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Ein Vierjähriger, der Priester werden wollte

01.12.2024 • 09:00 Uhr
Adventgeschichten mit den Patres, Pater Maurus der Jüngste
Vor neun Jahren ist Pater Maurus in das Kloster eingetreten. Alexandra Serra

An den vier Adventsonntagen stellt die NEUE am Sonntag drei Mönche und den Abt des Klosters Mehrerau in Bregenz vor. Den Anfang macht der jüngste: Pater Maurus.

Pater Maurus ist der jüngste der 19 Mönche, die derzeit im Kloster Mehrerau in Bregenz leben. „Mit Abstand“, sagt der 29-Jährige dazu mit einem Grinsen. Geboren wurde er im Juli 1995 als Martin Korn in Dinkelsbühl in Bayern, wo er mit einem jüngeren Bruder aufwuchs. Seine Eltern waren aus Polen gekommen. Besonders religiös war seine Familie nicht, erzählt er. Zwar sei man mit ihm noch regelmäßig zu Gottesdiensten gegangen. Bei seinem Bruder sei das aber schon nicht mehr der Fall gewesen.

Momente des Unglaubens

Ein charismatischer Stadtpfarrer war der Grund dafür, dass er aber schon als Vierjähriger Priester werden wollte, erzählt Pater Maurus. Mit diesem Wunsch verbunden waren auch „Gottesspiele“, Bibelszenen, die er zu Hause und im Kindergarten nachspielte, darunter etwa die Kreuzigungsszene, erinnert er sich. „Dieser Wunsch hat mich nie mehr losgelassen, auch in den Momenten des Unglaubens nicht.“ Die gab es nämlich auch. Der 29-Jährige beschreibt sie als „innere Pubertät mit Gott“, einerseits überzeugt zu sein, nicht zu glauben, andererseits dennoch zu spüren, dass etwas in ihm drin sei.

Adventgeschichten mit den Patres, Pater Maurus der Jüngste
Pater Maurus ist der Jüngste der Mehrerauer Mönche. Serra

Pater Maurus beschreibt sich selbst als sehr introvertiert. Auf Außenstehende wirkt er allerdings gar nicht so. Er sei aber schon immer viel allein gewesen, erzählt er, und das habe auch dazu geführt, dass er sich schon früh Sinnfragen gestellt habe. „Ich habe gemerkt, was vergänglich ist, ist es nicht wert“, sagt er. In dieser Zeit, er war damals 16, sei ihm wieder der Priesterwunsch des Vierjährigen in den Sinn gekommen. Mit 18 Jahren kam er dann zum ersten Mal in das Kloster Mehrerau und er hat sich wohlgefühlt.

Zölibatäres Leben

Daraufhin machte er die Matura und 2015 trat er ins Kloster ein. „Es war die richtige Entscheidung“, ist er überzeugt. „Für mich war sehr früh klar, dass ich kein Familienmensch bin und dass es mich zu einem zölibatären Leben zieht“, erzählt er. Er habe zwar schon immer wieder hinterfragt, ob ein Kinderwunsch vorhanden sei, aber das sei nicht der Fall. Vielmehr habe er sich wirklich immer schon zum Priester berufen gefühlt. Diesbezüglich erinnert er sich auch an eine Episode aus seiner Schulzeit. Als er 14 war, hätte ihm ein Mädchen ihre Liebe gestanden. Er habe sie daraufhin ziemlich brüsk abgewiesen. „Das hätte ich netter machen können“, stellt er heute fest.

Adventgeschichten mit den Patres, Pater Maurus der Jüngste
Pater Maurus kommt ursprünglich aus Bayern. Serra

Nach dem Eintritt ins Kloster durchlief der junge Mann die übliche Ausbildung: 2017 ging er zum Theologiestudium nach Brixen in Südtirol, 2018 an die Universität Innsbruck. Zwei Jahre später legte er die Ordensgelübde ab, ein Jahr darauf wurde er zum Diakon geweiht und im vergangenen Jahr zum Priester. 2023 hat Pater Maurus auch sein Diplomstudium abgeschlossen. Nun arbeitet er an seiner Promotion.

