannt. „Wir stoßen an unsere Grenzen“, sagte Tschann. Die Folgen werden im Budget fürs nächste Jahr spürbar sein. Um den laufenden Betrieb im Jahr 2025 zu decken, müsse die Stadt ein Darlehen in der Höhe von einer bis eineinhalb Millionen Euro aufnehmen, erklärte der Bürgermeister

Zukunftspläne für das Bludenzer Hallenbad
Au dem Bludenzer Hallenbad val Blu soll ein regionalbad werden.

Umgesetzte Projekte

Beim Pressegespräch, das unter dem Motto „50 Jahre Rathaus, 50 Monate Amtszeit, 50 Projekte“ stand, zog Tschann Bilanz und warf zugleich einen Blick in die Zukunft. Er präsentierte eine lange Liste von Projekten, die während seiner bisherigen Amtszeit umgesetzt wurden. Zu den größten Erfolgen zählt er die Schaffung eines zentralen Dienstleistungszentrums im Rathaus, Investitionen von über 75 Millionen Euro in Bildung, Infrastruktur und Sicherheit sowie „punktgenaue Förderprogramme“. Zu letzteren zählt Tschann die Unterstützung von Studierenden durch das Klimaticket sowie die Förderung beim Kauf von Wige-Gutscheinen und den „Sozial100er“, welche „die Coronakrise und die Energiekostensteigerungen etwas erträglicher machten“.

Regionalbad und Wohnen

Was die Zukunft betrifft, so setzt Tschann mit dem geplanten Regionalbad und einem Nahwärmeprojekt, das die Abwärme des Lünerseewerks II nutzen soll, auf regionale Kooperationen und nachhaltige Lösungen. Besonders dringlich bleibt das Thema Wohnen: „Mit den neuen Einkommensgrenzen beim gemeinnützigen Wohnen gibt es erste Verbesserungen, aber wir brauchen noch weitere Modelle – vor allem für junge Menschen und Familien“, so Tschann. Das zeige eine Analyse der aktuell rund 250 Personen umfassenden Warteliste für gemeinnützige Wohnungen in Bludenz. „Befris­tet jungen Menschen günstige Wohnungen zur Verfügung zu stellen, kann ein Anreiz sein, um später Eigentum zu erwerben!“ Ein intelligentes Modell dafür gelte es zu erarbeiten.

Gemeinderatswahlen Vorarlberg 2020
Bei der Bürgermeisterdirektwahl 2020 setzte sich Simon Tschann gegen Mario Leiter in der Stichwahl mit 3512 Stimmen zu 3290 Stimmen durch. Hartinger

Bürgermeisterwahl


Die Frage, ob er am 16. März wieder zur Bürgermeisterwahl antreten wird, beantwortet Tschann unmissverständlich: „Ja, ich werde kandidieren.“ Für ihn sei die Entscheidung klar, denn er sehe die Entwicklungen der vergangenen Jahre als Grundlage, auf der er weiter aufbauen wolle. Er räumte zwar ein, „sicher nicht alles richtig gemacht zu haben“, zeigte sich aber dennoch davon überzeugt, dass er und sein Team sehr vieles erreicht hätten. Und weil es noch einiges zu tun gebe, wolle er diese Arbeit auch weiterführen.

Gerichtsverhandlung


Ein belastendes Thema war und ist das laufende Strafverfahren. Wie berichtet, muss sich Tschann demnächst vor Gericht verantworten. Die Anklage lautet auf Amtsmissbrauch und falsche Beurkundung im Amt. „In meiner täglichen Arbeit beeinträchtigt mich das zwar nicht, aber für mich persönlich ist das absolut unangenehm. Da lastet etwas auf mir, obwohl ich der festen Überzeugung bin, dass ich unschuldig bin“, erklärte Tschann. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch wirft ihm vor, eine Baugenehmigung für eine – mittlerweile bezogene – Wohnanlage in der Fohrenburgstraße erteilt zu haben, obwohl ein städtischer Gutachter sich dagegen ausgesprochen hatte. Angezeigt wurde die Sache von einem Mandatar der Bludenzer SPÖ. Tschann bestritt die Vorwürfe von Anfang an.

Bürgermeister Tschann über seine Amtszeit, die Wahlen und das Strafverfahren
Tschann muss sich vor dem Landesgericht verantworten, einen Prozesstermin gibt es noch nicht.

Als besonders belastend empfindet der Bürgermeister die lange Verfahrensdauer von mehr als zweieinhalb Jahren. Er hofft, dass die Hauptverhandlung bald ausgeschrieben wird und er seine Sicht der Dinge vor Gericht erklären kann. „Ich habe die Unterlagen nach bestem Wissen und Gewissen unterschrieben.“
Bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Verurteilung gilt Tschann jedenfalls als unschuldig.