Mönchsnamen

Recht amüsant ist die Geschichte rund um seinen Mönchsnamen Maurus. Man könne dazu dem Abt eine Liste mit drei Namen vorlegen, erklärt er. Er habe sich damals für Benedikt und Johannes Paul entschieden. Dritter Namen sei ihm keiner eingefallen. Ein Bekannter habe dann Maurus genannt – letztlich der Namen, der die Zustimmung des damaligen Abtes gefunden hat. „Mittlerweile habe ich mich damit sehr angefreundet“, sagt der Pater. „Maurus war der erste Schüler des heiligen Benedikt und ich bin ein Schüler und werde ein Schüler bleiben.“

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Der Pater in der derzeitigen Ausweichkapelle des Klosters. Serra

Der Antrieb im Kloster zu leben sei nicht Geld oder Karriere, erklärt Pater Maurus, „sondern in einem glücklichen Leben mit Gott zu stehen“. Im Haus ist der begeisterte Roman-Leser neben seiner wissenschaftlichen Arbeit etwa auch für Führungen zuständig. Da kommt ihm zugute, dass er neben seiner Muttersprache auch Englisch, Italienisch und Französisch versteht und teilweise sehr gut spricht. Auch mit Dänisch lernen hat er mal begonnen, mangels Möglichkeiten zum Üben aber wieder aufgegeben.

Neuanfang

Der erste Adventsonntag ist der Beginn des neuen Kirchenjahrs. Für Pater Maurus ist er „ein kleines Silvester“, bei dem man überlegen könne, „was kann ich nächstes Jahr besser machen“. „Es ist ein schöner Neuanfang“, sagt er. Weihnachten müsse im Herzen stattfinden, betont er dann noch. Es sei ein Fest („als Katholiken sind wir ja ein sehr feierfreudiges Volk“), das auch diejenigen, die kein Naheverhältnis zur Kirche hätten, mitnehmen könne. „Beim Blick in das Gesicht eines Kindes erweicht das Herz. Da spüren auch die Menschen, die nicht an Gott glauben, das Göttliche“.

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Gedanken zum ersten Adventsonntag: „Apocalypse now“ bei Glühwein?

Überall Umbrüche und Katastrophen, wo wir hinschauen. Politische Beben in Österreich, Deutschland und den USA. Der Krieg in der Ukraine ist immer noch präsent, im Nahen Osten sieht es nicht besser aus, ganz im Gegenteil, man befürchtet einen neuen Flächenbrand. In solch einer Zeit soll man Weihnachten feiern können?

Sogar das Evangelium zum ersten Adventssonntag wirkt nicht gerade beruhigend. Das Meer tobt und donnert, Sonne, Mond und Sterne werden zu sichtbaren Zeichen der Veränderung und die Völker der Welt sind verwirrt und wissen nicht, was auf sie zukommt. Irgendwie scheinen sich hier unsere Nachrichten und diese Passage aus dem Lukasevangelium einander die Klinke zu geben.

Schaltet man den Fernseher an, prompt die nächsten schlechten Nachrichten. Man fragt sich, wann das ein Ende hat. Und jetzt schon wieder schlechte Neuigkeiten zu hören, hat man davon nicht langsam die Nase gestrichen voll? Etwas ist anders an diesem Text zum Sonntag, es geht nicht nur um „Apocalypse now“. Diese Zeichen, die auf Unheil hinweisen, sollen uns dazu anregen, unsere Augen auf die Krisen dieser Welt nicht ruhen zu lassen. Wir sollen unsere Augen erheben. Und wohin? Nach oben. Dorthin, woher unsere Erlösung herkommt.

Neben den apokalyptischen Zeichen und dem Zuspruch der Naherwartung, dass Gott auf dem Weg zu uns ist, werden wir angehalten uns zu mäßigen, auf uns achtzugeben, zu beten. Vielleicht lohnt es sich, die diesjährige Adventszeit so zu betrachten: ja, die Welt scheint in eine Schieflage geraten zu sein. Aber Gott lässt uns mit den Krisen nicht alleine. Er schickt uns Hilfe von oben. Auch will er, dass wir zur Bewältigung der Krisen bei uns selbst beginnen. Mäßigung, dort wo es gut tut, beten dort wo es nötig ist, wachsam zu sein, dort, wo wir unachtsam sind.

Dieser Text will uns folgendes sagen: selbst, wenn alle Stricke reißen und die Welt brennt, lässt uns Gott mit unseren Sorgen und Nöten, die unser Herz bewohnen, nicht alleine. Und am 24. Dezember sehen wir unsere Rettung in einer Krippe liegen. Und wir kommen aus dem Staunen nicht heraus: Gott macht sich so klein für uns. Für dich. Pater Maurus